Während des Kuba-Aufenthalts von Barack Obama bemühten sich Gast wie Gastgeber um Freundlichkeit. Das offizielle Kuba reagierte auf Obamas Aussagen reservierter als viele Durchschnittsbürger. Wie geht es weiter mit dem Annäherungsprozess zwischen den USA und Kuba?
«Ich habe das Gefühl, die kubanische Regierung ist nun in der Defensive», sagt Carlos Delgado, der als Fassadenkletterer arbeitet. Die mit Spannung erwartete Rede von US-Präsident Barack Obama an das kubanische Volk am Dienstag hat er zuhause vor dem Fernseher verfolgt. «Obama hat wichtige Dinge angesprochen und viel Wahres gesagt.»
In seiner halbstündigen Ansprache vor rund 1000 ausgewählten Gästen, die ein weites Spektrum der kubanischen Gesellschaft repräsentierten, streckte Obama seine Hand in Freundschaft aus. Er sei «hergekommen, um die Überreste des Kalten Krieges zu begraben». Die Politik der Anfeindungen und Blockade der Vergangenheit habe nicht funktioniert. «Wir müssen den Mut haben, das anzuerkennen und dürfen keine Angst vor Veränderungen haben», sagte Obama. «Ich glaube an das kubanische Volk», so Obama weiter und hob die selbstständigen Unternehmer hervor, lobte das Improvisationstalent und die Kreativität der Kubaner.
Erneut forderte er die Aufhebung der Blockade durch den US-Kongress. «Das Embargo ist eine Belastung für das kubanische Volk», sagte er und erntete dafür heftigen Applaus. «Es ist eine Belastung für die US-Amerikaner, die in Kuba arbeiten, Geschäfte machen oder investieren wollen.» Aber es seien auch Veränderungen in Kuba nötig. Es müsse einfacher werden, Unternehmen zu eröffnen und über das Internet zu kommunizieren.
Einen bemerkenswerten Moment gab es während der gemeinsamen Pressekonferenz von Raúl Castro und Barack Obama am Montag. Dabei musste sich Kubas Präsident kritische Fragen zur Menschenrechtssituation auf Kuba gefallen lassen. Als ein CNN-Reporter die politischen Gefangenen ansprach, entgegnete Castro aufgebracht: «Welche politischen Gefangenen? Geben Sie mir Namen. Noch vor heute Abend werden sie freigelassen.» Eine entsprechende Liste blieb der Fragesteller jedoch schuldig. Obama seinerseits blieb von Fragen zu politischen Gefangenen der USA in Guantanamo verschont.
Kuba wird immer wieder wegen Festnahmen von Oppositionellen kritisiert. In ihrem Menschenrechtsreport von 2015/16 verzeichnet Amnesty International allerdings keine politischen Gefangenen in Kuba; Kritiker der kubanischen Regierung hingegen sprechen von bis zu 90 politischen Häftlingen. Die kubanischen Behörden behaupten, dass diese wegen gemeiner Delikte verurteilt wurden.
Auch wenn viele Kubaner die Schwierigkeiten im täglichen Leben beklagen – Mangelwirtschaft, Korruption, niedrige Einkommen – geniessen die Oppositionellen in der kubanischen Bevölkerung kaum Sympathien.
Kuba will Guantanamo zurück
Raúl Castro verwahrte sich gegen eine Politisierung der Menschenrechtsfrage. Kuba werde seinen souverän gewählten Weg nicht aufgeben. Der Präsident wiederholte die kubanische Position, dass die Aufhebung der Blockade und die Rückgabe von Guantanamo essenziell für eine Normalisierung der Beziehungen seien.
Der kubanische Intellektuelle Luis Suarez sagte gegenüber der spanischen Tageszeitung Público, man müsse eine «Anormalisierung» statt der «Normalisierung» der bilateralen Beziehungen suchen, da die USA sich in der Vergangenheit das Recht anmassten, sich in die inneren Angelegenheiten Kubas einzumischen.
So oder so liegt ein langer Weg vor beiden Ländern – es wird wohl einer der kleinen Schritte werden, das hat der Obama-Besuch klargemacht. Das jahrzehntelange Misstrauen auf beiden Seiten verschwindet nicht über Nacht.