Hollande setzt auf absolute Mehrheit

Die französischen Sozialisten wollen am Sonntag die Mehrheit in der Nationalversammlung erringen – und dies ohne die «Linksfront», die gemeinsame Sache mit der eurokritischen «Syriza» in Athen macht.

Ein Frau umarmt den französichen Präsidenten François Hollande vor dem Wahllokal in Tulle beim ersten Wahlgang der Parlamentswahlen. (Bild: Bob Edme)

Die französischen Sozialisten wollen am Sonntag die Mehrheit in der Nationalversammlung erringen – und dies ohne die «Linksfront», die gemeinsame Sache mit der eurokritischen «Syriza» in Athen macht.

Der Parti Socialiste (PS) könnte doch noch die absolute Regierungsmehrheit erringen. Eine letzte, am Freitag veröffentlichte Umfrage zum zweiten Parlamentswahlgang sagt der Partei von Präsident François Hollande 284 bis 313 Sitze in der in der Nationalversammlung voraus. Bei 577 Sitzen würde dies wohl schon allein zur Mehrheit von 289 Stimmen reichen; und notfalls dürfte der grüne Koalitionspartner «Europe Ecologie-les Verts» (EELV) 14 bis 20 Sitze beibringen.

«Zickenkrieg im Elysée»

Für Hollande stellt diese Umfrage eine angenehme Überraschung dar. Seit dem ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag wurde seine präsidiale Autorität durch die Twitter-Affäre seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler geschmälert: Die aktuelle First Lady hatte sich öffentlich von Hollandes früherer Partnerin, der PS-Kandidatin Ségolène Royal, distanziert, was spöttische Medienreaktionen über den «Zickenkrieg im Elysée» auslöste.
 
Zum Wochenende hin geriet allerdings eher die bürgerliche «Union für eine Volksbewegung» (UMP) unter Druck. Die Partei des ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy. In einzelnen  Wahlkreisen, in denen Links- und FN-Kandidaten vorne liegen, weigert sich die UMP, Stellung zu beziehen: Parteivorsteher Jean-François Copé gab für solche Fälle die «weder-noch»-Parole heraus. Dies könnte es der FN-Chefin Marine Le Pen (42 Prozent im ersten Wahlgang) erlauben, am Sonntag in Nordfrankreich gegen ihren sozialistischen Rivalen (23 Prozent) zu gewinnen.

Ex-Sarkozy-Ministerin reingelegt

Das Lavieren der Bürgerlichen trat am Freitag offen zu Tage, als sich der Komiker Gérald Dahan gegenüber der UMP-Kandidatin Nadine Morano in einem Telefonanruf als FN-Vertreter ausgab. Die frühere Sarkozy-Ministerin trat in die Falle und meinte, Marine Le Pen habe «viel Talent» und teile in vielen Gesellschaftsfragen ihre Ansichten. Nicht von ungefähr verdrängte das per Radio verbreitete Telefongespräch die Trierweiler-Affäre umgehend aus den Schlagzeilen. Laut der neusten Umfrage kann die UMP nur noch mit 226 Sitzen in der Nationalversammlung rechnen.
 
Für Hollande ist es auch wegen der europäischen Perspektive wichtig, wieder die Oberhand zu gewinnen und allein oder mit den proeuropäischen Grünen regieren zu können. Auf keinen Fall will er auf die Unterstützung durch den «Front de Gauche» von Jean-Luc Mélenchon angewiesen sein. Dieser lehnt das «deutsche Spardiktat» pauschal ab und unterstützt seinen griechischen Parteifreund Alexis Tsipras vom linksradikalen Bündnis Syriza. Hollande erliess hingegen diese Woche am griechischen Fernsehen eine deutliche Warnung, dass «einige Euroländer die Präsenz Griechenlands in der Eurozone aufkünden würden, wenn sich die Griechen von den eingegangenen Verpflichtungen entfernen».

Angela Merkel isolieren

Am Freitag musste sich Hollande allerdings auch gegen UMP-Vorwürfe wehren, seine Regierung bedrohe die deutsch-französische Einheit und damit die ganze Eurozone. Am Mittwoch hatte der Präsident im Elysée die Spitzentroika der deutschen SPD empfangen, worin Pariser Medien einen Versuch sehen, Kanzlerin Angela Merkel zu isolieren. Premierminister Jean-Marc Ayrault musste am Freitag auf Deutsch die «gemeinsame Verantwortung» von Berlin und Paris hervorheben. Und jede Absicht in Abrede stellen, Frankreich komplottiere mit Südeuropa gegen Merkel.

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