In Pratteln lebt man weit besser als in Riehen und Baden (!) schlägt Basel als Kulturstadt

Baden läuft als Kulturstadt Basel weit den Rang ab und Pratteln liegt in Sachen Lebensqualität 27 Ränge vor Riehen. Das geht aus dem Städte-Ranking der Wirtschaftszeitschrift «Bilanz» hervor, das sich mit seinen Bewertungen primär selber infrage stellt.

Eine Reitwurst vor der Metzgerei (hier in Riehen) garantiert noch keine Lebensqualität. Riehen landet beim Städte-Ranking der «Bilanz» abgeschlagen auf Platz 129.

(Bild: Dominique Spirgi)

Die Zeitschrift «Bilanz» tut ihrem Namen regelmässig alle Ehre. Alle Jahre im März veröffentlicht sie die vielbeachtete Liste der 300 reichsten Schweizer, sie erstellt Ranglisten der jeweils 100 wichtigsten Banker und Wirtschaftsakteure, und sie ermittelt, welche Schweizer Städte die höchste Lebensqualität aufweisen – und welche eben nicht.  
Genauer: Die «Bilanz» lässt ihr «Städte-Ranking» ermitteln. Vom Immobilien- und Standortspezialisten Wüest & Partner. Nun aber zum Resultat: Zürich liegt in Sachen Lebensqualität an der Spitze, gefolgt von Zug und Winterthur. Steffisburg landet auf dem 162. und damit letzten Platz. Basel musste sich von Aarau überholen lassen und liegt auf Platz 7.  Pratteln hat sich gegenüber dem letzten Jahr um stattliche 20 Plätze auf Rang 102 vorgeschoben, während Riehen einen Absturz um 33 Plätze auf Rang 129 verkraften muss.

Riehen von der Spitze zum Unort

Platz 129 von 162? Das mieft ganz gehörig nach Unort. Dabei war dies mal ganz anders: 2006 feierten die Wirtschaftszeitung «Cash» (selig) und das Magazin «L’Hebdo» Riehen als Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Knapp vor Zug – hier sind sich die Ranker von «Bilanz» und «Cash» zumindest einig. Aber warum das Stadtdorf Riehen, das doch soeben sein Zentrum verschönert hat, so weit nach unten rutschen konnte, ist schwer nachvollziehbar. Dass sich die SVP in den letzten Jahren zur stärksten politischen Kraft entwickelt hat, kann nicht den alleinigen Ausschlag dafür gegeben haben.



Pratteln, hier dargestellt auf einer Postkarte des örtlichen Verschönerungsvereins, macht im Bilanz-Städte-Ranking 20 Plätze gut.
Pratteln, hier dargestellt auf einer Postkarte des örtlichen Verschönerungsvereins, macht im Bilanz-Städte-Ranking 20 Plätze gut. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Nach welchen Kriterien wird beurteilt? Es sind elf an der Zahl, die alle gleichwertig zählen: Von Arbeitsmarkt und Einkaufsinfrastruktur über Bildung und Erziehung, Kultur und Freizeit, Bevölkerungsentwicklung und Wohnungsmarkt, Gesundheit und Sicherheit bis zu Mobilität und Verkehr sowie Steuerattraktivität, Kaufkraft und Krankenkassenprämien.

Düsteres Baselbiet

Natürlich gibt es Punkte, die nach diesen Kriterien leicht nachvollziehbar sind. Dass Basel bei der Steuerattraktivität weit hinter Zug liegt zum Beispiel. Dass die Schlafstadt Riehen in Sachen Arbeitsplätze nicht viele Punkte machen kann. Oder dass sich Muttenz nicht wegen des Kulturangebots mit Rang 63 den besten Platz unter den Baselbieter «Städten» sichern konnte.

Das Baselbiet kommt übrigens allgemein nicht sonderlich gut weg im «Bilanz»-Ranking. Die meisten der zehn Gemeinden, die aufgeführt sind, tummeln sich in der hinteren Hälfte der Rangliste. Der Kantonshauptort Liestal (Platz 74), Arlesheim (75) und Münchenstein (78) schafften es zusammen mit Muttenz knapp noch in die obere Hälfte. Bei Binningen (94) fängt aber das Elend an, das mit Reinach (Platz 148) und Birsfelden (153) seine Tiefpunkte findet.

Basel nur bei der Bildung auf dem Podest

Schauen wir uns aber mal die Bewertung Basels genauer an. Beim Kriterium «Erholung» sieht es mit Rang 138 ausgesprochen bitter aus. Laut «Bilanz»-Ranking ist «Glarus Nord» die erholsamste Stadt. Glarus Nord? Das gibt es tatsächlich. Auch bei der «Entwicklung Stadtbevölkerung und Wohnungsmarkt» muss sich Basel mit Rang 118 zufrieden geben. Hier belegt Opfikon den Spitzenplatz. Viel besser platziert ist Basel indes bei der «Bildung» mit Platz 2 hinter dem Spitztenreiter Winterthur.

Aber was ist mit dem Kriterium «Kultur und Freizeit»? Hier liegt die selbsternannte Kulturstadt lediglich auf Platz 13. Also weit hinter Baden, Olten und Neuenburg, die in dieser Reihenfolge die ersten drei Plätze belegen. Nichts gegen Baden, aber irgendwie kommt man als Basler nicht um die Mutmassung herum, dass die Verantwortlichen des Rankings den Begriff «Kurstadt» mit Kulturstadt verwechselt haben.

Beamte sorgen für einen Spitzenplatz

Was braucht es nun, um im «Bilanz»-Ranking einen Spitzenplatz zu erhalten? Viele Beamte und Pendler zum Beispiel. So belegt Bern beim Kriterium «Arbeitsmarkt» einen Spitzenplatz (die Pharmastadt Basel liegt hier auf Platz 7). «Die Stadt profitiert von den relativ stabilen Arbeitsplätzen in der Bundesverwaltung und den staatsnahen Betrieben», heisst es zu Bern. Hier darf es also auch mal mehr Staat und weniger Freiheit sein, so erstaunlich dieser Schluss in einer Wirtschaftszeitschrift auch klingen mag.

Zürich wiederum belegt beim Kriterium «Mobilität und Verkehr» den Spitzenplatz (Basel liegt hier auf Platz 4). «Bei der Mobilität ist Zürich nicht zu schlagen», heisst es. «Rund 400’000 Personen steigen täglich beim Zürcher Hauptbahnhof ein, aus und um.» Den quantitativen Spitzenplatz in Sachen Verkehr wird Zürich sicher niemand absprechen. Aber erhöht viel Verkehr die Lebensqualität wirklich?

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