«Im Rückblick muss man sagen: Es war ausgesprochen brisant»

Erneut ist Feuer unter dem Dach des Departements von Baschi Dürr. Der Basler Sicherheitsdirektor nimmt im Interview Stellung zum mutmasslichen «Erdogan-Spitzel» und kommentiert die Forderung nach seinem Rücktritt.

Das lässt er nicht auf sich sitzen: Baschi Dürr sagt, er würde einen liberalen Umgang mit Sans-Papiers pflegen. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Erneut ist Feuer unter dem Dach des Departements von Baschi Dürr. Der Basler Sicherheitsdirektor nimmt im Interview Stellung zum mutmasslichen «Erdogan-Spitzel» und kommentiert die Forderung nach seinem Rücktritt.

Am Anfang stand eine Enthüllung der «Basler Zeitung»: Ein Sicherheitsassistent der Basler Polizei, unteres Kadermitglied im Zeughaus, soll persönliche Daten von türkischen Mitbürgern, die sich kritisch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geäussert haben, abgefragt und weitergegeben haben. Der Vorfall lag drei Jahre zurück.

» Auf direktem Weg zum Interview

Daraufhin informierte das Justiz- und Sicherheitsdepartement, dass der Mann bereits im Fokus des Nachrichtendienstes gestanden hat. Im Spätsommer 2016 informierten die kantonalen Geheimdienstler auf Anweisung aus Bern die Polizeileitung, dass Y.S. (Name der Redaktion bekannt) auf sozialen Medien auffällig für Erdogan warb.

Polizeileitung blieb tatenlos

Massnahmen wurden keine ergriffen. «Die damaligen Abklärungen durch die Staatsanwaltschaft ergaben, dass kein hinreichender Tatverdacht gemäss Strafprozessordnung auf eine strafbare Handlung vorlag», teilt die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mit.

Nach den Enthüllungen der BaZ wurde der Mann polizeiintern genauer unter die Lupe genommen, 3000 Datenabfragen von Y.S. wurden untersucht. Dabei wurden die Ermittler fündig: Diesen Mittwoch, am 26. April, stellte die Kantonspolizei Strafanzeige. Y.S. soll «in unbefugter Weise Informationen aus polizeilichen Datenbanken bezogen haben», so die Staatsanwaltschaft.

Externe Untersuchung

Nun läuft gegen den mittlerweile freigestellten Beamten ein Verfahren wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Amtsgeheimnisverletzung. Die Stawa nahm Y.S. zwischenzeitlich fest. Dazu veranlasste Sicherheitsdirektor Baschi Dürr eine externe Untersuchung durch Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich. Uhlmann soll den damaligen Entscheid der Polizeileitung überprüfen, nicht gegen Y.S. tätig zu werden. Dürr will erst durch die Enthüllungen der BaZ vom Fall erfahren haben.

Damit steht der FDP-Regierungsrat Dürr erneut durch interne Probleme in seinem Departement unter Druck.

«Es gibt vorerst keinen Grund, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.»

Herr Dürr, was geschah mit den Daten, die Y.S. beschafft hat?

Es ist an der Staatsanwaltschaft, das anzuschauen. Ich kann dazu nichts sagen.

War der Mann auch im Vorfeld des türkischen Verfassungsreferendums aktiv?

Wie gesagt: Der Fall liegt nun bei der Staatsanwaltschaft.

Wieso wurde nicht schon im Herbst das Wirken von Y.S. vertieft untersucht, als die Polizeileitung vom Nachrichtendienst entsprechende Hinweise erhalten hat?

Ich verstehe die Frage gut. Die Polizeileitung kam damals zum Schluss, dass die vorliegenden Erkenntnisse nicht genügen, um eine Massnahme einzuleiten. Aber das will ich gerne sauber aufgearbeitet haben. Deshalb habe ich Professor Felix Uhlmann beauftragt, die Vorgänge im letzten Herbst zu untersuchen.

Warum hat die Polizeileitung Sie nicht über die Abklärungen des Nachrichtendienstes informiert?

Auch die internen Kommunikationsprozesse werden untersucht. Es läuft immer sehr viel in einem derart grossen Departement. Aber klar ist, dass das keine alltägliche Situation war, als der Nachrichtendienst auf uns zukam. Im Rückblick muss man sagen: Es war ausgesprochen brisant.

Handelt es sich um einen Einzelfall oder stehen weitere Mitarbeiter im Verdacht, für den türkischen Präsidenten Erdogan zu agieren?

Wir haben derzeit keine Hinweise auf weitere involvierte JSD-Mitarbeiter.

Nun wird Ihr Rücktritt gefordert und derjenige von Polizeikommandant Gerhard Lips. Wie kommentieren Sie diese Forderungen?

Es laufen jetzt zwei Untersuchen, eine strafrechtliche und die von mir veranlasste Untersuchung durch Professor Uhlmann. Bevor diese abgeschlossen sind, gibt es keinen Grund, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen. Wir werden jetzt warten müssen, bis klar ist, was Fakt ist und was nicht, was passiert ist und was nicht.

Die «Basler Zeitung», die den Fall publik gemacht hat, fordert Sie auf, keine ausländischen Staatsangehörigen mehr einzustellen.

Ich finde es immer noch richtig, dass in Basel-Stadt Ausländer Polizist werden können. Es leben ja in Basel auch viele ausländische Bürger, und ich glaube, dass die Akzeptanz des Korps besser ist, je besser es die Bevölkerung abbildet.

Also bleibt es dabei: Ausländer dürfen weiterhin Polizist werden?

Ich sehe im Moment keinen Grund, an dieser Politik etwas zu ändern.

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