In der Stadt steht ihm keiner vor der Sonne

Der Solarunternehmer Dominik Müller verlegte seinen Firmensitz vom Baselbiet in die Stadt. Seither brummt sein Geschäft.

Will seine Unternehmensteuern «nicht in einem Kanton zahlen, der alles bremst»: Solarunternehmer Dominik Müller ist mit seiner Firma Solvatec auf den Dreispitz in Basel gezogen. (Bild: Basile Bornand)

Der Solarunternehmer Dominik Müller verlegte seinen Firmensitz vom Baselbiet in die Stadt. Seither brummt sein Geschäft.

Seit Dominik Müller mit seiner Firma Solvatec auf den Dreispitz gezügelt ist, kann er sich vor Aufträgen kaum retten. Er beschäftigt heute doppelt so viele Festangestellte wie vor zwei Jahren. 30 Angestellte planen und installieren Solaranlagen, und das Geschäft läuft dermassen gut, dass er gar noch einmal ein halbes Dutzend Spezialisten dazu mieten musste. Und jetzt bekam er noch den Zuschlag für eine besonders repräsentative Fotovoltaikanlage: Seine Firma baut auf dem Dach des Hauptsitzes des Architekturbüros Herzog & de Meuron eine Anlage. Inzwischen macht Müller einen Umsatz im «zweistelligen Millionenbereich», finanziert die neu geschaffenen Stellen aus dem Gewinn seiner Aktiengesellschaft und wächst und wächst.

Am Anfang konnte sich der 48-Jährige noch nicht in einem solchen Erfolg sonnen, dazu waren die Umstände zu widrig. Begonnen hat er im Jahr 1996 als Startup-Firma in Frenkendorf. Später verlegte er den Sitz nach Füllinsdorf, schliesslich nach Muttenz. Und vor zwei Jahren entschied er dann, mit der Firma in die Stadt zu ziehen, an die Bordeaux-Strasse am Dreispitz.

Der Umzug war nicht zufällig: Enttäuscht von der Energie- und Wirtschaftspolitik im Baselbiet zog es den Ingenieur und Unternehmer in die Stadt. Er, der eine Überbauung in der Breite in Basel, ein Industriegebäude von Ikea in Lyssach oder den Laufstall eines Bauern in Seewen mit riesigen Anlagen ausrüstete, die bei strahlend schönem Wetter schon einmal das Stromnetz der Elektrizitätswerke an den Anschlag bringen, fühlte sich in seinem Wohnkanton als Unternehmer zu wenig unterstützt. «Ich zahle nicht gerne Unternehmenssteuern in einem Kanton, der alles bremst», sagt Müller.

Energiepolitik von vorgestern

Dabei ist Müller alles andere als ein Polteri. Doch er sagt klipp und klar: «Ich habe nicht das Gefühl, dass sich im Baselbiet etwas bewegt.» Als er von der Baselbieter FDP eingeladen wurde, erschrak er über die «energiepolitischen Vorstellungen von vorgestern». Dabei sei in der Fotovoltaik eine ähnlich rasante Entwicklung im Gange wie beim Computer vom Röhren- zum Flachbildschirm vor ein paar Jahren.

Doch die anderen Kantone hätten das Baselbiet, das noch in den 1990er-Jahren zu den Kantonen mit den meisten Solaranlagen zählte, längst überholt. Vor zehn Jahren schaffte es die Förderbeiträge für Fotovoltaikanlagen ab, weil diese zu wenig wirtschaftlich seien, und führte diese Unterstützungsbeiträge seither nicht wieder ein – auch nicht nach Fukushima.

Im Baselbieter energiepolitischen Paket zur Förderung erneuerbarer Energien gibt es Beiträge an Holz­pelletanlagen, für den Ersatz von Elektroheizungen bis hin zu Beiträgen an energiesparende Fenster, doch wer eine Solarstromanlage auf seinem Dach installieren lässt, bekommt vom Kanton keinen Rappen.

«Das Baselbiet ist ein Kanton im Stand-by-Modus.»

Für Müller ist dies absolut unverständlich: «Im Baselbiet gibt es sehr gute Leute in der Verwaltung, die wissen, dass bei der Fotovoltaik jetzt die Post voll abgeht. Doch keiner handelt, jeder wartet immer auf irgendeinen Entscheid eines anderen. Das Baselbiet ist ein Kanton im Stand-by-Modus.» Aufgehellt wenigstens durch die Förderprogramme der Energiewerke.

Kein Verständnis hat der Unternehmer auch dafür, dass wegen parteipolitischer Ränkespiele der neu gewählte grüne Regierungsrat Isaac Reber, ein ausgewiesener Energiespezialist, nicht die Bau- und Umweltschutzdirektion übernehmen durfte.

Ganz anders die Situation in der Stadt. Hier ist die Förderung erneuerbarer Energien dermassen stark verankert, dass selbst bei einem Regierungswechsel keiner alles über den Haufen wirft. «Die Förderpolitik in Basel ist einmalig konsequent und grosszügig und kommt dank des Energierappens erst noch ohne Steuergelder aus», sagt der Solarunternehmer.

Im nächsten Jahr gastiert die Tagung des Fachverbandes für Sonnenenergie Swissolar zum ersten Mal in Basel. Für Müller ein Hoffnungsschimmer, dass die Region sich nicht mehr einfach damit begnügt, die Pharma­industrie und Life-Sciences-Firmen zu hegen und pflegen, sondern sich auch um Firmen kümmert, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind. «Eigentlich wäre die Region, die ja seit dem Widerstand gegen das Atomkraftwerk Kaiseraugst für Energiefragen sensibilisiert ist, prädestiniert, sich bei den erneuerbaren Energien stark zu positionieren. Doch noch fehlt der Sog», sagt der Solarunternehmer.

 

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.08.12

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