Seit sieben dürren Jahren versucht das Baselbiet erfolglos aus dem Defizit zu kommen. Finanzdirektor Anton Lauber muss den Kurs jetzt korrigieren – sonst wird die erste grosse Leistung der neuen bürgerlichen Regierung eine Steuererhöhung.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn das Baselbiet eine bürgerliche Regierung wählt und als erstes saftige Sparmassnahmen anstehen – ansonsten dem Kanton der bürgerliche Horror schlechthin droht: Eine Steuererhöhung. Nun gut, könnte man sagen, die Bürgerlichen amten nun als kostenbewusste Sanierer. Wenn es nicht schon dasselbe Personal gewesen wäre, das grösstenteils schon vor den Wahlen im Februar im Amt war.
Baselland muss heftig sparen: 96 Millionen Franken will die Regierung im Budget 2016 kürzer treten – und danach jährlich bis 2019 weiterkürzen. Der Hauptgrund ist die im Baselbiet gesetzlich verankerte Defizitbremse. Sie verlangt, dass ab einem Eigenkapital von unter 100 Millionen Franken automatisch die Steuern hochgehen.
Am 7. Juli will die Regierung über die einzelnen Schritte informieren – eine Woche nach Beginn der neuen Legislatur, wenn die FDP-Bildungsdirektorin Monica Gschwind offiziell im Amt ist.
Option auf Steuererhöhung steht
Beschlossen hat die Regierung bereits, dass sie linear vorgehen will: Alle Direktionen sollen im Verhältnis etwa gleich viel zur Sparübung beitragen. CVP-Finanzdirektor Lauber, der mit dem besten Resultat wiedergewählte Regierungsrat, schränkt allerdings ein: «Das Ziel lautet klar: keine Steuererhöhungen. Aber ein Versprechen, das möchte ich betonen, kann ich nicht abgeben», sagte er in einem Interview mit der «Basler Zeitung» am vergangenen Freitag.
Die Baselbieter Finanzlage krankt seit 2009. In den vergangenen sieben Jahren schrieb der Kanton laufend rote Zahlen. Der Hauptgrund liegt im strukturellen Defizit des Kantons. Anders gesagt: Die Baselbieter geben konsequent mehr Geld aus, als sie einnehmen. Nun komme noch die Aufhebung des Euromindestkurses hinzu, was zu deutlich geringeren Steuereinnahmen führe.
Das Gerangel um die möglichen Sparposten ist lanciert:
- Die Spitäler und die Gesundheitskosten. Adressat: Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber (SVP). Hier orten Regierung und Parteien einen der grössten Kostentreiber. Für Landrat Klaus Kirchmayr (Grüne) ist laut «Basellandschaftliche Zeitung» klar: Zu einem grossen Teil sind die Spitalkosten für die schiefe Finanzlage verantwortlich. Allein in den vergangenen fünf Jahren seien sie um 110 auf 356 Millionen Franken im Jahr 2014 gestiegen. Auch SVP-Präsident Oskar Kämpfer erachtet die Spitalkosten als problematisch, allerdings sei das ein Faktor unter mehreren. Er fordert, die Patientenfreizügigkeit einzuschränken, damit Baselbieterinnen und Baselbieter nicht mehr nach Basel oder in Privatkliniken gingen, was die Abgeltungen des Kantons in die Höhe treibe.
- Staatsverträge Uni und Fachhochschule. Adressatin: Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP, ab 1. Juli). SVP-Präsident Oskar Kämpfer will laut «Basellandschaftliche Zeitung» auch hier mögliche Sparmassnahmen sehen. Die Verträge seien neu zu verhandeln, insbesondere auch die Abgeltungen im Bereich Immobilien seien zu überprüfen.
- Sonderbeschulung. Adressatin: Bildungsdirektorin Monica Gschwind. FDP-Präsidentin Christine Frey sagte gegenüber der «Basler Zeitung», dass der Kanton Baselland bei der Sonderbeschulung schweizweit zur Spitze gehöre. Das zeige, dass es auch günstigere Modelle gebe. «Es darf keine Denkverbote geben und keine Tabus», sagt Frey. Obwohl natürlich auch die FDP nicht wolle, dass gerade bei den Kindern gespart werde.
- Strassenbau. Adressatin: Baudirektorin Sabine Pegoraro (FDP). SP-Landrat Ruedi Brassel prangert gegenüber «OnlineReports» ein «Verkehrsplanungs-Chaos» an. Milliardenteure Strassenbaupläne würden die leere Kasse zusätzlich strapazieren.
SP-Co-Präsident Adil Koller wehrte sich gegenüber der BaZ bereits gegen «lineare Kürzungen mit dem Rasenmäher», diese würden zuerst Leute unter Druck setzen, die sich nicht wehren können: Betagte und Schüler.
Ebenso wenig sollen die Löhne der Staatsangestellten angetastet werden, einer klassischen Zielgruppe der Sozialdemokraten. Die SVP begrüsst die Sparbemühungen zwar, doch laut Kämpfer gehen sie zu wenig weit. Zudem solle das Ziel kein Leistungsabbau, sondern eine effizientere Verwaltung sein.
Eine Politik der sieben dürren Jahre
Das Grundübel plagt den Kanton allerdings seit sieben Jahren: Das Baselbiet muss sein Dauerdefizit überwinden. Finanzdirektor Lauber steht damit eine gewaltige Übung bevor: Der ehemalige Gemeindepräsident von Allschwil und damit der grössten Baselbieter Gemeinde muss nicht nur ein Loch stopfen, er muss den Kanton wieder auf gesunde Beine stellen.
Schafft Lauber das mit seinem praktisch komplett bürgerlichen Kollegium und dem Grünen Sicherheitsdirektor Isaac Reber nicht, droht der Alptraum: die kantonale Steuererhöhung. Das wäre weit mehr als ein Schock für den klassischen Mittelstands-Kanton.
Muss die Defizitbremse greifen – dieses politisch tief verankerte, allerletzte Signalhorn zum Masshalten schlechthin – wäre dies das ultimative Eingeständnis der Niederlage der kantonalen Finanzpolitik. Einer Finanzpolitik, die Regierung und nicht zuletzt Parlament während sieben immer dürrer werdenden Jahren weiter praktiziert hatten.
Für die Rechnung 2015 erwartet die Baselbieter Regierung ein Defizit von 57 Millionen Franken – budgetiert hatte sie noch vor den Wahlen ursprünglich ein Minus 35 Millionen Franken. Dabei läuft derzeit ein Sparpaket, das dieses Jahr noch abgeschlossen werden soll. Die Baselbieter Regierung beschloss an einer Klausur vergangene Woche, dass sie ab 2016 96 Millionen Franken jährlich bis 2019 einsparen will.
Erreicht es die Regierung nicht, das Eigenkapital des Kantons über 100 Millionen Franken zu halten, greift die so genannte Defizitbremse, die auch eine Steuererhöhung verlangt (Eigentkapital Ende 2014: 210 Millionen Franken). Weitere Informationen zur Rechnung 2015 und den Sparmassnahmen finden Sie hier.