Basel-Stadt möchte ein Cannabis-Forschungsprojekt durchführen. Das Betäubungsmittelgesetz stimme nicht mit der Realität vieler Menschen überein, sagt der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger.
Basel-Stadt will zusammen mit den Städten Bern, Thun, Winterthur, Zürich und dem Kanton Genf ein Forschungsprojekt für die regulierte Cannabisabgabe durchführen. Während beispielsweise in Bern für 1000 Personen in ausgewählten Apotheken versuchsweise Cannabis verkauft werden soll, stehen in Basel-Stadt Erwachsene im Fokus, die Cannabis aus medizinischen Gründen zur Selbstmedikation konsumieren.
Das Gesundheitsdepartement von Lukas Engelberger (CVP) hat nun die Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK) damit beauftragt, ein wissenschaftliches Forschungsprojekt auszuarbeiten. Im Interview sagt Engelberger, wieso er mit der aktuellen Gesetzeslage unzufrieden ist und weshalb er die rot-grüne Mehrheit in der Regierung nicht schlechtreden möchte.
Lukas Engelberger, wird Cannabis bald legal?
Das müsste am Schluss auf Bundesebene entschieden werden. Die Basler Regierung hat sich aber bereits 1999 für eine Liberalisierung des Cannabiskonsums ausgesprochen.
Sind Sie persönlich auch dafür?
Ja, ich stehe hinter diesem Entscheid.
Haben Sie denn schon eigene Erfahrungen mit illegalen Drogen gesammelt?
Ich könnte nur politisch inkorrekt oder unzutreffend darauf antworten. Deshalb lasse ich es lieber (lacht).
Was erhoffen Sie sich von diesem Forschungsprojekt?
Wir haben in der gesetzlichen Situation von Cannabis noch Bruchstellen. Das Betäubungsmittelgesetz stimmt nicht mit der Realität vieler Menschen überein. Mit dem Forschungsprojekt erhoffen sich die Städte Bern, Thun, Winterthur, Zürich und die Kantone Genf und Basel-Stadt eine Signalwirkung an den Bund in Richtung Liberalisierung. Das Projekt soll Erkenntnisse darüber liefern, ob Cannabis beispielsweise Menschen mit Krebs, MS oder anderen Beschwerden hilft. Es stellt sich die Frage, ob dann für solche Personen der Konsum nicht legalisiert respektive reguliert werden sollte. Denn beschaffen sie sich Cannabis illegal, ist die Gefahr grösser, sich Schaden zuzufügen. Eine kontrollierte Abgabe würde mehr Sinn machen.
«Eigentlich kann nur der Bund die unbefriedigende Situation lösen. Wir können nur Hilfswege aufzeigen – was wir mit dem Forschungsprojekt nun tun wollen.»
Wann läuft das Projekt an?
Wir befinden uns erst am Anfang. Falls Regierungsrat und Grosser Rat grünes Licht dafür geben, müssen wir immer noch die Genehmigung beim Bundesamt für Gesundheit dafür holen – und es ist unklar, ob wir diese bekommen.
Sie tönen nicht gerade euphorisch.
Ich will einfach keine falschen Erwartungen wecken. Wir befinden uns schliesslich am Rande des Betäubungsmittelgesetzes und brauchen eine Ausnahmebewilligung. Eigentlich kann nur der Bund die unbefriedigende Situation lösen. Wir können nur Hilfswege aufzeigen – was wir mit dem Forschungsprojekt nun tun wollen. Wichtig ist, dass wir das Projekt sorgfältig dokumentieren und auch die gefährlichen Auswirkungen von Cannabis wahrnehmen. Gerade bei Jugendlichen oder psychisch Kranken kann Cannabiskonsum sehr schädlich sein. Die Liberalisierungsansage soll nicht missverstanden werden: Cannabis ist nicht ungefährlich. Deshalb wollen wir unsere Zielgruppe in Basel-Stadt für die Studie nur auf Erwachsene beschränken mit gesundheitlichen Problemen.
Man bekommt den Eindruck, dass Basel-Stadt bei Cannabis wieder bei null anfängt. Dabei gab es hier vor 15 Jahren mehr Hanfshops als Bäckereien.
