Leben auf der Autobahn

Schöner wohnen – ausgerechnet auf der Autobahn. Das verspricht ein Zürcher Architekt. Und darüber wird nun auch im Baselbiet diskutiert.

Neue Wohnform: auf der Autobahn. (Bild: Artwork Hans-Jörg Walter)

Schöner wohnen – ausgerechnet auf der Autobahn. Das verspricht ein Zürcher Architekt. Und darüber wird nun auch in der Region Basel diskutiert. Der Grünliberale Landrat Hans Furer will dafür sorgen, dass über die A2 eine Ökostadt gebaut wird.

Es wird eng in der Schweiz. Viele Landschaften sind längst verbaut, die Bevölkerung wächst aber weiter.

Was tun? Einfach weiterbauen? Und die Natur weiter verschandeln?

Nein, sagt der Zürcher Architekt Claude Schelling. Sein Vorschlag: erst einmal die Autobahnen über- anstatt immer nur die Natur verbauen. Ein konkretes Projekt hat er im Frühjahr 2012 für einen Strassenabschnitt bei Wallisellen präsentiert.

Interessant ist Schellings Idee auch für alle anderen Agglomerationen. Davon ist der Baselbieter Landrat Hans Furer jedenfalls überzeugt. Darum fordert der Grünliberale die Regierung auf, eine entsprechende Machbarkeitsstudie fürs Baselbiet erstellen zu lassen. Furers Postulat wird unterstützt von einer Reihe von Politikern aus der Mitte und der SP. Mitte Woche ist der Vorstoss eingereicht worden.

Ökostadt auf der Autobahn

Nach Ansicht von Furer gibt es in der Region einige Autobahnabschnitte, auf denen man auch wohnen und arbeiten könnte. Bei Schweizerhalle zum Beispiel schwebt ihm in Stadtnähe ein neues Wohngebiet und weiter auf dem Land eine neue Gewerbezone vor. Und das alles, ohne dass auch nur ein Quadratmeter Natur verbaut werden müsste.

Klingt gut. Doch wie attraktiv ist es, über dem ganzen Verkehr und all den Abgasen zu leben?

Sehr attraktiv, wenn man Schelling glaubt, der schon fast eine grüne Oase verspricht. In seinem Autobahndorf würde im Minergie-P-Standard gebaut, mit Solarzellen auf den Dächern.
Die Abgase der Autos, Busse und Lastwagen würden gefiltert und als Wärmequelle genutzt. Die Wohnblöcke kämen zwar dicht nebeneinander zu stehen, daneben gäbe es aber viel Grün, das den Fussgängern und Velofahrern vorbehalten bliebe. Die Autos würden in einer Parkgarage direkt über der Autobahn verschwinden. Vorgestellt wurde das Projekt unter anderem in der NZZ.

Grundsätzlich einverstanden mit einer Überbauung der Autobahnen ist offenbar auch das Bundesamt für Strassen. Widerstand gegen Schellings Projekt gibt es aber in Wallisellen; Gemeindepräsident Bernhard Krismer lehnt es rundweg ab – wegen fehlender Anbindung zur bestehenden Siedlung.

Dafür spricht man nun im Baselbiet über Schellings Vorschläge. Schneller war nur noch Winterthur. Dort wird eine Überbauung der A1 geprüft. Platz genug sollte vorhanden sein. Im Abschnitt Töss–Ohringen wird die Strasse auf sechs Spuren ausgebaut.

Einen Vorschlag zur Überbauung der A2 im Bereich Schweizerhalle gab es schon vor ein paar Jahren. Nach einer ersten, groben Kostenschätzung wurde die Idee aber fallen gelassen. Beim neuen Projekt des Zürcher Architekten Claude Schelling sollen die Ausgaben aber einigermassen überschaubar bleiben – auch für die Mieter. Seinen Kalkulationen zufolge würde eine durchschnittliche 4 -Zimmer-Wohnung mit 106 Quadratmetern Nettonutzfläche monatlich rund 2400 Franken kosten (einschliesslich Nebenkosten), wie die NZZ schrieb. Sein Walliseller Projekt sollte ohne grösseren Schwierigkeiten und Anpassungen auch in anderen Gebieten verwirklicht werden.

 

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