Normalerweise feiert die Bahn neue Hochgeschwindigkeitsverbindungen öffentlichkeitswirksam. Doch den neuen TGV-Direktzug von Basel nach Marseille haben die französischen Staatsbahnen still und leise eingeführt.
Südfrankreich rückt näher an Basel und keiner weiss es: Seit dem 7. Juli fährt ein direkter TGV von Basel über Lyon in 5 Stunden und 19 Minuten direkt nach Marseille. Doch gab es keine feierliche Einweihung der neuen Direktverbindung, keine Ansprachen, nicht einmal ein Communiqué verschickte die Französische Staatsbahn SNCF.
Die SBB informierte zwar am Rande des letzten Fahrplanwechsel im Dezember über die Absicht der SNCF, eine neue Direktverbindung einzuführen. Doch selbst das SBB-Personal am Bahnhof Basel erfuhr erst zwei Wochen vorher, dass der neue TGV am 7. Juli tatsächlich zum ersten Mal fahren wird. «An einem Morgen stand dann plötzlich dieser Zug im französischen Bahnhof», sagt eine Billettverkäuferin gegenüber der TagesWoche.
Basel-Marseille, ohne umsteigen
Das ist erstaunlich, geht es doch nicht um irgendeine neu befahrene Nebenlinie oder um einen leicht dichteren Fahrplan, sondern um eine neue Direktverbindung mit einem Hochgeschwindigkeitszug. Wer bisher nach Marseille wollte, musste in Mulhouse umsteigen, oft auch noch in Lyon.
Dies entfällt jetzt dank der direkten Verbindung Basel ab 7 Uhr 27, Marseille an 12.46. Der direkte TGV zurück verlässt Marseille um 14 Uhr 22 und kommt in Basel 19.56 an. Doch die neue bequeme Bahnverbindung über Dijon (2 Stunden), Mâcon (3 Stunden), Lyon (3.5 Stunden), Avignon (4 Stunden) ist bis jetzt erst eingefleischten Bahnkennern wie der Sektion Nordwestschweiz von Pro Bahn bekannt.
Der TGV endet statt im Provinzbahnhof Mulhouse, neu in einem anderen Provinzbahnhof: dem französischen Bahnhof Basel.
Eine Anfrage bei der Pressestelle von TGV-Lyria, der Tochtergesellschaft von SNCF und SBB, welche 23 TGV-Verbindungen von der Schweiz nach Frankreich vermarktet, führt nicht weiter. Denn im Gegensatz zur Verbindung Genf-Marseille betreibt die TGV Linie Basel-Marseille nicht die Französisch-Schweizerische Gesellschaft Lyria, sondern die SNCF im Alleingang.
Und hier liegt wohl die Erklärung für die seltsam stille Einführung des Topangebots: Aus der Optik der französischen Staatsbahn ist die Verlängerungen der Verbindung von Marseille-Mulhouse nach Basel wohl nur einen kleinen Unterschied.
Überspitzt gesagt: Von Paris aus betrachtet endet der Zug wohl einfach statt im Provinzbahnhof Mulhouse, neu in einem anderen Provinzbahnhof, nämlich im französischen Bahnhof Basel. Und hier hat die SNCF auch gar keine eigenen Verkaufskanäle mehr. Dabei ist Marketingspezialisten längst bekannt, dass Zugfahrten, bei welchen die Reisenden nicht umsteigen müssen, die Zahl der potentiellen Kunden sofort in die Höhe schnellen lässt.
In gut fünf Stunden in die Kulturhauptstadt 2013 flitzen
Wer die neue Verbindung in die Kulturhauptstadt 2013 an der Côte d’Azur testen und in den Süden flitzen will, kann bei den SBB ein Billett kaufen. Und wer nicht weiss, was er in der Stadt machen soll, dem empfehlen wir unseren Beitrag in der Rubrik Wochenendlich zu Marseille. Einen Zuschlag für Schweizer Kunden gibts höchstens beim Wechselkurs, denn die Verbindung gilt als innerfranzösisch.
Je nach Auslastung der Züge kostet ein einfaches Billett Basel-Marseille bis zu 151 Schweizer Franken zum Normaltarif am Wochenende. Wer frühzeitig oder für einen Werktag bucht, kommt aber billiger weg. Am günstigsten ist es meist exakt 90 Tage vor Reisebeginn. Dann gibts eine Handvoll Tickets für 25 Euro. Diese kommen online um Mitternacht in den Verkauf. Der private Stationshalter Ueli Pfister vom Verkehrsladen Tecknau hat jedoch die Erfahrung gemacht, dass diese Billigst-Tickets meist schon ein paar Minuten nach Mitternacht vergriffen sind.