Jetzt droht das AKW-Milliardengrab

In den AKW-Fonds klaffen Milliarden-Löcher, die der Steuerzahler notfalls stopfen müsste. Jetzt laufen Strafklagen gegen die Atom-Firmen wegen Bilanzfälschung.

AKW Goesgen am Donnerstag, 9. August 2012. (KEYSTONE/Alessandro Della Bella) (Bild: ALESSANDRO DELLA BELLA)

In den AKW-Fonds klaffen Milliarden-Löcher, die der Steuerzahler notfalls stopfen müsste. Jetzt laufen Strafklagen gegen die Atom-Firmen wegen Bilanzfälschung.

Die SP warnt vor einer Unterdeckung im Fonds zur Stilllegung der AKW: «Wir haben da ein Riesenloch von über sieben Milliarden Franken», sagte der Basler SP-Nationalrat Beat Jans in Bern vor den Medien. Der Grund für dieses atomare Klumpenrisiko: «Die AKW-Betreiber schönen ihre Bilanzen», sagte Jans, «wenn der Tag der Wahrheit kommt, könnte das Loch noch viel grösser werden.» Für die Schweiz sei das, was insbesondere die Atom-Firmen Gösgen und Leibstadt machten «eine drohende Katastrophe». Denn wie schon bei den «systemrelevanten» Grossbanken würden die KKW-Milliardenkosten letztlich dem Bund und damit den Steuerzahlenden aufgebürdet.

Es geht um die gesetzlich vorgeschriebenen Fonds für die Stilllegung und die Entsorgung von Atommüll und ausgebrannten Atomkraftwerken: Diese Fonds stünden heute da, «wie eine Pensionskasse mit einer 50-prozentigen Unterdeckung aber nach oben offenem Leistungsprimat», warnte Nationalrat Jans. Sein Partei- und Ratskollege Roger Nordmann rechnete konkret vor: Derzeit lägen insgesamt nur etwas über 4 Milliarden Franken in diesen Fonds. Dabei wären mehr als 11 Milliarden nötig. Gemäss ihren Standortbewilligungen müssen die Kernkraftbetreiber nach der Stilllegung der Werke an deren Stelle wieder eine «grüne Wiese» herstellen.

Gösgen und Leibstadt sind «finanziell sehr schwach aufgestellt».

Nicht sehr problematisch sei dies für das AKW Mühleberg, das der BKW gehört. Dramatisch sehe es hingegen bei Gösgen-Däniken und Leibstadt aus: Diese eigenständigen AGs seien mit 347 und 506 Millionen Eigenkapital im Vergleich zu den drohenden Risiken «finanziell sehr schwach aufgestellt», betonten die Energiefachleute der SP. Und die Absicherungsverträge mit ihren Muttergesellschaften seien leider geheim. Darum laufen jetzt Strafklagen gegen die zwei KKW-Firmen wegen Verdachts auf Bilanzfälschung.

Staatsgarantie wie bei Grossbanken

Sollten die Kläger Recht bekommen, müsste die Leibstadt AG 900 Millionen und die Gösgen AG fast eine Milliarde Franken nachschiessen, womit die beiden Betriebsgesellschaften «sofort in Konkurs wären», warnte Jans. Und schlussendlich müssten nach Artikel 80 Abs. 4 im Kernenergiegesetz der Bund und damit die Steuerzahlenden für die Fehlbeträge in den Fonds aufkommen, betonte Nordmann.

Faktisch verfügten die beiden «systemrelevanten» Grossanlagen in Gösgen und Leibstadt somit über eine Staatsgarantie. Und für die Schweiz sei dies ein atomares Klumpenrisiko in Milliardenhöhe. Jetzt fordern die SP-Politiker:

  1. Wie für Grossbanken müssten auch die Eigenkapitalvorschriften für AKW-Betreibergesellschaften risikogerecht festgelegt und rasch erhöht werden.

  2. Statt mit illusorischen 5 Prozent Renditeerwartungen müssten die AKW-Fonds sofort mit nur noch maximal 3,5 Prozent rechnen dürfen.

  3. In den nächsten 10 Jahren sollen «die fehlenden Mittel in die Fonds nachbezahlt» werden.

Leuthard ist gewarnt

Die zuständige Energieministerin, Doris Leuthard sei über das Milliarden-Problem schon lange informiert worden, betonte Nationalrat Nordmann. Der Bundesrat müsse sich damit befassen. Und auch die zuständigen Parlamentskommissionen seien gefordert.

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