«Ich unterstelle Ecopop Blindheit»

Pierre-Alain Niklaus kritisiert im Buch «Unheimliche Ökologen» die Ecopop-Initiative als fremdenfeindlich und neokolonialistisch. Die Ideologie dahinter sei über zweihundert Jahre alt und die Distanzierung von rechtskonservativen Kreisen unglaubwürdig.

Engagiert sich seit Jahren für Migrantinnen und Migranten in der Schweiz: Pierre-Alain Niklaus. (Bild: Nils Fisch)

Pierre-Alain Niklaus kritisiert im Buch «Unheimliche Ökologen» die Ecopop-Initiative als fremdenfeindlich und neokolonialistisch. Die Ideologie dahinter sei über zweihundert Jahre alt und die Distanzierung von rechtskonservativen Kreisen unglaubwürdig.

Pierre-Alain Niklaus trägt graue Jeans, ein weiss-blau-gestreiftes Matrosenshirt und gelbe Sportschuhe. Er wirkt bübisch, und wären da nicht die grauen Strähnen in seinem dichten Haar, würde man ihm die 44 Jahre nicht geben. Er ist etwas angespannt, denn er habe nicht viel Erfahrung mit Interview- und Fototerminen, wie er selbst sagt. Ein Unscheinbarer, der das Scheinwerferlicht nicht für sich, sondern einzig für seine Überzeugungen sucht. Zum Beispiel für seine tiefe Ablehnung gegenüber der Ecopop-Initiative, die er in seinem neusten Buch gemeinsam mit dem grünen Nationalrat Balthasar Glättli beschreibt.

Pierre-Alain Niklaus, was stört Sie am meisten an der Ecopop-Initiative?

Die Initianten arbeiten mit Katastrophenszenarien und sprechen von Bevölkerungsexplosion. Menschen werden zu Zahlen, und die Bevölkerungsregulierung wird zum demographischen Planspiel. Man präsentiert uns Kurven und Zahlen, die eindrücklich scheinen, aber der Realität nicht gerecht werden. Zudem ist es immer eine Elite, bestehend aus Akademikern und Politikern, die versucht, ihre Vision eines tragbaren Bevölkerungswachstums durchzusetzen. Das war schon früher so. Diese Elite will darüber bestimmen, wer sich noch vermehren darf und wer nicht.    

Sie unterstellen Ecopop eine rechtskonservative Haltung nahe am Rassismus. Dies, obschon sich die Initianten in öffentlichen Auftritten und auf der Website vehement gegen diesen Vorwurf wehren.

Ich unterstelle Ecopop vor allem Blindheit! Der amerikanische Biologe Paul Ehrlich, auf den sich Ecopop beruft, grenzte sich kaum von rassistischen und migrationsfeindlichen Kreisen ab. Ich finde sein Buch «Die Bevölkerungsbombe» haarsträubend. Es ist frauenfeindlich, kolonialistisch, … ja, alles wüste. Sämtliche Gegenargumente, die nach der Veröffentlichung in den 1970er-Jahren laut wurden, werden von Ecopop ausgeblendet.

Wie sieht es mit aktuellen Verbindungen der Initianten zu rechten Politikern aus?

Die Initiative kam nur zustande, indem der Unterschriftenbogen der rechtskonservativen «Schweizerzeit» von Ulrich Schlüer beigelegt wurde. Zudem hat Ecopop das Abstimmungsergebnis zur Masseneinwanderungsinitiative offiziell begrüsst. Erst die Öffnung nach rechts gab der Initiative den nötigen Schwung. Die Abgrenzung von rechtspopulistischen Kreisen ist deshalb unglaubwürdig.

Was die Schweiz betrifft, will Ecopop die Überbevölkerung und damit unsere ökologischen Probleme einseitig durch die Begrenzung der Migration auf 0,2 Prozent bekämpfen. Das wären rund 16’000 Personen pro Jahr, also noch rund ein Viertel der aktuellen Migranten. Wieso diese Konzentration auf die Migration?

