Nur was im Bild festgehalten ist, hat stattgefunden. Das galt schon vor 100 Jahren – für Reiseerinnerungen wie auch für Kriegserlebnisse.
Ferienzeit. Reisezeit. Wieder daheim, hat man etwas zu berichten. Jedenfalls wenn man einer der drei Männer im Rauchcoupé ist, mit denen uns ein Inserat in der «National-Zeitung» vom 31. Juli 1914 bekannt macht: «Jeder brüstete sich, seinen Urlaub besser verbracht zu haben als die beiden anderen. Zwei von ihnen erzählten weitschweifig, wie sie die Zeit verbrachten, was sie alles gesehen und getan haben, sprachen über Menschen, die sie getroffen haben, doch hatten sie nichts zu zeigen, dass sie lustigere Ferien verbrachten als irgend ein Anderer. Da nahm der dritte Herr dreissig oder vierzig Kodak-Momentaufnahmen aus seinem Notizbuch und bewies nun seinen Gefährten, wie glücklich er war.»
Das Fazit, mit dem der glückliche Urlauber die zwei andern entlässt, kann denn auch nicht wirklich überraschen: «Ich gehe niemals ohne meine Kodak auf Urlaub, die Erfahrung hat mich gelehrt, dass ein Urlaub ohne Kodak verlorene Zeit bedeutet.»
Wo der Glückliche seine Ferien verbracht hat, verrät uns das Inserat allerdings nicht. Sollte er der Begleiter der jungen Dame gewesen sein, die das Inserat beim Vorbereiten einer Aufnahme zeigt, fanden die Ferien am Genfersee statt. Die Burg am Seeufer, in der wir Schloss Chillon erkennen dürfen, legt das nahe.
«Die besten Erfolge auf allen Kriegsschauplätzen»
Gut möglich, dass sie den Apparat erst kurz vor der Reise in den Urlaub erworben hatte, weist das Inserat doch darauf hin, «dass der Gebrauch eines Kodaks in einer halben Stunde erlernt ist». Die Preise für Kodak-Kameras bewegten sich 1914 zwischen 40 und 500 Franken. Den Klapptaschen-3A-Kodak-Apparat, mit dem sich Bilder im Postkartenformat schiessen liessen, erhielt man damals für 140 Franken. Zum Vergleich: Für das Jahresabonnement – von der Post zugestellt – der «Basler Nachrichten» bezahlte man damals 21 Franken, für jenes der «National-Zeitung» 16.50 Franken.
Im Sommer 1914 wurden nicht nur Ferienfotos gemacht. Im August 1914 entflammte der 1. Weltkrieg, und sogleich kursierten die ersten Bilder. «Geschossen» wurden die Bilder von Armeefotografen, aber auch vom einfachen Soldaten. Diesem stand mit der Vest Pocket Camera von Kodak ein handlicher kleiner Fotoapparat zur Verfügung, der sich leicht in den Kriegsdienst mitnehmen liess. Vergleichbare Geräte boten auch andere Hersteller an, so etwa die Heinrich Ernemann AG in Dresden, die ihre «Feldkameras» mit dem Slogan «Die besten Erfolge auf allen Kriegsschauplätzen» anpries.