«Ich habe mich oft genug über Politiker geärgert»

Die Basler SP hat ihre 99 Kandidatinnen und Kandidaten für die Grossratswahlen im Herbst nominiert. Sie schickt nicht nur bekannte Köpfe ins Rennen, sondern auch Quereinsteiger wie Thomas Gander. Im Interview erklärt der Co-Leiter der Fanarbeit Basel, wieso die SP seine Partei geworden ist.

Thomas Gander will jetzt auch in der Basler Politik mitmischen. (Bild: Hansjörg Walter)

Die Basler SP hat ihre 99 Kandidatinnen und Kandidaten für die Grossratswahlen im Herbst nominiert. Sie schickt nicht nur bekannte Köpfe ins Rennen, sondern auch Quereinsteiger wie Thomas Gander. Im Interview erklärt der Co-Leiter der Fanarbeit Basel, wieso die SP seine Partei geworden ist.

 

Man kann sie spüren, die Aufbruchstimmung in der SP. Eine Schlappe wie bei den letzten Nationalratswahlen will die grösste Basler Partei um jeden Preis verhindern. Ihr Ziel für die Grossratswahlen am 28. Oktober 2012: Die rot-grüne Mehrheit im Parlament zurückerobern.

Am Mittwochabend, 7. März 2012, hat die SP-Delegiertenversammlung in der überfüllten Sichtbar im Gundeli einstimmig und diskussionslos 99 Personen für den 100-köpfigen Grossen Rat nominiert (Kandidatenliste auf der Rückseite des Artikels).

Die Plätze waren begehrt, einzig in Bettingen will niemand antreten. «Wir haben eine breite Liste mit bekannten und kompetenten Köpfen», sagte Parteipräsident Martin Lüchinger sichtlich stolz. Er eröffnete offiziell den Wahlkampf 2012.

Vizepräsident Pascal Pfister bezeichnete die Verluste bei den Nationalratswahlen als «Schock». Ein Grund für die Niederlage sei die Selbstsicherheit der Partei gewesen, da man zuvor alle Wahlen gewonnen habe, sagte er.  «Die Konsequenz davon ist, dass wir alle nochmals einen Zacken zulegen müssen. Wir müssen lauter werden. Es ist wohl allen klar, dass jetzt ein Ruck durch die Partei gehen muss.»

Für die SP ins Parlament wollen altgediente Politker wie Ruedi Rechsteiner (die TagesWoche berichtete), der ehemalige Grossratspräsident und Bürgerrat Leonhard Burckhardt und der frühere Grossrat René Brigger (bekannt als Anwalt der Zollfreistrasse-Gegner). Darüber hinaus kandidieren mit Sarah Wyss oder Tim Cuénod viele Jungsozialisten – 15 insgesamt. Neun bisherige Parlamentarier treten zurück – so Christine Keller oder Doris Gysin.

Gehen müsste eigentlich auch Philippe Macherel. Dies wegen der Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren. Doch die SP machte in ihren Statuten eine Ausnahme und ermöglichte dem profilierten Gesundheitspolitiker damit eine weitere Legislatur.

Auch ein paar Quereinsteiger wollen es wissen. Das bekannteste Gesicht: Thomas Gander, Co-Leiter der Fanarbeit Basel. Im Interview erklärt der 35-Jährige, der in der Breite wohnt, warum die SP seine Partei geworden ist.

Thomas Gander, was treibt Sie in die Politik?

Die SP hat mich gefragt, ob ich für sie für den Grossen Rat kandidieren will. Ich hab mir das dann gut überlegt. Als Fanarbeiter ist meine Rolle die eines neutralen Vermittlers, ich darf nicht parteiisch sein. Ich habe mich aber dafür entschieden, da eine allfällige Wahl mehr Chancen als Risiken bietet. Als Fanarbeiter wird man in politische Prozesse involviert. Ich habe so viele Erfahrungen gesammelt – und sah doch nur immer die eine Seite. Jetzt will ich die andere auch sehen und meine Erkenntnisse aus der Praxis einbringen.

Also werden Sie sich vor allem zu Fragen der Sicherheitspolitik äussern?

Ja, und sicher auch zum Umgang mit Jugendlichen in unseren heutigen, leistungsorientierten Gesellschaft. Ein Generalist will ich nicht werden, der zu allem eine Meinung hat, obwohl er nichts richtig versteht. Über solche Politiker habe ich mich oft genug geärgert.

Waren Sie immer schon bei der SP?

Nein, ich bin seit einiger Zeit Sympathisant. Ich verstehe mich als Vertreter einer sozialliberalen Richtung. Die Freiheit des Individuums und die Eigenverantwortung sind mir wichtig – jedoch nur solange damit nicht eine Ungerechtigkeit gefördert wird, die zulasten der Allgemeinheit geht.

Stärkung des Individuums bei der SP? Da müssen Sie sich in der Hausnummer geirrt haben.

Eine liberale Haltung schreiben sich fast alle Parteien auf die Fahne. In Kernfragen ist die Einigkeit aber mit der SP am grössten. Beispielsweise stellt für mich die Förderung von sozialer Ungleichheit eine Gefahr für unsere Gesellschaft dar. Sozialer Unfrieden fördert Konflikte, die letztendlich auch das Sicherheitsempfinden tangieren können. Prävention muss vor Repression greifen. Hier bietet die SP die sinnvollsten Antworten.

Quereinsteiger sind bei den Parteikollegen nicht immer beliebt. Keine Angst vor Missgunst?

Ich hatte bei der Nomination nicht das Gefühl, jemandem einen Platz weggenommen zu haben. Vielmehr hoffe ich darauf, mit einer Kandidatur zu den angestrebten Sitzgewinnen der SP etwas beitragen zu können.

 

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