Mehr Hürden als erwartet bei Iran-Verhandlungen

Bei den Genfer Atom-Verhandlungen ist der erhoffte Durchbruch ausgeblieben. Grund dafür war Frankreichs harte Haltung. Ein weiteres Treffen wurde vereinbart.

Keine Einigkeit zwischen Catherine Ashton und Mohammad Javad Zarif. (Bild: Keystone)

Bei den Genfer Atom-Verhandlungen ist der erhoffte Durchbruch ausgeblieben. Grund dafür war Frankreichs harte Haltung. Ein weiteres Treffen wurde vereinbart.

Die internationalen Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm sind in Genf nach drei Tagen ohne ein Abkommen zu Ende gegangen. Grund dafür, dass der erhoffte Durchbruch bei den jahrelang festgefahrenen Verhandlungen scheiterte, war vor allem Frankreichs harte Haltung.

«Es gab offenbar mehr Meinungsverschiedenheiten unter den fünf UNO-Vetomächten sowie Deutschland [5+1-Gruppe] als zwischen diesen Staaten und dem Iran», sagte Mohammad Reza Djalili im Gespräch mit der TagesWoche. Der emeritierte Professor am Genfer Institut für internationale Beziehungen und Entwicklung wies darauf hin, dass Frankreich bereits unter Präsident Nicolas Sarkozy gegenüber dem Iran eine harte Position eingenommen hatte. Die Tür sei jedoch offen für weitere Verhandlungen, da für den 20. November ein neues Treffen vereinbart wurde.

Übergangslösung

Verhandelt wurde in Genf über den Text eines vorläufigen Abkommens. Es sieht vor, dass der Iran vor allem die Urananreicherung auf 20 Prozent zunächst aussetzt und intensivere internationale Kontrollen durch internationale Inspektoren zulässt, die auch Zugang zu Militäranlagen haben sollen. Dafür sollen einige der gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen gelockert werden. Nach einigen Monaten sollen dann umfassendere Vereinbarungen folgen, die sicherstellen, dass der Iran unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms keine Nuklearwaffen baut.

Laut Djalili forderte Frankreich offenbar im Gegensatz zu andern Staaten, dass bereits im ersten Abkommen auch ein Stopp der Arbeiten an dem Schwerwasserreaktor in Arak vorgesehen wird, der sich noch im Bau befindet. Der Reaktor soll im nächsten Jahr zu Forschungszwecken in Betrieb gehen. In Schwerwasserreaktoren fällt Plutonium an, das für die Waffenproduktion verwendet werden kann. Der iranische Chefunterhändler und Aussenminister Mohammad Javad Zarif anerkannte, dass die Anlage in Arak Teil der Atomverhandlungen ist.

Über andere Fragen des diskutierten Textes einigten sich die Verhandlungspartner in Genf jedoch. Auf dieser Grundlage kann aufgebaut werden, wenn die Verhandlungen zwischen der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton und Zarif am 20. November fortgesetzt werden. Beide Seiten betonten, dass sie weiterhin ein Abkommen erreichen wollen. Selbst der französische Aussenminister Laurent Fabius sagte, die bisherigen Fortschritte könnten weitere Verhandlungen erleichtern.

Im Interesse beider Seiten

Der Iran ist vor allem aus wirtschaftlichen Gründen an einem Abkommen beziehungsweise der Aufhebung der Sanktionen interessiert. Im vergangenen Jahr seien die Erdöleinnahmen um 60 Prozent gesunken, sagte Djalili. Die gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen beeinträchtigen den ganzen Aussenhandel. So hat der Iran Probleme bei Importen, da die Banktätigkeiten eingeschränkt sind. Weiter hat die Währung an Wert verloren und die Inflation beträgt offiziell 40 Prozent. «Die grosse Mehrheit der Bevölkerung im Iran will, dass ihr Land ein normales Land ist und nicht als Terrorstaat betrachtet wird», sagte Djalili. Die Menschen wollten reisen und hofften auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Letzteres war auch ein Wahlversprechen der neuen Regierung von Präsident Hassan Ruhani.

Für die 5+1-Staaten und weitere Länder kann der Iran mit seinen 80 Millionen Einwohnern ein interessanter Markt sein. Zudem besteht die Notwendigkeit, dass das Land seine Infrastruktur erneuert. Die westlichen Länder sind aber auch aus politischen Gründen an einer Normalisierung der Beziehungen mit dem Iran interessiert. Dies wäre laut Djalili vor allem auch ein Erfolg für US-Präsident Barack Obama nach dem Armee-Abzug aus dem Irak und dem im nächsten Jahr vorgesehenen Abzug aus Afghanistan. Fünf US-Präsidenten hätten keine Normalisierung mit dem Land erreicht.

Eine Normalisierung der Beziehungen würde zudem zur Stabilität der Region beitragen, ist Djalili überzeugt. Der Iran dürfte zwar zu einem wirtschaftlichen Konkurrenten Saudi-Arabiens werden. Es habe jedoch nicht immer ein Kalter Krieg geherrscht zwischen diesen beiden Staaten, vor der iranischen Revolution 1979 hätten sie zusammenarbeitet. Nach den Worten von Djalili haben sie auch gemeinsame Interessen wie die Stabilität der Golfstaaten.

Kontrollen wichtig

Mit Blick auf Israel, das befürchtet, ein Abkommen mit dem Iran werde die Regierung in Teheran nicht an der Entwicklung von Atomwaffen hindern, sagte Djalili, der wichtigste Punkt eines Vertrags sei dessen Umsetzung. Abkommen werden überwacht, im Fall von Atomanlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien. Wenn der Iran ein Abkommen nicht einhalte, könnten wieder Sanktionen verhängt werden. Der Iran sei im Übrigen nicht das einzige Land, das Uran anreichere. Brasilien tue dies in Zusammenarbeit mit der IAEA.

Der Iran will als Mitglied des Atomwaffensperrvertrags (NPT) weiterhin schwach angereichertes Uran mit einem Anreicherungsgrad von fünf Prozent herstellen, das für Brennstäbe für Atomkraftwerke benötigt wird. Verhandelbar ist für Teheran aber die Forderung, kein 20-prozentig angereichertes Uran mehr herzustellen, das relativ rasch auf atomwaffenfähige 90 Prozent angereichert werden könnte.

Der UNO-Sicherheitsrat spricht Iran das Recht auf Urananreicherung nicht ab, sofern das Land sein Atomprogramm überwachen lässt, was ebenfalls Teil des NPT ist. Die EU hielt das Recht des Irans, unter diesen Voraussetzungen Uran anzureichern, in einem Papier zu den Verhandlungen in Genf ausdrücklich fest.

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