Für Ecopop sind alleine die anderen an unseren Umweltproblemen schuld. Die Migranten und diejenigen in der Dritten Welt, die sich zu fest vermehren. Dabei wird negiert, dass die Schweiz kräftig im globalen Kapitalismus mitmischt, der uns die heutigen Umweltprobleme, wie den ungebremsten CO2-Anstieg und die Rohstoff-Ausbeutung, eingebrockt hat. Auch dass die Schweizer Wirtschaft einen bedeutend grösseren ökologischen Fussabdruck hat als jene der meisten anderen Länder, interessiert Ecopop nicht.

Die globale Überbevölkerung will Ecopop bekämpfen, indem zehn Prozent der Schweizer Entwicklungshilfe in die Verhinderung von Geburten in Entwicklungsländern fliessen sollen. Was stört Sie daran?

Etwas karikiert: Man geht davon aus, die Frauen in der Schweiz und in Europa seien so vernünftig und gebildet, dass man ihnen die Verantwortung darüber lassen kann, wie viele Kinder sie haben wollen. Eine Frau in Kamerun, in der Elfenbeinküste oder in Nigeria aber braucht erzieherische Massnahmen; die kann nicht rational entscheiden, wie viele Kinder sinnvoll sind. Natürlich distanziert sich Ecopop von jeglichem Neokolonialismus. Gleichzeitig wollen die Initianten die Geburtenkontrolle in Entwicklungsländern in die Schweizer Verfassung schreiben. Das ist absurd!

«Die Initianten wollen die Geburtenkontrolle in Entwicklungsländern in die Schweizer Verfassung schreiben. Das ist absurd!»

Die Ecopop-Initianten kommen aus allen Lagern: Aus dem Umkreis der rechtspopulistischen Schweizer Demokraten, aus feministisch-emanzipatorischen und akademischen Kreisen. Grüne sind dabei und Agronomen. Was verbindet sie?

Der Mangel an jeglichem historischen Bewusstsein: Der westliche Kolonialismus, die Menschenrechtsverletzungen bei Familienplanungs-Programmen in der Dritten Welt seit Ende des Zweiten Weltkriegs – das alles spielt für Ecopop keine Rolle. Die Ecopop-Initianten stellen sich in der Öffentlichkeit gerne als Tabubrecher dar, die das Thema «Bevölkerungsexplosion» nun erstmals auf den Tisch bringen. Wirft man einen Blick in die Geschichte, merkt man, dass diese Debatten alle schon längst stattgefunden haben.

Wann fürchteten sich die Menschen erstmals vor Überbevölkerung?

Das Bevölkerungsgesetz von Thomas Malthus stammt aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Er – selber aus der privilegierten Oberschicht – wollte, dass die Armen arm bleiben, und sprach sich gegen jegliche sozialen Gesetze in England aus, weil diese eine verantwortungslose Vermehrung unter den Armen fördern würden. Die Bevölkerung wachse exponentiell, während die Nahrungsmittelproduktion nur linear wachse, so seine Begründung. Vordergründig ging es also um Ernährungssicherheit.

Blieb die Angst vor Hunger das Hauptargument für die staatlich geförderte Bevölkerungsregulierung im 20. Jahrhundert?

Nein, es folgten eugenische und später geostrategische Argumentationen. Der Zoologe Ernst Haeckel plädierte dafür, dass die minderwertigen Bestandteile der Gesellschaft ausgemerzt werden müssen. Eine Ideologie, die sich rasch in ganz Europa ausbreitete. Gleichzeitig wurde in den USA die Rockefeller-Dynastie mit Erdöl steinreich. Ein Teil des Vermögens floss zum Steuersparen 1913 in eine Stiftung, die unter anderem den «Population Council» finanzierte. Dort stand von Beginn an die Bevölkerungsregulierung in der Dritten Welt im Fokus. Die ersten Mitglieder waren bekennende Eugeniker; wobei die guten Gene natürlich diejenigen der weissen Oberschicht waren, während die schlechten in den vom Kommunismus bedrohten Drittweltstaaten ausgemacht wurden. Man fürchtete die demografische Entwicklung, welche die eigene Vormachtstellung gefährdet hätte.



«Die Abgrenzung von rechtspopulistischen Kreisen ist unglaubwürdig.»

