Landrat erklärt Fusionsinitiative für rechtsgültig

Der Landrat hat die Fusionsinitiative für rechtsgültig erklärt. Das Volk könnte demnach im Herbst 2014 darüber abstimmen. Sicher ist dies nicht: Die Gegner stören sich daran, dass der Verfassungsrat für beide Kantone je 60 Mitglieder vorsieht. Sollte der Entscheid ans Gericht weitergezogen werden, würde die Abstimmung verzögert.

(Bild: Grafik Hans-Jörg Walter)

Der Landrat hat die Fusionsinitiative für rechtsgültig erklärt. Das Volk könnte demnach im Herbst 2014 darüber abstimmen. Sicher ist dies nicht: Die Gegner stören sich daran, dass der Verfassungsrat für beide Kantone je 60 Mitglieder vorsieht. Sollte der Entscheid ans Gericht weitergezogen werden, würde die Abstimmung verzögert.

Bereits vor der Debatte im Landrat um Traktandum 6 «Rechtsgültigkeit der formulierten Verfassungsinitiative ‹Für die Fusion der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft›» war klar, welchen Punkt sich die Gegner der Initiative herauspicken werden: den Verfassungsrat.

Dieses Gremium mit 120 Mitgliedern hätte die Aufgabe, eine allfällige Fusion vorzubereiten. Der Initiativtext sieht vor, dass beide Kanton je 60 Mitglieder des Rates stellen. Und genau dieser Punkt stört die Gegner – im Landrat namentlich die Mehrheit von SVP und ein Teil der FDP. Sie kritisieren, dass das Baselbiet trotz mehr Stimmberechtigter genau gleich viele Ratsmitglieder stellen soll. SVP-Fraktionspräsident Dominik Straumann sagte in der Debatte am Donnerstagmorgen im Parlament: «Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Initiative nicht konform ist.» 

Das Hauptargument der FDP und der SVP war im Landrat die Bundesverfassung, die in Artikel 34 ein Wahlgleichheitsrecht vorsehe. Die Regierung hat die Fusionsinitiative von Professor Bernhard  Waldmann prüfen lassen und ging in ihrer Vorlage auf die Vereinbarkeit mit dem Artikel 34 der Bundesverfassung ein (Seite 13 und 14). Aus Sicht der vorberatenden Justiz- und Sicherheitskommission des Landrates ist die Antwort dort «schlüssig», sagte Kommissionspräsident Werner Rufi (FDP) in der Debatte: «Es gab aus unserer Sicht keine Grund für ein neues Gutachten, sonst hätten wir ein solches veranlasst.»

Kurzgutachten vs. Expertenwissen

SVP-Präsident Oskar Kämpfer stellt allerdings das Gutachten in Frage: «Über diesem Gutachten steht Kurz-Gutachten, es geht nicht in die Tiefe», kritisierte Kämpfer und warf der Kommission vor, «dass sie einfach kein Geld in die Hand nehmen wollte für ein neues.» Über ein weiteres Gutachten wurde in der Kommission abgestimmt, sagte Rufi, aber die Mehrheit (8 zu 4 Stimmen) war dagegen, weil sie den Bericht von Waldmann als genügende Entscheidungsgrundlage ansahen. 

«Kein Rechtsprofessor wollte öffentlich und unter seinem Namen eine andere Meinung vertreten als der Bericht von Waldmann.»

Justizdirektor Isaac Reber (Grüne) erklärte, dass die Regierung mit Waldmann nicht nur auf einen unabhängigen Experten gesetzt habe, sondern auf eine Kapazität auf dem Gebiet. Waldmann sei nicht nur Professor an der Uni Fribourg, sondern auch Vizedirektor des Instituts für Föderalismus. «Seine Ausführungen sind klar, es braucht kein längeres und kein weiteres Gutachten», sagte Reber. Im Zentrum stehe die Frage, ob die Initiative rechtsgültig sei – «und das ist sie.» Sie verstösst demnach weder gegen Bundes- noch gegen kantonales Gesetz.

