«Ich wurde nicht immer fair behandelt»

Hanspeter Gass erklärt und beklagt sich: Er habe die Berichterstattung über seine Person zuweilen als unfair empfunden. Aber das sei nicht der Grund für seinen Rücktritt im Januar 2013.

Hanspeter Gass mag nicht mehr. (Bild: Keystone)

Hanspeter Gass erklärt und beklagt sich: Er habe die Berichterstattung über seine Person zuweilen als unfair empfunden. Aber das sei nicht der Grund für seinen Rücktritt im Januar 2013.

Er will nicht mehr. Er hat genug. Es reicht. Mit seiner Ankündigung, für die kommenden Regierungsratswahlen im Oktober 2012 nicht mehr anzutreten, sorgt Hanspeter Gass für grosses Staunen. Seit April 2006 ist der ehemalige FDP-Grossrat in der Basler Regierung. Bereits unmittelbar nach seinen Amtsantritt stand Gass unter Dauerbeschuss. Etwa wegen der «Schande von Basel» am 13. Mai 2006, als es im Joggeli bei der «Finalissima» FCB gegen FCZ zu heftigen Ausschreitungen kam, oder wegen des umstrittenen Anti-WEF-Einsatzes im Februar 2008, als 66 Personen, darunter auch Minderjährige, verhaftet wurden.

Der ehemalige stellvertretende Verwaltungsdirektor des Theaters Basel bot seinen Kritikern in seiner ersten Amtsperiode immer wieder Angriffsflächen. Man warf ihm ein ein zögerliches Handeln und ängstliches Auftreten vor. Im September 2008 schaffte der ehemalige FDP-Grossrat die Wiederwahl in die Regierung denn auch nicht auf Anhieb: Es klappte erst in einem zweiten, stillen Wahlgang. Kurz nach seiner Wiederwahl trennte er sich von seinem Polizeikommandanten Roberto Zanulardo und konnte im Frühling 2009 den Zürcher Gerhard Lips als Nachfolger präsentieren.

Dann war es lange ruhig im Spiegelhof. Es schien in Gass‘ Departement alles in Ordnung zu sein. Bis zum September 2011, als es am Voltaplatz im Rahmen der besetzten Voltamatte zu Sachbeschädigungen kam. Diverse Medien machten Gass den Vorwurf, sich von der rot-grün dominierten Regierung einschüchtern zu lassen und darum bei Besetzungen nicht einzugreifen. Der Sicherheitsdirektor wies diese Vorwürfe an einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz als unwahr zurück. Er wisse, was seine Verwantwortung sei und brauche keine Instruktionen, sagte er damals. Im Interview mit der TagesWoche äussert er sich zu den Gründen für seinen Rücktritt und spricht von einer Medienkampagne gegen ihn.

Herr Gass, Sie überraschen mit Ihrem Rücktritt. Weshalb möchten Sie nach zwei Amtsperioden bereits nicht mehr Regierungsrat sein?

Hanspeter Gass: Das ist Teil meiner Lebensplanung. Als ich das Regierungsamt als 50-Jähriger übernommen habe, war für mich eigentlich klar, dass ich nur zwei Amtsperioden machen möchte. Ich arbeite seit 40 Jahren ununterbrochen und möchte mir den kleinen Luxus – mit 57 aufzuhören und Sachen zu machen, die mir Spass und Freude bereiten – schlichtweg gönnen.

Haben Sie Parteipräsident Daniel Stolz damals im 2006 über Ihre Absicht informiert, nur zwei Amtsperioden machen zu wollen?

Nein. Meinen Entscheid habe ich Daniel Stolz heute Morgen bekanntgegeben.

Hätte es nicht ein Szenario gegeben, in der Sie sich eine dritte Amtsperiode hätten vorstellen können?

Nein. Ich habe von Anfang an geplant, nach der zweiten Legislatur nicht mehr anzutreten.

Wir glauben das nicht so wirklich.

Das ist nicht mein Problem.

Ihr Rücktritt hat also nichts damit zu tun, dass Sie in letzter Zeit wegen den Sachbeschädigungen rund um den Voltaplatz in der Kritik standen?

Mein Entscheid fiel unabhängig davon, losgelöst von all diesen Ereignissen. Tatsache ist natürlich, dass der Job eines Sicherheitsdirektors exponiert ist. Und wenn man das nicht aushält, sitzt man wahrscheinlich auf dem falschen Stuhl.

Haben Sie die permanente Kritik an Ihrer Person als unfair empfunden?

In gewissen Sachen habe ich mich schon unfair behandelt gefühlt.

Zum Beispiel?

Für mich ist das Thema erledigt.

Haben Sie die Kritik an Ihrer Person als Kampagne erlebt?

Ja. Ich habe auch die im Sommer geführte Diskussion, um den angeblichen Machtkampf zwischen mir und dem Leitenden Staatsanwalt Alberto Fabbri, als Kampagne erlebt.

In der Partei sind Sie sehr umstritten. Man machte sich Sorgen um Ihre Wiederwahl. Bekamen Sie das von der Partei zu spüren?

Mir persönlich hat man das nicht zu spüren gegeben. Mit dem Risiko, nicht gewählt zu werden, muss man immer leben. Aber eine zweite Wiederwahl war für mich, wie gesagt, gar kein Thema. Das hat mich auch in die feudale Situation gebracht, in den letzten Jahren meinen Weg gradlinig gehen zu können. Ich habe mich weder politisch noch medial unter Druck setzen lassen. Im Wissen, dass es am 31. Januar 2013 vorbei ist.  

Haben Sie sich von der Partei gestützt gefühlt?

(Zögert sehr lange). Wie meinen Sie das?

Man spürt doch, ob man in einer Gruppe akzeptiert ist oder nicht.

Bin ich mit einer Sache an meine Partei herangetreten, wurde ich eigentlich immer von ihr unterstützt. Wenn ich mir bei einer Sache mehr Unterstützung erhofft hätte, dann bei der Vorlage zur Videoüberwachung. Diese wurde im Grossen Rat vor Kurzem verworfen, weil das Fuder, entgegen meinen Mahnungen, von den Bürgerlichen überladen wurde.

Das war jetzt ein sachpolitisches Beispiel. Uns interessiert das allgemeine Befinden.

Ich habe mich in der FDP immer wohl gefühlt.

Und wie wohl fühlen Sie sich in der Regierung?

Ich fühle mich gestützt und wohl in der Regierung. Für mich war und ist es immer wichtig, das Kollegialitätsprinzip einzuhalten. Ich bin nicht in einer links-grünen Regierung. Ich bin in einer Regierung mit einer links-grünen Mehrheit. Und wenn wir zusammen etwas entscheiden, ziehe ich das ohne Wenn und Aber durch.

Das heisst: Sie hätten in der Voltamatte-Geschichte also anders entschieden und den Platz geräumt?

Ich glaube, dieses Thema ist bereits genug abgehandelt worden. Die Meinung der Regierung und von mir ist klar: Wir tolerieren keine illegale Besetzungen und fördern Zwischennutzungen.

Was wird Ihnen nach dem 31. Januar 2013 nicht mehr fehlen?

Am Morgen zu schauen, was in den Zeitungen steht.

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