«Die Abgrenzung von rechtspopulistischen Kreisen ist unglaubwürdig.» (Bild: Nils Fisch)

In den 1970er-Jahren erschienen die beiden wissenschaftlichen Bestseller «Grenzen des Wachstums» des Club of Rome und «Die Bevölkerungsbombe» des amerikanischen Biologen Paul Ehrlich. Welche neue Dynamik kam damit in die Überbevölkerungsdebatte?

Mein Vater war selbst ein Akademiker und Anti-AKW-Aktivist, der auch in Kaiseraugst mit dabei war. Ich erinnere mich, dass in seinem Umfeld bereits damals von Überbevölkerung die Rede war. Das ökologische Argument verdeckte nun die inhumanen und unschönen Seiten der Bevölkerungsregulierung. Sie war mehrheitsfähig geworden und wurde von Teilen der Umweltbewegung übernommen.  

Kein Wunder, schliesslich wirken die demografischen Zahlen auch angsteinflössend: Die Menschheit hat sich seit 1950 beinahe verdreifacht. Nach der mittleren Variante der UN-Prognose könnte die Welt bis 2100 elf Milliarden Menschen zählen. Die Hälfte des absoluten Wachstums findet dabei in nur acht Ländern statt, sechs davon in Afrika. Alles kein Problem?

Ich sage nicht, dass eine Welt mit elf Milliarden Menschen besser ist als eine mit sieben Milliarden, wie heute. Aber es ist eine Illusion, dieses Wachstum technokratisch bekämpfen zu können. Die Ecopop-Leute nehmen einfach eine Formel aus Paul Ehrlichs Buch, die «PAT-Formel», die besagt: Umwelteinwirkung ist gleich die Bevölkerungszahl mal Wohlstand pro Kopf multipliziert mit einem Faktor für technologischen Fortschritt. Für Ecopop ist die Lösung unserer Umweltprobleme demnach ganz simpel: Man muss einfach das P, also die Bevölkerung reduzieren.

«Hunger ist keine Folge der Überbevölkerung, sondern von fehlendem Zugang zu Land, Ausbildung, Wissen und Technologie.»

Aber Fakt bleibt, die Weltbevölkerung wächst um rund 80 Millionen Menschen pro Jahr und die menschliche Einwirkung auf die Natur nimmt dadurch weiter zu.

Subsahara-Afrika hat heute eine Bevölkerungsdichte von 36 Personen pro Quadratkilometer; in Westeuropa beträgt sie 172. Überbevölkerung ist weitgehend ein Gedankenkonstrukt. Und der «Peak Child», die höchste Wachstumsrate, wurde bereits in den 1970er-Jahren mit zwei Prozent erreicht. Seither sinkt sie, und heute sind wir bei etwas mehr als einem Prozent. Laut Prognosen wird die Rate bis Ende Jahrhundert weltweit auf null zurückgehen. Dazu sind keine technokratischen Eingriffe nötig, sondern die Verringerung der Armut und die Bildung von Frauen. Beide Faktoren korrelieren nämlich negativ mit dem Bevölkerungswachstum. Wer bitterarm ist, keine Rente hat, wo Landwirtschaft noch Handarbeit ist und Brennholz der einzige Energieträger, wo man darauf hofft, dass mindestens ein Kind eine Ausbildung besuchen kann und den Ausstieg aus der Armut schafft, dort kann es aus individueller Sicht durchaus sinnvoll sein, viele Kinder zu haben.

Und was ist mit der Ernährung von elf Milliarden Menschen?

Das Argument wurde immer wieder bemüht. Ich bin überzeugt, dass wir elf Milliarden ernähren können. Hunger ist keine Folge der Überbevölkerung, sondern von fehlendem Zugang zu Land, Ausbildung, Wissen und Technologie. Selbst die Irische Hungersnot, die von Malthus-Anhängern gerne als Beweis für dessen Thesen angeführt wurde, beweist bei näherer Betrachtung, wie wichtig sozio-ökonomische Rahmenbedingungen für Hungerkatastrophen sind. Man kann globale Umweltfragen nicht von den sozialen Fragen trennen. Die Ausbeutung der Menschen muss genauso interessieren wie die Ausbeutung der Natur. Schon nur deshalb, weil Armut einer der wichtigsten Faktoren für viele Kinder ist.

