«Im eigenen Land zu verlieren, schmerzt sehr»

SVP-Nationalrat Peter Spuhler hat in Basel einen grossen Auftrag verloren: Die BVB möchten lieber 60 Trams des kanadischen Konzerns Bombardier. Im Interview mit der TagesWoche äussert sich Spuhler zu seiner Niederlage.

In Basel hat es mit der Trambeschaffung nicht geklappt. Jetzt versucht Peter Spuhler sein Glück in Zürich. (Bild: Keystone)

SVP-Nationalrat Peter Spuhler darf Basel nicht mit 60 Trams beliefern. Die BVB bevorzugen den kanadischen Konzern Bombardier. Im Interview mit der TagesWoche äussert sich Spuhler zu seiner Niederlage.

Der Thurgauer SVP-Nationalrat Peter Spuhler hat mit seiner Firma Stadler Rail in Basel den Kürzeren gezogen: Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) haben sich bei der grössten Trambeschaffung ihrer 116-jährigen Geschichte für den kanadischen Konzern Bombardier entschieden. Ab 2013 sollen die ersten Flexity-Trams von Bombardier in der Region herumkurven. Grund für den Entscheid war der Preis, wie die BVB vor drei Wochen bekanntgaben. Qualitative Differenzen habe es kaum gegeben.

Bombardier verlangt für 60 Trams 220 Millionen Franken. Stadler hingegen bot seinen Tango, bei einem Niederflur-Anteil von 75 Prozent, für 294 Millionen an. Für einen Niederflur-Anteil von 100 Prozent verlangte Spuhlers Firma 256 Millionen. Morgen Freitag will die BVB mehr Informationen zur Trambeschaffung bekanngeben. Er könne sein Tram nur günstiger anbieten, wenn er Arbeitsplätze nach Europa verlagere, sagt Spuhler im Interview mit der TagesWoche.

Herr Spuhler, sind Sie sehr enttäuscht, dass sich die BVB  für Bombardier entschieden haben?

Ja selbstverständlich, im eigenen Land zu verlieren, schmerzt sehr.

Aber Bombardier verlangt für 60 Tams 220 Millionen Franken – ein Schnäppchen. Stadler Rail hingegen 294 Millionen. Bei diesem immensen Preisunterschied hätten Sie wohl gleich entschieden wie die BVB.

Dieser Preisvergleich stimmt so nicht. Für den Tango LF (100 Prozent Niederfluranteil) war der Preis für 60 Trams bei 256 Millionen Franken. Dieses Tango LF-Konzept stand im Vordergrund. Neben dem Preis flossen auch die Energiekosten und die Wartungskosten in die Bewertung ein.

Trotzdem: Hätten Sie Ihr Tram nicht etwas billiger anbieten können?

Wenn wir Arbeitsplätze aus der Schweiz in den Euroraum verschieben, können wir die Kostennachteile auffangen und günstiger anbieten. Als Verfechter des Werkplatzes Schweiz versuchen wir, auf anderen Wegen unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder zu verbessern und die Arbeitsplätze in der Schweiz zu behalten. Aber dies wird in nächster Zeit eine grosse Herausforderung darstellen.

Schuld ist also nur der Euro-Kurs.

Als Hersteller von Schienenfahrzeugen mit einem Wertschöpfungsanteil von gegen 80 Prozent in der Schweiz wurden wir durch die Währungsverwerfungen innerhalb von 18 Monaten über 25 Prozent teurer.

Stadler Rail produziert hauptsächlich in der Schweiz. Finden Sie es bedenklich, dass dieses Kriterium nicht berücksichtigt wurde?

Die Schweiz hat wie die meisten entwickelten Länder die WTO-Richtlinien unterschrieben und es ist somit nicht möglich, den lokalen Wertschöpfungsanteil als Kriterium zu bewerten. Es gibt eine Ausnahme: Das sind die USA. Dort müssen bei öffentlichen Beschaffungen 60 Prozent im Land gefertigt werden.

Anderseits produziert auch Bombardier teilweise in der Schweiz.

Nach meinem Kenntnisstand kommen die Fahrzeuge komplett aus dem Strassenbahnwerk in Bautzen, Ostdeutschland.

Besonders schlimm für Sie dürfte sein, dass Stadler Rail eigentlich eine Zusage für den Auftrag hatte. Die BVB ist aber letztes Jahr aus der gemeinsamen Trambeschaffung mit der BLT ausgestiegen. Ärgern Sie sich sehr darüber?

Die Aufkündigung der gemeinsamen Trambeschaffung BLT/BVB kann und möchte ich nicht kommentieren. Das ist eine politische Frage zwischen den beiden Basel und geht uns als Hersteller nichts an.

Bis Anfang November konnte man gegen den BVB-Entscheid Rekurs einreichen. Weshalb haben Sie das nicht getan?

Ein Rekurs macht nur Sinn, wenn klare Verstösse gegen die Ausschreibungsbestimmungen vorliegen. Die BVB hat auf Nachfrage schriftlich bestätigt, dass das angebotene Konzept von Bombardier sämtliche Kriterien für die Teilnahme an der Ausschreibung erfüllt.

Wie stark haben Sie in Basel für Ihr Tram lobbyiert?

Stadler Rail versucht sich mit qualitativ hochstehenden Fahrzeugen im Markt durchzusetzen. Lobbying durch PR-Agenturen ist in der Regel kontraproduktiv. Daher verzichten wir darauf.

Hatten Sie vor dem Entscheid der BVB Kontakt mit SVP-Vertretern in Basel-Stadt – etwa mit Grossrat Patrick Hafner, der im BVB-Verwaltungsrat sitzt? Oder mit dem Basler SVP-Präsidenten Sebastian Frehner?

Grundsätzlich trenne ich meine unternehmerische und politische Tätigkeit klar. Herrn Patrick Hafner kenne ich nur dem Namen nach und habe ihn noch nie persönlich getroffen. Mit Sebastian Frehner habe ich selbstverständlich das eine oder andere mal während der Session über die Ausschreibung gesprochen. Aber wie bereits erwähnt, hat auch er nicht für Stadler lobbyiert.

Auch in Zürich schreibt man die Trams neu aus. Sind Sie nach dem Entscheid in Basel noch zuversichtlich, dass Sie den Auftrag erhalten werden?

Neues Spiel – neues Glück. Wir haben vor dieser Ausschreibung in Basel den Auftrag bei der BLT gewonnen und mit dem gleichen Konzept die Ausschreibung für über 32 Trams in der Stadt Genf gewonnen. Selbstverständlich werden wir in Zürich antreten, aber ebenfalls mit dem Handicap des starken Frankens.

Werden Sie in Zürich mit dem Preis runtergehen?

Möchten wir mit dem günstigsten Preis anbieten, müsste ich heute ein Schweizer Werk schliessen und eine Verlagerung an unseren Standort in Polen oder Ungarn vornehmen. Diesen Schritt wollen wir vermeiden.


Das Interview mit Peter Spuhler musste schriftlich geführt werden.

Artikelgeschichte

Peter Spuhler wünschte aus Zeitgründen ein schriftliches Interview.

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