Mehr Liebe geht nicht

Die Basler Ständerätin Anita Fetz wird mit rekordverdächtigen 66,8 Prozent aller Stimmen wiedergewählt. Die Stunde des Triumphs ist auch der Augenblick der Rache: Fetz will den Arbeitgeberverband, der sich hinter die verunglückte bürgerliche Kandidatur gestellt hatte, künftig ignorieren.

Die Grande Madame der Basler Sozialdemokratie: Anita Fetz, zum vierten Mal im Ständerat.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Basler Ständerätin Anita Fetz wird mit rekordverdächtigen 66,8 Prozent aller Stimmen wiedergewählt. Die Stunde des Triumphs ist auch der Augenblick der Rache: Fetz will den Arbeitgeberverband, der sich hinter die verunglückte bürgerliche Kandidatur gestellt hatte, künftig ignorieren.

Solche Resultate kennt man von Bergkantonen ohne politischen Wettbewerb: Zwei Drittel aller Basler bestätigen Anita Fetz als Ständerätin. Die erfolgreichste politische Karriere in Basel der letzten Jahre und Jahrzehnte hat ihr Zenit erreicht: 2003 stimmten 51,7 Prozent für Fetz, 2007 59,5, 2011 62,6 und jetzt – 2015 – 66,8 Prozent.

Fetz nannte den Erfolg eine «Liebeserklärung der Stadt an mich». Sie, die im Vorfeld als Sesselkleberin taxiert worden war, die sich in einem harten internen Duell Finanzdirektorin Eva Herzog vom Leib halten musste, ist unbestritten Basels Wahl für die kleine Kammer. Mehr Liebe geht nicht.

Ein Nobody als gemeinsamer Nenner

Geschuldet ist der Triumph in dieser Höhenlage, das weiss Fetz, vor allem der gescheiterten bürgerlichen Kandidatur. Nachdem SVP und FDP das Veto gegen Christoph Eymann als gemeinsamen Kandidaten eingelegt hatten, fand sich als gemeinsamer Nenner nur noch Politnobody Julian Eicke, Jura-Student, BaZ-Schreiber und Jungfreisinniger. 

Eicke vereinigte 13,6 Prozent der Stimmen auf sich. Das sei zufriedenstellend, meinte er: «Träumen hatte keinen Sinn, ich muss realistisch sein.»

Mehr Pfusch geht nicht

Die Mutterparteien hatten sich so spät hinter Eicke gestellt, dass es ihre Rückendeckung nicht mal mehr auf die Wahlunterlagen schaffte. Mehr Pfusch geht nicht. SVP-Vordenker Joël Thüring meinte zum bürgerlichen Zusammenspiel bloss: «Kein Kommentar». Wie unzufrieden die eigene Basis mit dieser Kandidatur war, zeigen 194 Proteststimmen, die auf das Konto des nichtkandidierenden Eymann gingen. 

Ob es taktisch klug vom Arbeitgeberverband war, sich hinter Eicke zu stellen, ist fraglich. Fetz kündigt an, künftig eher kein offenes Ohr für den Verband zu haben. Sie spreche lieber direkt mit den Firmen als mit den Verbänden, deren Bedeutung werde überschätzt.

Was sie von Julian Eicke hält, erklärt Fetz im Video-Interview:

Enttäuscht von den Wirtschaftsverbänden ist auch der Grünliberale Kandidat David Wüest-Rudin. Obwohl er in einem Rating als wirtschaftsfreundlich taxiert worden sei, erhielt er keinen Support. Wüest-Rudin war zuletzt aus dem Grossen Rat abgewählt worden, rückte zwar wieder nach, die deutliche Abfuhr heute Sonntag (11,1 Prozent) hat sich voraussagen lassen.

Fetz, das muss den Bürgerlichen Mut machen, will nur noch vier Jahre den Kanton im Ständerat vertreten. «Dann brauch ich auch einmal ein bisschen Zeit für mich», sagt sie.

Die detaillierten Wahlergebnisse für den Ständerat.

Die detaillierten Wahlergebnisse für den Ständerat.

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