Ignazio Cassis zum neuen Bundesrat gewählt

Der Tessiner hat 125 Stimmen geholt und seine Wahl angenommen. Er wolle als Liberaler für den Zusammenhalt einstehen.

«Ich werde alles daran setzen, Sie alle in meinem neuen Amt nicht zu enttäuschen», schwor der neue Bundesrat. (Bild: sda)

Der Tessiner FDP-Nationalrat Ignazio Cassis hat nach seiner Wahl zum neuen Bundesrat am Mittwochmorgen vor der Vereinigten Bundesversammlung erklärt, dass er die Wahl annehme. Anschliessend wurde er vereidigt.

Cassis richtete sich in seiner Erklärung zunächst in italienischer Sprache an die Bundesversammlung. Er bedankte sich für den Respekt und das Vertrauen. Nach 18 langen Jahren Abwesenheit ziehe die italienischsprachige Schweiz nun wieder in den Bundesrat ein. Der letzte Tessiner Bundesrat war CVP-Politiker Flavio Cotti.

Ein «Schmied» im Dienste der Willensnation

Er sehe im Resultat der Wahl den Willen, den Zusammenhalt im Sinne der Verfassung zu stärken, sagte Cassis. «Im Namen des Kantons Tessins möchte ich Ihnen allen danken.»

Die Schweiz stehe vor grossen Herausforderungen, stellte Cassis fest. Die Grenzregionen spürten grossen Druck, mehr als der Rest der Schweiz. «Mit Ihrer Entscheidung haben Sie auch diese Realität anerkannt», sagte der neu gewählte Bundesrat.

Die Vereinigte Bundesversammlung habe sich auf die Stärken der Willensnation Schweiz besonnen. Jetzt biete sich die Gelegenheit, den Zusammenhalt zu stärken. «Ich stelle mich als Schmied in Ihren Dienst und will unser Land noch stärker zusammenschmieden», sagte Cassis. «Ich werde alles daran setzen, Sie alle in meinem neuen Amt nicht zu enttäuschen.»

Respekt für die Meinungen der anderen sei ihm als Freisinniger sehr wichtig, sagte Cassis. Was Freiheit sei, lasse sich nicht besser ausdrücken, als es Rosa Luxemburg getan habe: «Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.»

Zwei Wahlgänge reichten

Cassis betonte, dass er im Bundesrat mit grossem Respekt vor den Andersdenkenden in der Regierung und in der Bevölkerung die Entscheide des Gremiums mittragen werde, auch wenn er bei einem Entscheid unterlegen sei. Zuletzt bedankte sich Cassis bei seiner Familie, seinen Freunden und seiner Frau.

Die Vereinigte Bundesversammlung wählte Cassis mit 125 Stimmen in die Landesregierung. Das absolute Mehr lag bei 123 Stimmen. Der 56-Jährige ersetzt Didier Burkhalter, der Ende Oktober zurücktritt. An zweiter Stelle lag der Genfer Staatsrat Pierre Maudet mit 90 Stimmen, die Waadtländer Nationalrätin Isabelle Moret kam auf 28 Stimmen.

Cassis war von Anfang an als Favorit gehandelt worden. Auch am Wahltag lag er von Beginn weg an der Spitze: Im ersten Wahlgang erhielt er 109 Stimmen. Maudet kam auf 62 Stimmen, Moret auf 55. Schon im zweiten Wahlgang erreichte Cassis das absolute Mehr.

Übernimmt er Burkhalters Departement?

Störmanöver blieben aus. Die Wahl lief so ab, wie es seit Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni erwartet werden durfte. Schon damals herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass nun ein Tessiner in die Regierung gewählt werden müsse. Der Kanton wartet seit dem Rücktritt von Flavio Cotti 1999 auf eine Vertretung im Bundesrat.

https://www.srf.ch/news/schweiz/bundesratswahl-bundesratsgremium-begruesst-neuen-amtskollegen-cassis

Welches Departement Ignazio Cassis übernimmt, ist offen. Der Bundesrat wird in den nächsten Tagen darüber entscheiden. Naheliegend ist das frei werdende Aussendepartement, infrage kommt aber auch das Innendepartement. Doch diesen Entscheid fällt nicht Cassis, sondern der Gesamtbundesrat. Üblicherweise äussern die Mitglieder bei der Departementsverteilung ihre Wünsche nach der Anciennität, also nach dem Dienstalter. Dabei steht der neu gewählte Bundesrat hinten an.

Burkhalter sprach über Respekt

Zuvor hatte sich der scheidende Bundesrat Didier Burkhalter verabschiedet. Mit ganzem Herzen habe er das Amt des Bundesrates ausgeübt, sagte Burkhalter vor der Vereinigten Bundesversammlung. Dabei habe er sich dafür eingesetzt, dass die Schweizer Werte rund um die Welt respektiert würden: die Werte von Dialog und Frieden, der Menschenrechte, des Engagements für die Umwelt und gegen die Armut.

Respekt war das Leitthema von Burkhalters Rede. Ein Schweizer Geheimnis sei, dass jede Mehrheit ein Bewusstsein für den Respekt gegenüber den Minderheiten innehabe. Burkhalter bekannte sich auch zum Kollegialitätsprinzip der Regierung.

Nationalratspräsident Jürg Stahl (SVP/ZH) würdigte die Leistungen Burkhalters. Er hob dessen Engagement für Frieden und seine Hochachtung gegenüber den Institutionen in der Schweiz hervor.

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