«Was gibt mir das Recht, Kamerun zu sagen, dass es nicht mehr wachsen darf?»

Naturschutz ist für Sie also unweigerlich mit einem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden?

Was gibt mir das Recht, beispielsweise Kamerun zu sagen, dass es nicht mehr wachsen darf? Nach den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft hätten drei Viertel der Menschheit nach wie vor das Recht auf quantitatives Wachstum. Doch die wohlhabenden Länder haben eine Verantwortung: Sie können aufzeigen, wie Wohlstand auch ohne wirtschaftliches Wachstum und ohne Abhängigkeit von fossilen Energieträgern möglich ist. Das bedeutet eine Abkehr von der Wegwerf-Gesellschaft und eine Hinwendung zu mehr Suffizienz.

Gehen Sie diesbezüglich mit gutem Beispiel voran?

Ja, ich denke schon. Unsere Familie hat kein Auto; wenn wir trotzdem mal eins brauchen, nutzen wir Carsharing. Wir unterstützen die regionale Vertragslandwirtschaft mit einem Gemüse-Abo vom Birsmatterhof. Wir leben mit einer vierköpfigen Familie in einer Stadtwohnung von rund hundert Quadratmetern. In den letzten zehn Jahren bin ich ein einziges Mal geflogen. Doch ich will nicht mit meinem Lebensstil missionieren. Es ist auch eine staatliche Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein suffizientes Leben überhaupt ermöglichen.

Sie haben sich in Basel nicht durch den Kampf für ökologische Anliegen, sondern für die Rechte von Sans-Papiers einen Namen gemacht. Gibt es da eine Verbindung?

Ja, es geht in beiden Fällen um globale Gerechtigkeit. Und auch bei der Migration gibt es diese Vorstellung, dass man sie steuern kann wie den Wasserstrahl, indem man den Hahn auf- oder zudreht. Und sowohl im politischen Mainstream als auch bei Ecopop heisst es: Wir wollen nur noch Hochqualifizierte. Dabei wird total verkannt, dass hochqualifizierte Migration immer auch niedrigqualifizierte mit sich zieht. Die einen arbeiten Tag und Nacht und sind auf die anderen angewiesen, um ihren Alltag zu managen – egal ob Putzfrau, Pizzakurier oder Kindermädchen.

Sie haben 2002 in Basel die erste Anlaufstelle für Sans-Papiers in der Deutschschweiz gegründet und zwei Bücher zum Thema geschrieben. Wie hat sich die Situation für die Sans-Papiers während der vergangenen zwölf Jahre verändert?

Sie ist nach wie vor schlecht, und die öffentliche Debatte wurde sehr viel härter. Vor allem auf Bundesebene. Wir haben bei den Anlaufstellen Studien und Berichte verfasst, um zu zeigen, wie die Situation für die Betroffenen ist, dass es Lösungen für Bereiche wie die Hauswirtschaft braucht und dass eine gewisse Anzahl Personen legalisiert werden könnte. Das wäre auch im Interesse der Arbeitgeber. Aber wir finden kein Gehör und sind einem Dauerbombardement vom rechten politischen Flügel ausgesetzt. Die Mitte hat kapituliert. Differenzierte Argumente haben in diesem Klima keinen Platz. Nach dem Ergebnis vom 9. Februar sowieso nicht mehr.

Wie hat sich die Arbeit mit den Sans-Papiers seit dem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative verändert?

Wir haben immer daran gearbeitet, dass die Sans-Papiers in der Öffentlichkeit ein Gesicht erhalten. Vereinzelt gingen auch Leute an die Öffentlichkeit und schilderten ihre Lage, ohne dass sie sich dadurch gefährdeten. Das finde ich etwas vom Wichtigsten, und in diesem Bereich haben wir mit der Anlaufstelle viel erreicht. Nach dem Ergebnis vom 9. Februar könnten nun viele aus Angst wieder vermehrt in den Untergrund abtauchen. Auf der anderen Seite hoffe ich, dass die Städte in Zukunft selbstbewusster auftreten, weil sie merken, dass die neuen Bestimmungen nicht funktionieren. Damit könnte ihre Autonomie in der Frage der Sans-Papiers grösser werden.