Können Gesetze noch angepasst werden?

Die Debatte im Landrat drehte sich letztlich um die Frage, ob es nun um die Rechtsgültigkeit der Initiative gehe oder um inhaltliche Punkte. Die Gegner sehen – neben der Parität des Verfassungsrates – ein Problem in dessen Aufgaben. Neben der gemeinsamen Verfassung sieht die Initiative vor, dass der Rat auch erste Gesetze verabschiedet, die eine allfällige neue Regierung und das Parlament von Beginn an funtkionsfähig machen sollen. Angesichts der ausgeglichenen Verteilung im Verfassungsrat befürchten die Gegner, dass das Baselbiet benachteiligt werden könnte, wie FDP-Landrat Siro Imber in seinem Votum ausführte. Er sah auch ein Problem darin, dass die Gesetze nicht dem Volk vorgelegt werden müssten.

Die Befürworter sahen das anders: Die Gesetze und auch die Verfassung könne später angepasst werden. «Damit bei einer Annahme der neue Kanton funktionieren kann, müssen aber Gesetze da sein», sagte SP-Landrätin Regula Meschberger.

Wessen Stimme gilt mehr?

Während sich SVP-Präsident Kämpfer angesichts dessen um seine Stimme beschnitten fühlte, sah Meschberger die Beschneidung des Stimmrechtes gerade in der Haltung der SVP. «Wenn die Initiative für rechtsgültig erklärt wird, kann das Volk darüber abstimmen.» Und aus Sicht der SP sei diese Rechtsgültigkeit klar gegeben.

Damit war die SP nicht alleine: Die Fraktionen der CVP/EVP, BDP/GLP und auch die Grünen waren der Meinung, dass die Initiative gegen keine Gesetze verstosse. Letztlich fiel auch die Abstimmung entsprechend deutlich aus: Der Landrat erklärte mit 60 zu 24 Stimmen bei zwei Enthaltungen die Initiative für rechtsgültig. Und schloss sich damit der Regierung an – die gegen eine Fusion ist, aber auch erklärte, dass die Initiative rechtsgültig sei. Auch die vorberatende Kommission entschied deutlich, mit 9 zu 3 Stimmen bei einer Abwesenheit, dass die Initiative rechtsgültig sei und das Volk darüber abstimmen dürfe (der ausführliche Bericht der Kommission).

Der Grosse Rat hatte in Basel-Stadt die Rechtsgültigkeit der Fusionsinitiative bereits im September 2013 bestätigt. Dass mit dem Entscheid des Landrates das Thema nun erledigt ist, und im Herbst 2014 über die Fusionsinitiative abgestimmt wird, ist allerdings fraglich. Die Fusionsgegner können den Entscheid vor Gericht ziehen, was die Abstimmung verzögern würde. SVP-Präsident und Co-Präsident des Komitees «Für ein selbstständiges Baselbiet» Oskar Kämpfer erklärte in der «Basler Zeitung» unlängst, er werde dies nicht tun. Aber er könne nicht aus­schliessen, dass sonst jemand doch noch die Rechtmässigkeit vor Gericht anfechte.

Stellungnahme «ein Basel»

Das Pro-Komitee schreibt in einer Medienmitteilung zum Landratsentscheid: «Mit Befremden muss festgestellt werden, dass 24 Landratsmitglieder – entgegen allen vorliegenden rechtlichen Beurteilungen – eine Gültig-Erklärung ablehnten. Just jene, die sonst stets die Rechte des Volkes im Munde führen, wollen diesem Volk den Entscheid über eine der wesentlichsten Gestaltungsfragen unserer regionalen Zukunft vorenthalten. Es ist unserer Meinung nach aber ein legitimes und elementares Recht, dass jede Generation die Möglichkeit erhält, über die Prüfung einer Fusion respektive über die Bildung eines Verfassungsrates abzustimmen. Der nun anstehende Volksentscheid über die Fusionsinitiative schafft noch keine definitiven Fakten. Aber er ermöglicht es, eine Fusion im Detail zu prüfen.»

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