SP-Präsident Christian Levrat hatte seine Partei auf ein klares Nein zu den neuen Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich eingeschwört. Das kam in den eigenen Reihen nicht besonders gut an. Nur knapp entscheidet sich die SP-Fraktion, ihrem Präsidenten zu folgen und das Abkommen abzulehnen.
Ein Signal wollte Christian Levrat setzen, als er seiner Partei und den Wählern da draussen via Sonntagspresse bekannt gab, dass die SP die neuen Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich ablehnt. Also kam die Partei heute Dienstag vor Beginn der Sommersession nochmals zusammen. Die Botschaft sollte lauten: Wir akzeptieren nichts anderes als den automatischen Informationsaustausch und machen solange Druck, bis die Daten zwischen Banken und den Heimatstaaten der Anleger fliessen.
Das Signal, das nach der Parteisitzung versendet wurde, war dann ein anderes: Als die Parteioberen Aufstellung nahmen, um sich zu erklären, stolperte die Baselbieter Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer und rasselte beinahe durch die Kulissen. Sie fing sich nur knapp, indem sie sich an den für die Kameras aufgestellten SP-Banner klammerte.
Das passte ins Bild, denn es hat hinter den Türen ordentlich gerüttelt. Nur 26 Parlamentarier folgten Levrat, 17 stimmten gegen ihn, zwei enthielten sich. Leutenegger sprach von einem «schwierigen Geschäft für die SP». Die SP will eigentlich klar machen, dass für sie nur der Datenaustausch infrage kommt, weiss aber auch, dass die Abgeltungssteuer zumindest bis auf weiteres keine schlechte Lösung für die Bereinigung der Schwarzgeldproblematik ist. So sollen Schweizer Banken auf unversteuerte Altvermögen zwischen 21 und 41 Prozent an Steuern nach Deutschland schicken.
Lösung für Altgelder
Für den Baselbieter Nationalrat Eric Nussbaumer liegt darin die Stärke der Abgeltungssteuer: «So wird geregelt, was mit den alten Geldern geschieht. Wenn wir auf diese Regelung verzichten und nur auf den automatischen Informationsaustausch warten, bleiben diese Vermögen unversteuert.» Er habe noch kein Papier der Gegner gesehen, das eine Lösung für dieses Problem skizziere.
Hinter der Debatte um die richtige Strategie verbirgt sich eine um den Stil. «Man kann nicht drei Tage vor der entscheidenden Abstimmung die Partei auf einen neuen Weg einschwören», sagt Nussbaumer mit Blick auf Levrats sonntägliche Interviews. Noch an der letzten Kommissionssitzung hatten sich die SP-Vertreter beim Thema Steuerabkommen enthalten, das sei zuvor so beschlossen worden. Wenn man die Abkommen ablehne, hätte man das von Beginn an tun sollen. «Die Verträge wurden zwei Jahre lang verhandelt», erinnert Nussbaumer, «ohne dass die SP sich dagegen ausgesprochen hat. Das ist alles nicht sehr logisch.»
SVP geschlossen gegen Verträge
SP-Präsident Levrat schob in erster Linie nicht den Abweichlern in der eigenen Partei – sondern den Grünen die Schuld dafür zu, dass die Steuerabkommen nun wahrscheinlich angenommen werden. Die Grünen hatten sich einstimmig für die Verträge ausgesprochen. «Das hat uns den ganzen Handlungsspielraum geraubt», klagte Levrat. Nur die SVP ist klar gegen die Abkommen.
Levrat warnte davor, dass die Schweiz in ein paar Jahren wieder unter Druck geraten werde. «Es ist gefährlich zu glauben, das Ausland, werde diese Lösung akzeptieren», sagte er. Er bedauerte den «Zeitverlust auf dem Weg zum Informationsaustausch». Ob die Abkommen überhaupt je zur Geltung kommen, ist auch bei einem Schweizer Ja ungewiss. Im November entscheidet der deutsche Bundesrat über die Verträge, wo die oppositionelle SPD über die Mehrheit verfügt.
Zudem hat der Rechtsaussenverbund AUNS angedroht, das Referendum zu ergreifen – und die Jungsozialisten haben sich beeilt zu erklären, dass sie mitziehen werden. Der SP steht der nächste Zwist bevor. Für Levrat kein Thema: «Das wichtigste für uns ist, dass sich die Partei sehr klar positioniert hat», sagte er und wusste wohl als Einziger, was darunter zu verstehen ist.
Der Ständerat hat derweil deutlich Ja zum Steuerabkommen gesagt.