Knappe Kontingente – Novartis stoppt Ausbildungsprogramme

Die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative setzt Novartis bereits jetzt zu. Der Basler Pharmamulti musste Ausbildungsprogramme stoppen, weil die Kontingente für Drittstaatenangehörige fast aufgebraucht sind – und pocht nun auf den Erhalt der Personenfreizügigkeit mit der EU.

Bei der Personalsuche eingeschränkt: Die Kontingente für Drittstaaten waren schon im März ausgeschöpft.

Die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative setzt Novartis bereits jetzt zu. Der Basler Pharmamulti musste Ausbildungsprogramme stoppen, weil die Kontingente für Drittstaatenangehörige fast aufgebraucht sind – und pocht nun auf den Erhalt der Personenfreizügigkeit mit der EU.

Die Masseneinwanderungs-Initiative der SVP hat den Basler Pharmastandort erreicht. Die Kontingente für Angestellte aus Drittstaaten, also etwa den USA, Indien oder China, sind beinahe ausgeschöpft. Das bestätigen die Firmen Roche und Novartis sowie der Basler Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin. 

Brutschin erklärt auf Anfrage, die dem Kanton zugeteilten 136 Arbeitsbewilligungen für Fachkräfte aus Drittstaaten seien bereits im März aufgebraucht gewesen. Seither zehrt der Kanton von der Reserve des Bundes. 312 B-Bewilligungen (Aufenthaltsbewilligung) und 400 L-Bewilligungen (Kurzaufenthalt) benötigen die Firmen im Kanton bis Ende Jahr gemäss Schätzung von Brutschins Departement. Doch der SP-Regierungsrat rechnet nicht damit, vom Bund alle zu erhalten: «Aufgrund verschiedener Hinweise kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Bundeskontingente für das Jahr 2016 vor Ende Jahr aufgebraucht sein werden.»

«Wir spüren die Verschärfung bei den Drittstaatenkontigenten.»
Novartis-Sprecher Satoshi Sugimoto 

Dass die Kontingente zur Neige gehen, merkt auch der Basler Pharmagigant Novartis. «Wir spüren die Verschärfung bei den Drittstaatenkontingenten», sagt Novartis-Sprecher Satoshi Sugimoto. Der Bundesrat hatte 2014 als Reaktion auf die Annahme der SVP-Masseneinwanderungs-Initiative die Aufenthaltsbewilligungen für Fachkräfte aus Drittstaaten von 3500 auf 2500 pro Jahr reduziert und die Kurzaufenthalts-Bewilligungen von 5000 auf 4000.

Für Novartis zeigt die Verknappung in diesem Jahr laut Sugimoto erste Auswirkungen: «Für geschäftskritische Projekte haben wir bisher alle notwendigen Stellen besetzen können. Wir haben jedoch Ausbildungsprogramme gekürzt oder verschoben, um die Kontingente nicht zu belasten.»

Novartis-Konkurrent Roche will sich nicht zu den Auswirkungen äussern, betont aber die Wichtigkeit der Bewilligungen: «Roche ist auf hoch qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen, auch aus Drittstaaten.» Per Ende Juni beschäftigte das Unternehmen in der Schweiz 1216 Mitarbeitende aus Drittstaaten, alleine im ersten Halbjahr 2016 wurden zusätzlich 101 Personen aus Drittstaaten angestellt.

Aufwendige Konsulatsbesuche

Novartis steht dem Kontingentssystem, das von der SVP auch bei Mitarbeitern aus der EU gefordert wird, skeptisch gegenüber: «Die Anstellung von Personen aus Drittstaaten ist mit administrativem Mehraufwand verbunden. Nicht vernachlässigt werden darf dabei der Mehraufwand für die Kandidaten: Hier handelt es sich etwa um Konsulatsbesuche, die von den Kandidaten oft mehrmals persönlich getätigt werden müssen.»

Der Pharmariese fordert bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, «dass die bilateralen Verträge in jedem Fall erhalten bleiben». Man werde sich für eine «grosszügige Auslegung – wenn möglich unter kantonaler Aufsicht – einsetzen, um den Schaden für den Wirtschaftsstandort Schweiz zu begrenzen». 

Teilnahme an EU-Forschungsprogramm wichtig

Als gefährlich erachtet Novartis die Situation beim EU-Forschungsprogramm Horizon 2020. Die Schweiz ist nach dem Ja zur SVP-Initiative teilweise aus dem mit 80 Milliarden Euro ausstaffierten Programm geflogen, erhofft sich jedoch ab 2017 wieder eine Vollmitgliedschaft. Dazu sagt Sugimoto: «Noch (zeit-)kritischer für den Forschungsstandort Basel ist eine Weiterführung von Horizon 2020 für die Schweiz und damit der Zugang zu weltweit führenden Forschungsprojekten für Schweizer Talente.»

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