Normalerweise beschäftigen sich Politiker mit profanen Fragen. Nicht so im Baselbieter Wahlkampf. Da geht es plötzlich um den Glauben. Aber Gott sei Dank nicht nur.
Es ist, als würde ein Wunder geschehen. Der Baselbieter Wahlkampf beginnt mit wirklich interessanten Fragen. Einer grossen und einer ganz grossen.
Erstens: Kann man die neue Mitte im Baselbiet noch ernst nehmen?
Zweitens: Wo steht Gott politisch?
Fangen wir bei der ersten Frage an, die sich sehr viel einfacher beantworten lässt: Nein, die neue Mitte muss man spätestens jetzt nicht mehr ernst nehmen, mit ihr ists schon wieder vorbei. Die Allianz aus CVP, EVP, BDP und Grünliberalen fällt bereits bei der ersten halbwegs ernst zu nehmenden Probe auseinander. Die EVP empfiehlt den SP-Mann Eric Nussbaumer zur Wahl und die CVP den SVPler Thomas Weber, so dass die Grünliberalen mit ihrem eigenen Kandidaten Gerhard Schafroth nun ziemlich alleine dastehen.
Ganz offensichtlich war die neue Mitte im Baselbiet nicht viel mehr als ein Marketinggag, mit dem sich die mediokre Parteien ein bisschen wichtig machen wollten. Polit-PR im Nachgang zu den Wahlen 2011 eben, das klang zwar am Anfang noch gut, erweist sich inhaltlich nun aber als ziemlich hohl.
«Gott ist ein Linker»
Womit wir schon bei der zweiten, sehr viel gewichtigeren Frage wären, jener nach Gott. Nussbaumer, der Freikirchler, beantwortete sie als erster – mit einer sehr klaren Aussage. «Gott ist ein Linker», sagte er der Basler Zeitung. Und er konnte sogar noch eine Begründung nennen: Gott ist der Inbegriff der Solidarität, immer auf der Seite der Schwachen. So eben wie die Linken (theoretisch zumindest).
Der Widerspruch liess nicht lange auf sich warten. Nussbaumer instrumentalisiere die Bibel für seine Zwecke, monierte Pascal Ryf, Vorsteher der CVP-Vereinigung «Kirche und Gesellschaft im Dialog» im «Sonntag». Und irgendwie muss man dem Mann recht geben: Gott ist für alle da. Niemand darf ihn vereinnahmen. Absolut niemand! Ausser vielleicht die eigene Partei, die das Christliche ja schon im Namen trägt und sich gemäss einem Positionspapier der «vertikalen Dimension verpflichtet fühlt». Und damit über diesem unsäglichen Hin und Her zwischen den «unverträglichen Links-Rechts-Polen» steht.
Ist Gott also in der erhabenen Mitte zu suchen, bei den Politikern, welche die alten Werte hochhalten. Die Verantwortung für sich und andere, den Respekt, die Familie (theoretisch zumindest)?
Thomas Weber glaubt wahrscheinlich etwas ganz anderes. Er, der SVPler, spielt ähnlich wie Nussbaumer eine aktive Rolle in der eigenen Kirchgemeinde. Und wahrscheinlich sieht auch er darin überhaupt keinen Widerspruch zu seiner Politik. Ganz im Gegenteil.
Ist Gott also ein heimlicher Sympathisant der SVP, weil ihm die Selbstverantwortlichkeit noch sehr viel wichtiger ist als Solidarität, ganz anders als Nussbaumer das vermutet?
Reden möchte Weber derzeit aber nicht, zumindest nicht in der Öffentlichkeit, weil es ihm im Wahlkampf um Profaneres geht. Um die grossen Geld- und Strukturprobleme des Baselbiets zum Beispiel.
Weder links, noch rechts, noch in der Mitte
So lieferte die EVP bis jetzt den vielleicht interessantesten Hinweis auf die politische Präferenzen Gottes. Die Partei entschied sich gegen die politische Verbandelung (und den Mitte-Kandidaten Gerhard Schafroth) und gegen politisches Kalkül (und damit gegen eine Zusammenarbeit mit der wählerstärksten Partei, der SVP) und für die eigenen Überzeugungen. Und damit für Eric Nussbaumer, den Linken, der in gesellschaftlichen Fragen aber eher konservativ ist.
Vielleicht verhält es sich ganz ähnlich mit Gott (wenn es ihn denn gibt): Er ist weder links, noch rechts, noch in der Mitte. Sondern ganz einfach oben.