Schlechte Voraussetzungen für die Expo 2015 in Mailand: Syngenta streicht in Basel 500 Stellen und Basel präsentiert das Unternehmen an der Weltausstellung als Hauptpartner. Nicht nur in Basel wird der geplante Auftritt der Schweiz kritisiert.
Im politisch linken Lager sorgte der gemeinsame Auftritt von Basel mit Syngenta bereits vor einem Jahr für wutentbrannte Reaktionen. «Unglaublich», titelte BastA! in ihrer Medienmitteilung und forderte eine kritische Auseinandersetzung mit dem Agro-Unternehmen. Die Weltausstellung präsentiert sich unter dem Titel «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben».
Umweltverbände kritisieren Syngenta seit Jahren für seine umweltschädlichen Pestizide sowie die Verbreitung von gentechnisch verändertem Saatgut und machen es für das Bienensterben verantwortlich. Dass die Partnerschaft ausgerechnet unter Federführung des grünen Regierungspräsidenten Guy Morin zustande kam, sorgte zusätzlich für Unverständnis.
«Mit dem Stellenabbau müssen wir umgehen können.»
Seither haben mehrere Treffen stattgefunden, bei denen Morin, das Standortmarketing und Vertreter von BastA! und den Grünen den Auftritt in Mailand diskutierten. Offenbar hat der Kanton daraus seine Konsequenzen gezogen und den Auftritt leicht überarbeitet.
Doch mit dem angekündigten Stellenabbau haben sich die Voraussetzungen für den gemeinsamen Auftritt weiter verschlechtert. Ist ein Unternehmen, welches zwecks «Gewinnoptimierung» in Basel 500 Stellen streicht, tatsächlich der richtige Imagepartner für die Weltausstellung?
In den Augen des Regierungspräsidenten Guy Morin hat der Stellenabbau keinen Einfluss auf die Zusammenarbeit. «Dass ein global tätiges Unternehmen manchmal restrukturieren muss, damit müssen wir umgehen können.» Syngenta sei weiterhin einer der richtigen Hauptpartner.
Das Thema Ernährung polarisiert
Doch das sehen nicht alle so. BastA!-Grossrat Urs Müller hatte sich von Beginn weg für einen kritischeren Auftritt des Kantons in Mailand eingesetzt und in langen Diskussionen mit dem Standortmarketing über Anpassungen des Konzepts diskutiert. «Der Stellenabbau verschärft die Problematik dieser Partnerschaft zusätzlich», sagt Müller.
«Vor allem ist er Ausdruck einer Unternehmenshaltung, die in Bezug auf die Angestellten alles andere als ‹best practice› ist.» Vor einem Jahr hatte das Präsidialdepartement Syngenta als gutes Beispiel für ‹best practice› gelobt. Was so viel bedeutet, wie vorbildliche und nachhaltige Unternehmensführung.
Basel ist nicht die einzige Stadt, in der eine Debatte über den Auftritt in Mailand entflammt ist. Nestlé präsentiert sich gemeinsam mit Lausanne an der Weltausstellung. Das Unternehmen will zwei 15 Meter hohe Silos mit Kaffee-Kapseln und Wasserflaschen füllen. Das Abfüllen von Quellwasser in Plastikflaschen ist ein Geschäftsmodell, welches von Umweltverbänden und Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert wird.
Salztürme, Apfelringe, Zuckerberge
Es war somit absehbar, dass die Pläne in der Westschweiz und in Bern für Diskussionen sorgen. Im Nationalrat wollten unter anderem Maya Graf, Grüne, und Matthias Aebischer, SP, vom Bundesrat wissen, wie er sicherstelle, dass die Lebensmittelstrategie der Schweiz in Mailand angemessen präsentiert werde. Und dass am Ende nicht die Nahrungsmittelindustrie am meisten von den 23 Millionen Franken Steuergeldern profitieren wird, die der Bund zur Verfügung stellt.
Wie gross das Konfliktpotenzial bei den Themen Nachhaltigkeit und Ernährung ist, zeigen auch zwei weitere Beispiele. Zuerst wollte die Schweiz mit Schokolade und Käse auftreten. Weil die Kühlkosten dafür zu teuer wären, will Präsenz Schweiz stattdessen getrocknete Apfelringe und Salz nach Mailand transportieren.
Das wiederum hat Kritik des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BVL) provoziert, welches den Salzkonsum in der Schweiz senken will. Doch das ist eine andere Geschichte. Ebenso wie die Befürchtung, der geplante Zuckerturm könnte den Kampf gegen Fettleibigkeit untergraben.
Eine Stadt mit Widersprüchlichkeiten
In ein anderes Kapitel gehören die Machenschaften der Verantwortlichen in Mailand. Seit Anfang Jahr hat die italienische Polizei mehrere Verantwortliche der Weltausstellung verhaftet, darunter auch den Bau- und Planungschef. Ihnen werden Korruptionsdelikte und die Bildung einer kriminiellen Vereinigung vorgeworfen.
Die Vorbereitungen gedeihen also alles andere als prächtig. Doch der Basler Stadtpräsident Guy Morin lässt sich davon nicht beirren und blickt dem Auftritt der Schweiz zuversichtlich entgegen. «Basel soll als Stadt auftreten, die globale und forschende Unternehmen anzieht.» Aber auch als Stadt, die eine kritische Bevölkerung habe und mit dieser Kritik und den Widersprüchlichkeiten umgehen könne. In der Zwischenzeit gehen ihm Begriffe wie biologische Landwirtschaft und kritischer Diskurs im Zusammenhang mit der Expo wie selbstverständlich über die Lippen.
In den Ankündigungen auf der Website des Kantons sucht man sie jedoch weiterhin vergeblich. Mit welchen weiteren Partnern Basel auftreten und wie der Kanton den kritischen Diskurs mit Inhalt füllen wird, darüber will Morin Anfang kommenden Jahres informieren.