Aron Gebreleul kam 2008 aus Eritrea in die Schweiz. Acht Jahre später steht er vor dem Lehrabschluss als Elektroinstallateur. Eine Integrations-Erfolgsgeschichte.
Aron Gebreleul hat das geschafft, wovon viele träumen: Er kam mit dem Boot übers Mittelmeer, stellte erfolgreich einen Asylantrag in der Schweiz und fand eine Lehrstelle als Elektroinstallateur.
Der 32-jährige Mann aus Eritrea ist eine Ausnahme. Laut aktuellen Zahlen des Staatssekretariats für Migration findet nur jeder vierte anerkannte Flüchtling in der Schweiz einen Job – die meisten davon wohl im Niedriglohn-Sektor. Eine Lehrstelle oder Weiterbildung können die wenigsten machen.
Gebreleul sagt, er habe sich richtig reingehängt, um eine Stelle zu finden. Er schrieb über 40 Bewerbungen, auch für Stellen, die nicht seinem Job-Profil entsprachen. Denn Gebreleul hat in Eritrea Geomatiker gelernt. Seine Ausbildung wird in der Schweiz nicht anerkannt. Ebenso wenig sein eritreischer Schulabschluss.
Deutschkenntnis als Schlüssel
Also musste er nach seinem positiven Asylentscheid 2009 erst einmal einen Schulabschluss nachholen. Er besuchte das Programm «Link zum Beruf» an der Gewerbeschule Basel. Damit erhielt er den Abschluss einer Sekundarschule I und konnte sich für eine Lehrstelle bewerben.
2013 kam dann die Nachricht, über die er sich ungemein freute: Die Firma Etavis stellte ihn als Lehrling ein. Im Sommer 2017 wird er seine Lehre als Elektroinstallateur beenden.
Gebreleul erzählt seine Integrations-Erfolgsgeschichte langsam, in behäbigem Deutsch. Manchmal pausiert er einige Sekunden, sucht nach einem Wort, spricht leise weiter. Warum hat bei ihm geklappt, worauf andere jahrelang warten?
Die Sprache sei für ihn der Schlüssel gewesen, sagt Gebreleul. Ohne Deutschkenntnisse hielt er Abstand zu den Einheimischen. «Ich habe mich manchmal wie ein Krimineller gefühlt», sagt Gebreleul rückblickend. Denn so habe er die Blicke und Gedanken der Leute interpretiert. «Man weiss nicht, wie man miteinander spricht, was in der Schweiz tabu ist.» Das habe ihm Angst gemacht. Als er Deutsch lernte, eröffnete sich ihm eine neue Welt – eine Welt, in der er sich wieder sicher fühlte.
Staat muss mehr tun
Was ihm dabei half, Deutsch zu lernen, seien die Kontakte in der christlichen Gemeinde gewesen, erklärt Gebreleul. «Dort habe ich viele Leute kennengelernt, die hier leben.» Die einheimischen Freunde würden ihm auch helfen, sich hier zu Hause zu fühlen.
Der Eritreer erlebte in der Schweiz auch Diskriminierung. Er beschwichtigt aber: «Das existiert überall auf der Welt.» Dass er an der Grenze jedes Mal von den Zollbeamten kontrolliert werde, nerve ihn, er habe sich aber daran gewöhnt.
Was Gebreleul mehr stört, ist, dass vielmals den Flüchtlingen die Schuld daran gegeben wird, wenn sie keine Arbeit finden. Dabei sei das ein strukturelles Problem. «Ich kenne viele Eritreer, die über Jahre hinweg Arbeit suchen, aber nichts finden.» Es stimme nicht, dass Flüchtlinge faul seien und nur von der Sozialhilfe leben wollen. Der Staat müsse mehr tun, um diese Leute in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn ohne Hilfe sei es sehr schwierig, etwas zu finden.
Seine Zukunft sieht er ganz klar in der Schweiz. Manchmal mache er mit Freunden einen Ausflug nach Frankreich oder Deutschland, sagt Gebreleul – das sei wie Ferien. «Ich bin sehr glücklich, in der Schweiz leben zu dürfen.»
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Hinweis: Die TagesWoche ist offizielle Medienpartnerin der Kampagne «Chance 2016». Das Porträt von Aron Gebreleul diente als eine Grundlage für die Kampagne.