Leichtes Spiel für Einbrecher

Die Aufklärungsquote von Einbrüchen ist im Baselbiet auf einen historischen Tiefstand gesunken. Das ist kein Zufall.

Willkommen im Baselbiet, Einbrecher. (Bild: Nils Fisch)

Die Aufklärungsquote von Einbrüchen ist im Baselbiet auf einen historischen Tiefstand gesunken. Das ist kein Zufall.

Hoffentlich lesen Einbrecher keine Zeitung. Denn sonst erfahren sie am Ende noch, wie gering das ­Risiko ist, im Baselbiet geschnappt zu werden. Gerade einmal neun Prozent der Einbrüche konnte die Baselbieter Polizei aufklären. Auf doppelt so viel bringen es die Kollegen in der Stadt. Selbst der Schweizer Durchschnitt ist höher: Jeder achte Einbrecher wird geschnappt – im Baselbiet nicht einmal jeder zehnte.

Der zuständige Regierungsrat Isaac Reber sucht nach Erklärungen für das schlechte Abschneiden: «Diejenigen Kantone mit einer Grenze zu Frankreich und einer internationalen Verkehrsachse sind vom Kriminaltourismus deutlich mehr betroffen.» Das mag stimmen, erklärt aber nicht, weshalb im Baselbiet seit Jahren prozentual immer weniger Einbrecher geschnappt werden.

Rascher vor Ort

In der doppelt so erfolgreichen Stadt will keiner die tiefe Baselbieter Quote kommentieren. Doch die Frage nach dem Basler Erfolgsrezept zeigt dann doch, wo die Landjäger schwächeln. Die Stadt hat unbestreitbare Startvorteile im Kampf gegen Einbrecher: Das Gebiet ist viel kleiner, die Distanzen sind kürzer.

Es ist deshalb viel einfacher, rasch vor Ort zu sein. Dies ist denn auch der wichtigste Erfolgsfaktor im Kampf gegen Einbrecher, wie Peter Gill, Sprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt bestätigt. Gefolgt von einer gründlichen Spurenauswertung und einer engen Zusammenarbeit mit anderen Kantonen, deutschen und französischen Behörden. Und: Bei der Basler Kriminalpolizei gibt es eine Expertengruppe «Einbruchskriminalität».

Auf der Landschaft dagegen sind die Polizisten mit allen möglichen Aufgaben absorbiert, etwa dem Transport von Gefangenen. Zu Randzeiten patroullieren zeitweise gerade einmal drei Streifenwagen auf dem ganzen Kantonsgebiet. Bis im Ernstfall ­Polizisten vor Ort sind, verstreicht wertvolle Zeit.

Es mangelt an Personal

Schon vor zwei Jahren informierte die Regierung den Landrat über die Defizite in der Hauptabteilung «Sicherheit und Ordnung» der Polizei. Reber versprach, die Polizei werde effizienter organisiert und auf­gestockt. Nur so sei ein «rascheres Reaktionsvermögen im öffentlichen Raum» möglich, heisst es im entsprechenden Evaluationsbericht.

Bis 2016 wird der Kanton ingesamt 15 Polizistinnen und Polizisten anstellen, allerdings ohne das Budget aufzustocken. Gemäss Bericht ist dies das «absolute Minimum». «Bei der Sicherheitspolizei fehlen eigentlich 25 bis 30 Polizisten», sagt Anton Lauber, Präsident des Baselbieter ­Polizei-Personalverbands und CVP-Regierungsratskandidat.

Dennoch beantragte Regula Meschberger (SP) vergeblich, die Polizei rascher aufzustocken, nämlich bis 2014. «Viele Polizisten laufen am Limit. Neues Personal braucht es dringend. Das ist nicht die einzige, aber eine entscheidende Massnahme, um die Aufklärungsquoten zu verbessern», sagt sie.

Doch die bürgerliche Mehrheit kippte den Vorstoss zusammen mit den Grünen im Rahmen des Spardiktats. Sicherheitsdirektor Reber, der sein Amt vor knapp zwei Jahren antrat, muss jetzt die Altlasten seiner Vorgängerin Sabine Pegoraro abtragen.

Polizei muss zum Nachhilfeunterricht

«Natürlich ist uns auch nicht entgangen, dass es zwischen den Kantonen signifikante Unterschiede bei den Aufklärungsquoten gibt», sagt er. Er schickt die Verantwortlichen der Polizei deshalb in den Nachhilfeunterricht, um herauszufinden, was vergleichbare Kantone besser machen. Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei verbessert werden: Das Personal soll sich in einer «Stage» jeweils gegenseitig über die Schultern schauen. Geplant sind auch gemeinsame Weiterbildungen.

Und Reber formuliert ein klares Ziel, an dem er sich wird messen lassen müssen: Bis Ende 2013 soll die Baselbieter Aufklärungsquote vieler Verbrechenskategorien, ausdrücklich auch jener von Einbrüchen, mindestens den nationalen Durchschnitt erreichen.

Einen ersten Erfolg kann der grüne Regierungsrat bereits verbuchen: Diese Woche kündigte er an, dass der Kanton das alte Bezirksgefängnis in Laufen wieder in Betrieb nimmt, nehmen muss. Grund sind nicht nur die ausgelasteten Gefängnisse, sondern auch «die anhaltende Einbruchswelle». Mit anderen Worten: Die Baselbieter Polizei muss den einen oder anderen mutmasslichen Einbrecher geschnappt haben.

Doch, ob die Massnahmen wirken und der Sinkflug der Aufklärungsquote tatsächlich gestoppt werden kann, wird sich erst im Frühling 2014 zeigen, wenn der Baselbieter ­Sicherheitsdirektor die Aufklärungsquoten der Kriminalstatistik 2013 veröffentlichen muss.



Die Baselbieter Polizei schnappt prozentual immer weniger Einbrecher, Basels Polizei immer mehr. Weil das Bundesamt für Statistik die Aufklärungsquoten erst seit 2009 nach einheitlichen Kriterien erhebt, sind in Basel-Stadt ältere Zahlen nicht mehr zugäng

Die Baselbieter Polizei schnappt prozentual immer weniger Einbrecher, Basels Polizei immer mehr. Weil das Bundesamt für Statistik die Aufklärungsquoten erst seit 2009 nach einheitlichen Kriterien erhebt, sind in Basel-Stadt ältere Zahlen nicht mehr zugäng

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13

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