Gewissermassen fangen wir von vorne an, ja. Aber die politische Diskussion verläuft nun mal nicht geradlinig, sondern in Zyklen. Die Phase Anfang 2000, als es mehr Hanfshops als Bäckereien gab in Basel, war nicht unbedingt eine positive Zeit. Viele störten sich daran, dass Cannabis plötzlich so präsent war in der ganzen Stadt. Der Staat setzte auf Repression und die Shops verschwanden. Ich glaube, dass dies damals auch nötig war.
Wieso tut sich die Schweiz so schwer mit der Legalisierung von Cannabiskonsum?
Diesen Eindruck habe ich nicht.
Die Hanfinitiative wurde 2008 mit 63,2 Prozent abgelehnt.
Im Vergleich zu anderen europäischen Städten ist das Klima hier dennoch eher liberalisierungsfreundlich. Das Thema Liberalisierung ist in der politischen Diskussion sehr präsent – mehr als in Deutschland, Italien oder Frankreich.
Kommen wir auf die kommenden Wahlen zu sprechen. Sie wollen mit Baschi Dürr, Conradin Cramer und Lorenz Nägelin die rot-grüne Mehrheit in der Regierung zu Fall bringen. Was läuft mit Rot-Grün schief in Basel?
Es ist nicht so, dass es nicht gut läuft. Wir befinden uns in einer guten Ausgangslage.
Wieso braucht es dann einen Machtwechsel?
Es geht darum, den Wählern eine echte Wahl zu ermöglichen – mit einer Ausrichtung in die eine oder in die andere Richtung. Das gehört nun mal dazu. Ich denke aber schon, dass wir Bürgerlichen mit einer anderen Optik an die politischen Fragen herangehen. Unser Ziel ist es, die Eigenverantwortung zu betonen, die Linken setzen mehr auf den Staat. Wir müssen die jetzige Situation aber auch nicht schlechtreden. Das wäre auch falsch.
«Ich fände es falsch, etwas schlechtzureden. Ich fühle mich auch im Wahlkampf der Kollegialität verpflichtet.»
Trauen Sie sich nicht, weil Sie Ihre rot-grünen Regierungskollegen nicht angreifen wollen?
Nein, weil es nicht meine Wahrnehmung ist. Aber selbst wenn es so wäre, fände ich es falsch, etwas schlechtzureden. Ich fühle mich auch im Wahlkampf der Kollegialität verpflichtet.
Wieso haben Sie sich gegen das Regierungspräsidium entschieden?
Ich bin erst seit anderthalb Jahren im Gesundheitsdepartement und habe mich dort erst eingearbeitet. Ein Wechsel wäre nicht effizient. Ich fühle mich wohl im Gesundheitsdepartement und möchte nun die Projekte wie die Spitalkooperation mit Baselland weiter vorantreiben.
Es würde Sie also auch ein Finanzdepartement nicht interessieren, sollte es zu einem Machtwechsel kommen?
Nein. Ich möchte im Gesundheitsdepartement bleiben.
Sie sind eng mit Baschi Dürr von der FDP und Conradin Cramer von der LDP befreundet. In einem Interview vor zwei Jahren sprachen Sie von einer perfekten Konstellation, wenn Conradin Cramer auch in die Regierung käme. Nun steht er kurz davor. Ist es nicht speziell, dass drei gute Freunde zusammen in der Regierung sitzen – die Linken sprechen gerne von «bügerlichen Seilschaften»?
Das ist Zufall. Von Seilschaften zu sprechen wäre falsch. Wenn man jung mit Politik anfängt, befindet man sich automatisch in einer kleinen Gruppe von Leuten, die gleich alt sind. Daraus entstehen schnell mal Freundschaften. Es ist nicht so, dass wir uns gegenseitig beim Aufstieg geholfen hätten, wir sind alle in drei verschiedenen Parteien gross geworden. Wir kommen einfach alle aus der gleichen Generation, haben gleichzeitig mit Politik angefangen und uns so kennen und schätzen gelernt.