Drohnen bilden eine Gefahr am Himmel, Unfälle häufen sich. Schärfere Vorschriften haben bislang wenig bewirkt. Die Luftsicherheitsbehörden suchen nach neuen Methoden zur Drohnenabwehr.
Vor wenigen Tagen ist eine Passagiermaschine der British Airways auf dem Landeanflug auf den Londoner Flughafen Heathrow mit einem unbekannten Flugobjekt kollidiert. Erste Vermutungen, wonach es sich bei dem Objekt um eine Drohne gehandelt haben könnte, wurden zwar nicht bestätigt. Doch die von Verkehrsminister Robert Goodwill ins Spiel gebrachte These, der Gegenstand sei eine Plastiktüte gewesen, konnte die Gemüter nicht wirklich beruhigen.
Die britische Flugsicherheitsbehörde hat zwischen April und Oktober letzten Jahres 23 ähnliche Ereignisse registriert. Dabei waren die Drohnen immer knapp an den Flugzeugen vorbeigeschrammt. Ein Zusammenprall, sagen Experten, sei nur noch eine Frage der Zeit. Die Zahl unbemannter Flugobjekte wird in den nächsten Jahren exponentiell zunehmen. Allein an Weihnachten wurden in den USA eine Million Drohnen verschenkt.
Doch nicht nur die private Drohnennutzung steigt, auch die kommerzielle: Amazon will Pakete bald mit Mini-Drohnen ausliefern, Konkurrent Alibaba testet dies bereits in China. Auch in der Landwirtschaft kommen verstärkt Drohnen («Düngerbomber») zum Einsatz.
Hersteller definieren «No-Fly-Zones»
In Basel konfiszierte die Polizei dieses Jahr beim Morgenstreich eine Drohne, die der Mittleren Brücke entlang und über Menschenmassen flog. Der Pilot wurde verzeigt. Von Drohnen verursachte Unfälle im Flugverkehr sind in der Schweiz bislang nicht bekannt. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) erklärt auf Anfrage, ihm sei lediglich «eine gefährliche Situation zwischen einem Rettungshubschrauber und einer Drohne» bekannt.
Trotzdem: Im Luftraum könnte es bald eng werden. Die Behörden sind alarmiert. Der Zwischenfall in Heathrow hat eine Debatte über die Luftsicherheit ausgelöst. Experten fordern eine Registrierpflicht für Drohnenpiloten. Doch auch schärfere Sicherheitsvorschriften werden die Gefahren kaum bannen. Die Sicherheitsbehörden forschen deshalb nach Methoden, Drohnen im Ernstfall in gefährlichen Situationen aus dem Verkehr zu ziehen.
In der Schweiz ist laut BAZL bislang kein etabliertes Drohnenabwehrsystem bekannt, das regulär eingesetzt wird. Allerdings würden auf Anbieterseite Massnahmen getroffen: «Grössere Multikopterhersteller sind unterdessen so weit, dass die Flughäfen im GPS-System der Drohne als ‹No-Fly-Zone› einprogrammiert sind. Allerdings lassen sich diese Sperren mittels Software-Download umgehen.»
Rigoros geht die Stadtpolizei von Tokio vor. Sie hat vor wenigen Monaten die erste Drohnen-Abwehr-Einheit vorgestellt. Wie die Tageszeitung «Japan Today» berichtet, sollen die eigens geschulten Polizisten am Boden patrouillieren und Piloten, die dort widerrechtlich ihre Drohnen aufsteigen lassen, zur Landung der Flugobjekte zwingen. Kommt der Pilot der Aufforderung nicht nach oder wird er nicht ausfindig gemacht, soll die Polizeieinheit drei Meter lange Abfangdrohnen mit einer Spezialkamera und einem Fangnetz aufsteigen lassen, die die Drohnen in der No-Fly-Zone einfangen. Der Satz «Der Polizei ist ein Krimineller ins Netz gegangen», bekäme dann eine ganz neue Bedeutung.
Doch die Sache hat einen ernsten Hintergrund: Anfang des Jahres gestand ein 40-jähriger Japaner, eine Drohne mit radioaktivem Sand auf dem Dach von Premierminister Shinzo Abes Büro gelandet zu haben, um damit gegen die Atompolitik des Landes zu demonstrieren. Niemand kam durch die toxische Fracht zu Schaden, doch die ungewöhnliche Aktion machte einmal mehr das Gefahrenpotenzial der Drohnen deutlich.
Die Sorge ist, dass sich auch Terroristen der unbemannten Flugobjekte bedienen könnten. Schon jetzt kommen sie als Drogenkuriere in US-Gefängnissen zum Einsatz. Die US-Gefängnisverwaltung forscht daher an einem Abwehrsystem, das derlei Drohnen neutralisiert.
Kanonen gegen Drohnen
Der europäische Rüstungskonzern MBDA hat auf seinem Testgelände in Schrobenhausen vergangenes Jahr ein System getestet, das Drohnen mithilfe eines hochpräzisen Tracking-Verfahrens und anhand elektromagnetischer Emissionen automatisch erfasst und mit einem Lasereffektor abschiesst. Bei dem Versuch wurde eine Mini-Drohne in wenigen Sekunden zerstört. Der Laser soll Ziele bis in eine Entfernung von 500 Metern zerstören können.
Es gibt aber auch weniger martialische und technisch raffiniertere Abwehrsysteme. Zum Beispiel Spoofing. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei dem die GPS-Antenne der Drohne mit falschen Koordinaten manipuliert wird.
Drohnen sind hochkomplexe Flugobjekte und lassen sich wie ein Computer oder die Bordelektronik eines Flugzeugs hacken. Die GPS-Antenne einer Drohne kann so gestört werden, dass sie keine Satellitensignale mehr zur Peilung empfängt. Anschliessend kann man falsche Ortungssignale schicken, sodass die Drohne gezielt auf einen anderen Kurs gelenkt wird und so per Fernsteuerung aus einer No-Fly-Zone herausmanövriert wird. Hacken statt abschiessen also. Das Verfahren ist allerdings umstritten, weil es in den USA verboten ist, GPS-Signale zu stören.
Die Drohnen werden durch die scharfen Krallen der Adler häufig zerstört, was zu hohen Schadensersatzforderungen führen kann.
Es muss aber nicht immer High-Tech sein, um der Drohnenproblematik Herr zu werden. Zuweilen reichen auch Low-Lech-Lösungen. Die niederländische Polizei setzt in einem Pilotprojekt Adler als Abfangjäger ein. Die Greifvögel, die von erfahrenen Falknern trainiert werden, krallen sich an die unbemannten Flugobjekte und bringen die «Beute» sicher zu Boden.
Einen Haken hat die gefiederte Drohnenabwehr aber: Die Drohnen werden durch die scharfen Krallen häufig zerstört, was die Tests kostspielig macht und im Realbetrieb wohl zu hohen Schadensersatzforderungen führen kann. Ohnehin können die Abfang-Adler nur punktuell aufsteigen. Die grossen Vögel von Airbus und Boeing, die durch den zunehmenden Drohnenverkehr im Luftraum gefährdet werden, sind dadurch nicht besser geschützt.