Der EuroAirport hat den Gemeinden und Stadtquartieren im Süden erneut mehr Schlaf geraubt. Die Nachtflüge zwischen 22 und 24 Uhr sowie die Starts gegen Süden haben im Jahr 2016 stark zugenommen. Das geht aus dem Bericht der Fluglärmkommission beider Basel hervor.
Für den EuroAirport sind es erfreuliche Zahlen: Das Passagieraufkommen ist von 2015 auf 2016 um 4 Prozent auf 7,3 Millionen Fluggäste angewachsen. Die Flugbewegungen stiegen wegen einer höheren Auslastung und grösserer Flugzeuge um 1 Prozent auf 95’545 Starts und Landungen.
Für die Bevölkerung, die in Flughafennähe wohnt, sind die Zahlen hingegen weniger erfreulich. Zwar wurden die Lärmschutzbestimmungen «vollumfänglich eingehalten», wie aus dem Bericht der Fluglärmkommission beider Basel hervorgeht. Und am Tag, der am EuroAirport bis 22 Uhr dauert, wurden an den verschiedenen Messstationen gleichbleibende und rückläufige Fluglärmwerte registriert. Dies führt nun aber zum Schluss, dass die Zunahme vor allem in der Nacht, also von 22 bis 24 Uhr zu verzeichnen war.
Deutlich mehr Lärm in der Nacht
Im Bericht heisst es dazu: «In den Nachtzeiten legten die Fluglärmwerte im Süden des Flughafens im Bereich unter den Hauptabflugrouten deutlich zu.» Auf Schweizer Gebiet ist vor allem Allschwil betroffen, während Binningen, Neubad und Neu-Allschwil etwas glimpflicher davonkamen.
Hauptleittragende sind die Bewohner von Allschwil, Bartenheim und Hésingue. (Bild: Bericht FLK)
Das Ganze in Zahlen: Von 22 bis 23 Uhr nahmen die Flugbewegungen um 263 oder 5 Prozent zu, von 23 bis 24 Uhr war gar eine Zunahme um 10 Prozent zu verzeichnen. Allerdings sei die Gesamtzahl der Starts und Landungen in der Stunde vor Mitternacht mit insgesamt 2000 nach wie vor tief, so zumindest die Feststellung der Kommission.
Ungünstig für die Gemeinden im Süden ist, dass die lauten Starts in Richtung Süden überproportional zugenommen haben. Dies ist laut Bericht eine Folge der Zunahme der Flugbewegungen: Je mehr Landungen von Norden her zu verzeichnen sind, umso mehr Flugzeuge müssen in Richtung Süden starten.
Laute Uefa-Nacht
In der dritten Nachtstunde von 5 bis 6 Uhr sind nur Landungen zugelassen, was zu weniger Lärm führe. Nach wie vor herrscht auch während der Sperrzeiten zwischen 24 und 5 Uhr keine absolute Ruhe. 2016 gab zu diesen Stunden 279 Starts und Landungen – die meisten davon sogenannte Rettungsflüge.
Sehr laut ging es in der Nacht nach dem 18. Mai 2016 zu und her. Im Rahmen des Endspiels der Uefa-Euro-League vom 18. Mai 2016 in Basel waren 37 Ausnahmebewilligungen erteilt worden.
In den Nachtstunden nahmen entsprechend auch die Spitzenlärmwerte zu: Zwischen 22 und 6 Uhr wurden 4553 (Vorjahr: 4027) Flüge mit über 70 Dezibel registriert. Sehr laute Flüge mit über 90 Dezibel wurden aber nur sechs gemessen. Diese fanden alle am Tag statt.
Fluglärmkommission ist besorgt
Die Fluglärmkommission stellt in ihrer «Gesamtwürdigung» etwas lakonisch fest: «Der Konflikt zwischen dem Schutz vor Lärmbelästigung vor allem nachts und dem wirtschaftlichen Interesse des Flughafens bleibt.» Für sie stehe ausser Frage, «dass ernsthaft Massnahmen diskutiert werden müssen, mit denen die mit der Verkehrszunahme verbundene Lärmbelastung insbesondere in der Nacht gedämpft werden kann».
Konkrete Empfehlungen gib die Kommission aber keine ab. Und auch auf Regierungsebene ist Zurückhaltung zu verspüren. Die Baselbieter Regierungsrätin und EuroAirport-Verwaltungsrätin Sabine Pegoraro habe den Antrag zu einer Ausweitung der Nachtflugsperre eingereicht, schreibt die Baselbieter Regierung. Eine sonderlich verwegene Forderung ist dies nicht: denn während der Grossflughafen Zürich eine Nachtflugsperre von 23 bis 6 Uhr kennt, ist sie in Basel-Mulhouse mit der Dauer von 24 bis 5 Uhr um zwei Stunden kürzer.
Pegoraros Antrag werde im Rahmen der Strategie für die Flughafenentwicklung 2030 behandelt, heisst es weiter. Persönlich wird die Antragstellerin keinen Druck mehr aufsetzen können, sie trat kürzlich erst aus dem Verwaltungsrat zurück.
Der Schutzverband der Bevölkerung rund um den Flughafen Basel-Mülhausen zeigt sich befremdet über Veröffentlichung der Fluglärmkommission und die Stellungnahme der beiden Basler Regierungen. «Die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens sind empört über die zunehmende Rücksichtslosigkeit des EuroAirports und seine Rückendeckung durch die Kantonsregierungen beider Basel», schreibt Verbandspräsidentin Madeleine Göschke-Chiquet. Dass die Lärmschutzbestimmungen vollumfänglich eingehalten worden seien, entspreche nicht der Wahrheit: «Der gesetzliche Lärmgrenzwert von 50 Leq für die Stunde von 23 bis 24 Uhr wurde in Allschwil mit 51,1 Leq deutlich überschritten.»