Die Basler Spitäler bekommen Geld für Investitionen. Wofür sie das Geld verwenden, interessiert den Kanton nur am Rand.
Es war ein nebliger Morgen im Februar vor drei Jahren, als der Grosse Rat zusammenkam. Zuoberst auf der Themenliste stand das Gesetz über die öffentlichen Spitäler. Im Jahr darauf sollten diese in die Selbstständigkeit entlassen werden, und das Gesetz musste umgeschrieben werden.
Eine der vieldiskutierten Fragen lautete an diesem Vormittag im Grossratssaal: Wo sollen sich die Spitäler in Zukunft Geld leihen können, wenn die eigenen Mittel für Investitionen nicht ausreichen?
Die Mitglieder der Gesundheitskommission waren sich uneins: Einige wollten den Kanton als möglichen Kreditgeber ausdrücklich im Gesetz aufführen, andere hielten es für keine gute Idee, dass der Kanton in Zukunft als Bank der Spitäler auftreten sollte.
Wortführer der Skeptiker war der heutige Regierungsrat Baschi Dürr. «Es geht hier um die Frage, wie weit das Finanzvermögen des Kantons als Hausbank für kantonsnahe Institutionen dienen darf», sagte der FDP-Grossrat zur Eröffnung der Debatten.
Sorgen bereitete ihm unter anderem, dass das Parlament bei Kreditvergaben nicht mitentscheiden könne. «Wir bekunden Mühe mit der Aussicht, dass die Spitäler künftig auf diese Möglichkeit zurückkommen, ohne dass der Grosse Rat Einfluss nehmen könnte.»
Grossbaustelle Operationstrakt
Die Skeptiker setzten sich durch und der Kanton verschwand als expliziter Geldgeber aus dem Gesetzestext. Die neue Formulierung lautete: «Die öffentlichen Spitäler können Fremdkapital aufnehmen.» Die Möglichkeit, öffentliche Gelder zu beziehen, blieb damit weiter bestehen.
Heute, drei Jahre später, möchte das Universitätsspital vom Kanton einen ersten Kredit aufnehmen. Im laufenden Betrieb erneuert das Spital alle zwölf bisherigen Operationssäle und baut drei zusätzliche. Die Kosten wurden vom Spital auf 130 Millionen Franken veranschlagt. Weil die Bauarbeiten mindestens zwei Jahre länger dauern als geplant, dürften diese am Ende um einiges höher ausfallen.
Das Projekt Operationstrakt Ost ist bereits heute die teuerste Baustelle im Kanton. So teuer, dass das Spital dafür zusätzliches Geld benötigt. Nicht weil das Geld fehlen würde, sondern, wie Spitaldirektor Werner Kübler sagt, «weil Beträge, wie sie für Grossvorhaben wie den OP-Ost in kurzer Zeit eingesetzt werden, nicht auf dem Bankkonto liegen». In welcher Grössenordnung sich der Kredit bewegt, will das Spital zurzeit nicht kommunizieren.
Zürich schickt seine Spitäler zu Banken
Die Frage, wie die Spitäler in Zukunft ihre Investitionen bezahlen sollen, sorgte in den vergangenen Jahren nicht nur im Basler Rathaus für Diskussionen. Schweizweit sorgen sich Spitalbetreiber und Gesundheitspolitiker darum, wie die Spitäler in Zukunft ihre Um-, Aus- und Neubauten finanzieren können.
Seit der Umsetzung des neuen Krankenversicherungsgesetzes bezahlen die Versicherten über einen Zuschlag von zehn Prozent die Investitionskosten der Spitäler. «Viel zu wenig», warnten Spitalbetreiber und Gesundheitsexperten. Doch Bundesrat Alain Berset liess sich davon nicht beirren. Jetzt bemühen sich Spitäler auf dem freien Markt oder bei den Kantonen um zusätzliche Mittel.
Christian Elsener, Leiter Immobilienbewertung und Experte für Spitalimmobilien bei PricewaterhouseCoopers sagt, es mache grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Spitäler Fremdkapital beim Kanton oder bei einer Bank aufnehmen. Vorausgesetzt, der Kanton mache das zu marktüblichen Bedingungen. Letztlich sei das ein politischer Entscheid.
Kantone wie Zürich oder Aargau fordern die Spitäler auf, notwendige Kredite bei privaten Geldgebern aufzunehmen. «Als Grundlage für jede Kreditvergabe», sagt Elsener, «braucht es aber einen Businessplan, der vom Kanton genau geprüft werden muss.»
Basel setzt auf Vertrauen
Beim Kanton Basel-Stadt sieht man das alles etwas unverkrampfter. Peter Schwendener, Leiter der Finanzverwaltung, spricht von einem «Vertrauensverhältnis» zwischen Kanton und Spital. Wichtig sei vor allem, die Konditionen des Kredits auszuhandeln. Wofür das Geld dann verwendet wird, entscheide das Spital.
Businessplan? Fehlanzeige. Stattdessen verweist Schwendener auf einen Grossratsentscheid, der vor der Verselbstständigung bereits einmal einen nie ausgeschöpften Baukredit abgesegnet hatte. Und dabei von einer halb so langen Bauzeit ausgegangen war.
Bei David Wüest-Rudin klingeln die Alarmglocken. Der Parteipräsident der Grünliberalen Basel-Stadt sass gemeinsam mit Baschi Dürr in der Gesundheitskommission, als diese das neue Spitalgesetz verhandelte. Er sieht kein grundsätzliches Problem darin, wenn die Spitäler beim Kanton Kredit aufnehmen. «Der Kanton darf das aber nicht blauäugig finanzieren. Er muss genau hinschauen und darf das Geld nicht blindlings zur Verfügung stellen.» Der Kanton müsse ausgehend von Evaluationen und Businessplänen über Kreditvergaben entscheiden. «Ich erwarte, dass sich der Kanton wie eine Bank verhält. Andernfalls muss sich etwas ändern.»
In seine Rolle als Bank muss sich der Kanton erst noch hineinfinden. «Da muss sich noch eine Praxis entwickeln», sagt Schwendener von der Finanzverwaltung. Und der Kanton tut gut daran, wenn er hier demnächst ein paar klare Richtlinien schafft. Denn die nächsten Grossinvestitionen stehen bereits bevor: der Neubau des Klinikums 2 am Universitätsspital und der Neubau des Felix-Platter-Spitals. Die Kosten dürften jene des Operationstrakts Ost um ein Vielfaches übersteigen.