Beim Auto-Salon in Genf sind Schweizer Hersteller nur als Zulieferer vertreten. Dabei gab es in der Schweiz einst über 80 Automarken.
Seit Kurzem nennt sich der Genfer Auto-Salon «Geneva International Motor Show». Nicht geändert hat sich das Ausstellungskonzept: Bei der 87. Ausgabe zeigen 180 Aussteller aus der ganzen Welt bis zum 19. März ihre auf Hochglanz polierten Neuheiten.
Vergessen geht dabei, dass auch die Schweiz einst über eine blühende Automobilindustrie verfügte. Heute sind Schweizer Firmen noch mit Sonderanfertigungen und als wichtiger Zulieferer vertreten. Die Automobilhersteller aber haben allesamt die Tore geschlossen.
Als letzter Nutzfahrzeughersteller der Schweiz wurde Saurer 1982 von Mercedes übernommen. 1983 verliess der letzte Lastwagen für den zivilen Einsatz die Fabrik am Bodensee. Begonnen hatte Saurer bereits 1897 in Arbon mit der Produktion von Personenwagen.
Zuverlässige Technik
Die letzte grosse Schweizer Marke, 1967 von Peter Monteverdi in Binningen gegründet, stellte ihre luxuriösen Sport- und Geländewagen bis 1984 her. Neben Studien und Prototypen waren hier 3500 Monteverdi-Fahrzeuge gebaut und für gutbetuchte Kunden in alle Welt exportiert worden.
Ajax, Martini, Pic-Pic, Turicum: Diese einst renommierten Schweizer Automarken sind nur noch Insidern ein Begriff. Dabei wurden in der Blütezeit der einheimischen Automobilindustrie zwischen 1910 und 1933 Autos in alle Welt geliefert: Die überdurchschnittliche Qualität und zuverlässige Technik von Schweizer Autos waren bis in den Vorderen Orient geschätzt.
Exportiert wurde bis nach Russland und Südamerika. Eine hübsch kolorierte Ansichtskarte zeigt einen 40-HP-Martini 1908 vor den Pyramiden in Ägypten. Schon damals versuchten die Hersteller die Zuverlässigkeit ihrer Erzeugnisse in Rennen und Fernfahrten unter Beweis zu stellen.
Genf in der Pionierrolle
Genf war um die Jahrhundertwende Zentrum der Autoindustrie. Bereits 1905, im Jahr der Premiere der «Exposition Nationale Suisse de l’Automobile et du Cycle», fuhren 300 bis 400 Fahrzeuge auf den Strassen der Stadt. Genf wies damit die höchste Motorisierungsrate aller Schweizer Städte auf.
Dass die Autos in der Pionierzeit die Strassen der Romandie schneller als die der Deutschschweiz eroberten, hatte mit der Nähe zu Frankreich zu tun: Die ersten «fahrbaren Kutschen» mit Benzinmotor hatten zwar mit Carl Benz und Gottlieb Daimler zwei Deutsche um 1885 entwickelt. Die Franzosen machten aber als Erste das neue Fortbewegungsmittel populär, in erster Linie Panhard & Levassor und Peugeot, die schon ab 1892 Autos in Kleinserie herstellten.
Findige Schweizer Mechaniker und Ingenieure fanden immer wieder wegweisende Lösungen für technische Probleme. Der Bieler Charles-Edouard Henriod entwickelte als Erster ein Schwungrad mit Geschwindigkeitswandler – eine Art automatisches Getriebe der Pionierzeit. 1897 fuhr er mit seinem dritten selbst gebauten Wagen vom Typ «Victoria» bis nach Paris. Seine Ankunft wurde damals als Sensation gefeiert.
Wegweisende Entwicklungen
Die von 1899 bis 1906 gebauten Autos der Zürcher Firma Weber & Cie. besassen bereits ein Getriebesystem mit zwei Riemenscheiben mit veränderlichem Durchmesser, in den 1950er-Jahren von DAF als «Variomatic» verkauft. Ein Weber mit Jahrgang 1902 existiert noch und steht im Verkehrshaus in Luzern.
Der Basler Lorenz Popp rüstete den Motor bereits 1898 mit einer oben liegenden Nockenwelle aus. Zwei Autos wurden in Basel gebaut, nur das zweisitzige «Phaeton» hat überlebt und ist derzeit im Museum Pantheon Basel in Muttenz zu bewundern.
Martin Fischer, gelernter Uhrmacher und wichtiger Schweizer Automobilpionier, baute von 1908 bis 1914 Automobile in Zürich und entwickelte ein Getriebe mit Innenverzahnung und einen ventillosen Schiebermotor. Damals waren das wegweisende Entwicklungen in der Autoherstellung. Zuvor hatte Fischer die Marke Turicum mit aufgebaut, ein bedeutender Hersteller, der von 1904 bis zum Ersten Weltkrieg in Uster gut 1000 Autos baute.
Keine Chance gegen Ford
Doch der wohl grösste und lange Zeit erfolgreichste Schweizer Autohersteller war Martini, 1897 in Frauenfeld gegründet und ab 1903 mit einer Fabrik im neuenburgischen Saint-Blaise. Die Weltwirtschaftskrise und die günstigere Konkurrenz aus dem Ausland bedeuteten 1934 das Ende für die robusten und teuren Wagen.
Als «Rolls-Royce der Schweiz» schliesslich galten ab 1906 die Autos von Piccard & Pictet aus Genf, bekannt unter der Abkürzung Pic-Pic. Viele Touren- und Sportwagen wurden ins Ausland exportiert, doch schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg folgte statt dem Aufschwung der Konkurs. Die qualitativ hochstehenden, aber teuren Schweizer Hersteller konnten den billig und in Massen produzierten «Blechkisten» der Giganten, allen voran Ford, nichts entgegensetzen.