Kommission sagt Nein zum Hooligan-Konkordat

Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission des Grossen Rates lehnt die Verschärfung des Hooligan-Konkordats ab. Die Kommission stellt sich damit gegen die Regierung, überraschend ist der Entscheid allerdings nicht.

Nein zum Hooligan-Konkordat - Die JSSK will nicht alle Fans unter Generalverdacht stellen.

Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission des Grossen Rates lehnt die Verschärfung des Hooligan-Konkordats ab. Die Kommission stellt sich damit gegen die Regierung, überraschend ist der Entscheid allerdings nicht.

Die Basler Regierung will dem revidierten Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, dem «Hooligan-Konkordat», eigentlich nicht beitreten. Sie hat sich im vergangenen April dennoch dafür ausgesprochen: Es war ein irritierendes Ja, weil die Regierung zuerst begründete, warum das Massnahmenpaket falsch ist, aber dann doch beitrat, «um eine national einheitliche Gesetzgebung zu ermöglichen», wie Sicherheitsdirektor Baschi Dürr in einem Interview mit der TagesWoche erklärte.

Der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) des Grossen Rates reichte dieses Argument nicht: Sie beantragt dem Grossen Rat mit 10 zu 2 Stimmen, auf die Vorlage nicht einzutreten. Der Entscheid kommt nicht überraschend: Einerseits sind von den 12 Kommissionsmitgliedern fünf im überkantonalen Nein-Komitee zum Hooligan-Konkordat; andererseits stehen auch zahlreiche andere Grossräte – von links bis rechts – dem Konkordat kritisch gegenüber.

«Entscheid nicht leicht gemacht»

Die Kommission schreibt dennoch, dass sie sich «den Entscheid nicht leicht gemacht» hat, wie es in der Mitteilung der Kommission heisst, «insbesondere weil sie sich bewusst ist, dass der Kanton Basel-Stadt mit dem zurzeit bedeutendsten Fussballclub und der grössten Fangruppierung der Schweiz im besonderen Fokus der Öffentlichkeit steht». Entsprechend gross war der Druck aus den anderen Kantonen auf Basel, aber auch auf den Kanton Basel-Landschaft, dessen Regierung sich auch ohne grosse Begeisterung für die Verschärfung des bestehenden Konkordats einsetzt. Die Regierungen der beiden Basel stehen mehr oder weniger allein gegen den Rest der Schweiz.

Der Entscheid der Kommission hat Kritik hervorgerufen. Auf Twitter schrieb SVP-Grossrat Joël Thüring:

Und Thüring legte gleich nach:

Der SVP-Grossrat hätte den Tweet auch an seinen Parteipräsidenten schicken können, wenn dieser auf Twitter wäre, denn Sebastian Frehner ist auch gegen das Konkordat – und nicht als einziger SVP-Grossrat. Thüring dürfte eine Stimme der Minderheit im Grossen Rat sein.

Spannender als der Entscheid der Kommission ist darum die Begründung der Ablehnung. Die Kommission will gemäss der eigenen Mitteilung ein positives Zeichen gegen «die weitgehende Verschärfung und pro Sportstadt Basel und für die konsensorientierte Fanpolitik» setzen – und Grund genug dazu hat sie. Die Massnahmen des Konkordates richten sich gegen Gewalt anlässlich Sportveranstaltungen, «ein klarer Nachweis für eine Tendenz der Zunahme für Gewalt […] fehlt aber», schreibt die Kommission in Anlehnung an den Ratschlag der Regierung: «Vielmehr ist für Basel-Stadt die letzten drei Jahre hinweg eine abnehmende Tendenz zu verzeichnen.»

Eskalationen und das Ende eines bewährten Weges befürchtet

Ein Beitritt zum Konkordat untergräbt laut der Kommission auch die Bemühungen in Basel mit dem «Basler Modell», das nebst der Gesetzes-, Präventions- und Repressionsebene vor allem auch auf die Kooperation aller beteiligten Parteien (Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, FC Basel, Basel United AG, Fanarbeit Basel) setzt. «Eine spezielle Situation», schreibt die Kommission dazu. Bereits das Komitee «Nein zur Konkordats-Verschärfung» betonte, dass eine «Verschärfung das fein austarierte Modell aus dem Gleichgewicht bringt».

Was man mit der Verschärfung des Konkordates erhält, sind aus der Sicht der Kommissionsmehrheit «vage Formulierungen» in den Bestimmungen, mit welchen den Behörden ein «zu grosser Ermessensspielraum» eingeräumt wird, was «generell als problematisch» erachtet wird (zu den Hearings war Professor Markus Schefer als Grundrechtsexperte geladen und gab eine kritische Einschätzung hinsichtlich einzelner ausgewählter Bestimmungen des revidierten Konkordates, mehr dazu im ausführlichen Bericht der Kommission).

Das Hauptargument der Regierung – der einheitliche Rechtsrahmen – erachtet die Kommission als «illusorisch, weil sich bei einem derart breiten Ermessensspielraum ohnehin in jedem Kanton eine andere Praxis herausbilden wird». Die Verschärfung an sich erachtet die Regierung selbst als nicht notwendig, weil die bisherigen Massnahmen und Mittel reichten. In diesem Punkt ist die Kommission gleicher Meinung wie die Regierung. Falls dennoch eine Verschärfung nötig wäre, «besteht jederzeit die Möglichkeit, einzelne Massnahmen in die kantonale Gesetzgebung aufzunehmen», schreibt die Kommission.

Gewisse Massnahmen seien «rechtsstaatlich fragwürdig»

Eine Mehrheit der Kommission hält gewisse Massnahmen im Konkordat – wie das verlängerte Rayonverbot und die Meldeauflagen – «für rechtsstaatlich fragwürdig» oder in der Praxis «gar nicht umsetzbar». Statt einer Vielzahl von Massnahmen und Kann-Formulierungen zu übernehmen, deren Umsetzung und Anwendung fraglich ist, beantragt sie dem Grossen Rat deshalb, gar nicht auf die Vorlage einzutreten.

Eine einheitliche Regelung begrüsst die Kommission dennoch, eine für den ganzen Raum Basel, «die sich mit der ablehnenden Haltung, welche sich im Kanton Basel-Landschaft abzeichnet [die Kommission bezieht sich dabei auf die Medienberichte zum Thema], biete ». Das letzte Wort hat der Grosse Rat. Dessen Entscheid dürfte so wenig überraschend werden wie jener der Kommission.

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