«Ich bin froh, wieder ein gewöhnlicher Bundesrat zu sein»

Der scheidende Bundespräsident blickt zufrieden auf sein Präsidialjahr zurück. Dennoch freut er sich darauf, wieder «ein gewöhnlicher Bundesrat» zu sein. Der Gripen-Abstimmung blickt Maurer gelassen entgegen. Das Interview.

Es hat sich auspräsidiert: Ueli Maurer wirft ein Schneebällchen in Adelboden. (Bild: Keystone)

Der scheidende Bundespräsident blickt zufrieden auf sein Präsidialjahr zurück. Dennoch freut er sich darauf, wieder «ein gewöhnlicher Bundesrat» zu sein. Der Gripen-Abstimmung blickt Maurer gelassen entgegen.

Herr Maurer, Sie waren jetzt ein Jahr lang Bundespräsident. Was war das Wichtigste, das Sie in dieser Zeit erreicht haben

Mein wichtigstes Ziel war es, die Bundesratssitzungen effizient zu führen und die Landesregierung gegen aussen geschlossen als Team auftreten zu lassen. Das bedeutet auch, dass ich Indiskretionen möglichst verhindern wollte. Und ich denke, das ist mir recht gut gelungen. Der Bundesrat hatte als Team ein gutes Jahr.

Es gab aber auch Probleme. Der NSA-Skandal hat gezeigt, wie sich die Grossmacht USA ohne Rücksicht auf Recht und Regeln vorab gegen kleine Staaten und auch gegen sogenannte Freunde und Partner aufführt. Was kann die Schweiz dagegen tun?

Das ist ein grosses Problem. Wie jeder Mensch sein Menschenrecht hat, so hat auch jeder Staat sein Recht. Darauf muss die Schweiz als kleines Land beharren und sich möglichst nicht von mächtigeren Staaten unter Druck setzen lassen. Sie muss selbstbewusster auftreten und sich selber bleiben. Eben ein wenig wie David.

Und konkret gegen die flächendeckende Ausspioniererei der US-Geheimdienste, was kann man da machen?

Es wird sicher auch in Zukunft spioniert werden. Und jeder muss in seinem Bereich selber im Gebrauch elektronischer Geräte Vorsicht walten lassen. Das beginnt schon bei der Kreditkarte. Zweitens müssen wir die technischen Möglichkeiten besser nutzen, um die Geräte weniger angreifbar zu machen. Dann müssen wir aber auch die Leute, die Zugriff auf sensible Daten haben, besser überprüfen und kontrollieren.

Sie haben vor der UNO als Bundespräsident die arrogante Machtpolitik der Grossmächte beklagt. Sie haben damit vorab die USA gemeint. Sieht sich die kleine Schweiz als «David» da mit einem bösen Goliath USA konfrontiert und wendet sich darum dem eher dem netten Goliath China zu?

Es ist tatsächlich so, dass wir in den letzten Jahren von den Amerikanern gnadenlos unter Druck gesetzt werden – ohne Rücksicht auf bestehendes Recht zwischen den Staaten. Mit China haben wir im Gegensatz dazu ein sehr freundschaftliches Verhältnis, obwohl sich da auch Gross und Klein trifft. Zu China ist dieses Verhältnis auch persönlich bis zur obersten Spitze sehr gut.

Muss die Schweiz gerade auch nach dem NSA-Skandal mehr auf Distanz zu den USA gehen?

Amerika ist natürlich nach wie vor ein Staat, der mit der Schweiz freundschaftlich verbunden ist. Und wir sollten wieder auf die Basis dieser freundschaftlichen Beziehungen zurückkommen. In den USA werden wir in jüngster Zeit jedoch immer wieder abgewiesen auf die unteren Behördenstufen, wo unsere Bundesräte dann verhandeln sollen. Das ist einfach nicht die Art und Weise, wie man unter befreundeten Staaten miteinander umgeht. Mit China hatten wir seit der Aufnahme unserer Beziehungen zu diesem Land 1951 noch nie ein solches «Gstürm». Da achtet man unsere Institutionen und man verhandelt miteinander. Und das hat nun dieses Freihandelsabkommen ergeben.

Auch die EU setzt die Schweiz unter Druck. Nächstes Jahr gibt es wichtige Abstimmungen dazu. Was kann die Schweiz, was soll der Bundesrat da machen?

Das ist für den Bundesrat effektiv eine schwierige Frage. Er hat jetzt mal das Mandat für die Aushandlung möglichst grosser Eigenständigkeit für die Schweiz in institutionellen Fragen und Verträgen mit der EU beschlossen. Ob die EU da mitmacht, wird sich zeigen. Die Gefahr besteht natürlich immer, dass der Kleine einknickt, wenn der Grosse Drohgebärden macht. Wie viel Eigenständigkeit es da leiden mag, das ist unsere grosse Gratwanderung für die nächsten Jahre.

Sie sind ab Januar wieder Schweizer Verteidigungsminister. Im Mai stimmt das Volk über Ihren neuen Kampfjet Gripen ab. Haben Sie eine Chance?

Ich sehe die Chancen bei über 50 Prozent.

Haben Sie aber auch eine Alternativplanung, wenn der Gripen an der Urne abstürzen sollte?

Wir haben ein kurzfristiges Notprogramm für die nächsten zwei, drei Jahre. Aber die Lücke muss in der dritten Dimension so oder so geschlossen werden. Und da wäre alles andere als ein Flugzeug viel teurer.

Sind Sie froh, dass Ihr Präsidialjahr vorbei ist; oder sind Sie sogar etwas auf den Geschmack gekommen, bei Mittag- und Nachtessen mit den Mächtigen der Welt dabei zu sein?

Es war ein sehr spannendes Jahr. Aber ich bin doch froh, ab Januar wieder ein gewöhnlicher Bundesrat zu sein.

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