Was ist aus dem «Basler Modell» geworden, das die Anlaufstelle vor einem Jahr präsentiert hat und das die Situation der Basler Sans-Papiers mit drei konkreten Massnahmen verbessern soll?

Da sind wir immer noch dran. Wir wollen zusammen mit der Basler Regierung – unabhängig von den nationalen Debatten und vom Parlament – Spielräume ausloten. Denn laut Artikel 30b im Ausländergesetz gibt es zwei Ausnahmen für Zulassungsbeschränkungen: den Härtefall und wichtige öffentliche Interessen. Im Hauswirtschaftsbereich könnte man mit Letzterem argumentieren. Denn wir sind überzeugt, dass die Hochqualifizierten in Basel nur dank den Sans-Papiers funktionieren, und die Basler Wirtschaft deshalb von ihnen abhängig ist.

Was ist für Sie der grösste Verdienst der Basler Anlaufstelle?

Heute gibt es bei den Behörden einen minimalen Respekt im Umgang mit Sans-Papiers. Den mussten wir aber hart erkämpfen. Das ging so weit, dass wir 2006 ein Kirchenasyl für eine ecuadorianische Familie organisierten, die ausgeschafft werden sollte. Wir fanden einfach: Das geht so nicht mehr! Die Menschen wurden nicht ernst genommen, und kurz zuvor waren gleich mehrere Familien weggewiesen worden.

«Bei einem Ja würde die Schweiz borniert, bünzlig, von allen guten Geistern verlassen.»

Wie haben Sie reagiert?

Abend vor dem Ausreisegespräch habe ich dem Leiter des Basler Migrationsamtes, Michel Girard, ein freundliches Mail geschrieben, dass die Familie am folgenden Tag nicht kommen würde. Wir machten den Fall öffentlich, mussten danach viel Zeit und Geld investieren und ein psychologisches Gutachten für die Mutter erstellen lassen. Am Ende konnte die Familie bleiben. Das war vor allem deshalb ein Erfolg, weil Sans-Papiers danach etwas respektvoller behandelt wurden.

2009 haben Sie die Leitung der Anlaufstelle abgegeben. Weshalb?

Die Pionierphase war vorbei, und ich habe selbst schon Organisationen erlebt, in denen der Pionier zu lange geblieben ist. Man brennt auch recht schnell aus, denn die Ohnmacht angesichts der rechtlichen Situation ist gross, und man kriegt stets das Gefühl, gegen eine Wand anzureden.

Heute leiten Sie in Teilzeit das «NachbarNet», ein Netzwerk für Nachbarschaftshilfe in Basel. Ist Ihre Karriere als Aktivist damit abgeschlossen?

Nein, ich bin nach wie vor im Vorstand der Anlaufstelle, und das Thema ist noch immer meine Herzensangelegenheit. Im Moment könnte ich mir auch vorstellen, wieder in die Arbeit mit Migranten einzusteigen. Denn es gibt heute viel zu wenig Widerstand gegen die Dampfwalze von rechts.

In was für einer Schweiz würden wir leben, wenn die Ecopop-Initiative am 30. November vom Volk angenommen würde?

Total borniert, bünzlig, ausgrenzend bis zum Äussersten, von allen guten Geistern verlassen! In einer Schweiz, die einem Mythos nachhängt, der nichts mehr mit der Realität zu tun hat.

 

Pierre-Alain Niklaus
ist in Biel-Benken aufgewachsen und hat an der Universität Basel Erdwissenschaften studiert. Nach einem Zivildienst bei der Freiplatzaktion für Asylsuchende und einem Studium für Soziale Arbeit in Genf gründete er die erste deutschschweizerische Anlaufstelle für Sans-Papiers in Basel. Sie wurde zum Vorbild für ähnliche Stellen in anderen Kantonen. Seit 2012 leitet er die Nachbarschaftshilfe-Organisation «NachbarNet». Niklaus (44) lebt mit seiner Partnerin und zwei Kindern im Basler Matthäusquartier. Ab 11. August ist sein gemeinsam mit Balthasar Glättli verfasstes Buch «Die unheimlichen Ökologen» im Buchhandel erhältlich.

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