Der Regierungsrat hat ein Konzept mit Leitlinien zum öffentlichen Raum erarbeitet. Es soll dazu beitragen die Lebensqualität und Sicherheit zu steigern.
Regierungspräsident Guy Morin präsentiert vier Leitsätze, die die Nutzung des öffentlichen Raumes verbessern sollen. Anlass zum Konzept des Regierungsrates (siehe Hintergrund zum Artikel) war, dass in vergangenen Jahren der öffentliche Raum immer mehr vom Verkehr in Beschlag genommen worden sei: «Der Verkehr verdrängte die Nutzung durch die Bevölkerung.» Nun solle der öffentliche Raum von der Bevölkerung zurückerobert werden.
Auch Stadtentwickler Thomas Kessler bemängelt, dass es in Basel kaum Plätze gebe, die von einer breiten Öffentlichkeit genutzt werden könnten: «In Basel sind beinahe alle Plätze Verkehrsträger, das heisst auch sie sind zerschnitten von Verkehrswegen.»
Der erste Leitsatz aus dem Konzept besagt, dass der öffentliche Raum allen gehöre. Niemand solle ausgeschlossen werden. Dazu gehöre auch, dass der Zutritt für alle möglich sei, unabhängig vom Alter, der Nationalität, dem Geschlecht oder einer Behinderung.
Weniger Regeln, mehr Verantwortung
Der zweite Leitsatz baut darauf auf, dass der öffentliche Raum vielseitig nutzbar sein soll. Es brauche auch ein «gesundes Mass an nicht regulierten Bereichen im öffentlichen Raum», damit auch Spontanität möglich ist. Dabei wird auf Selbstverantwortung und Rücksichtnahme jedes und jeder Einzelnen, dass andere nicht «auf unzumutbare Weise» gestört werden.
«Die Briefe, die wir bezüglich der Nutzung des öffentlichen Raums erhalten sind mehrheitlich positiv. Es sind lediglich die Exzesse, – wie eine hohe Lautstärke um drei Uhr morgens oder urinieren in Gärten – die negativ auffallen.»
Sicherheit erfordert Präsenz von allen Seiten
Als «Vorraussetzung für eine hohe Lebensqualität» zählt das Konzept auf, dass sich die Menschen angstfrei in einer sauberen Umgebung bewegen können. Dazu gehöre die Präsenz von Polizei, aber auch städtischem Reinigungspersonal. Auch die Bevölkerung selbst sei angehalten, für ein gutes Miteinander zu sorgen.
Als die Demonstration gegen Vergewaltigungen im öffentlichen Raum angesprochen wird, betont Morin: «Frauen dürfen sich in keiner Art und Weise vom öffentlichen Raum verdrängen lassen.» Es gäbe allerdings gewisse Unorte in der Stadt, an welchen man sich nachts nicht mehr sicher bewegen könne, zum Beispiel dunkle und enge Gassen, sagt Morin. Dort sei auch das Bewusstsein da, dass man diese Orte zu bestimmten Uhrzeiten meide. Damit wolle er allerdings nicht sagen, dass Frauen an bestimmte Orte nicht mehr hingehen sollen. «Ich sage als besorgter Vater zu meiner Tochter, dass sie um vier Uhr Nachts nicht alleine durch den Park gehen soll.» Man schliesse ja beispielsweise auch sein Haus ab.
Der vierte Leitsatz soll dazu beitragen, der Verdrängung der Grünflächen in der Stadt entgegenzuwirken. «Denn Grünflächen verbessern das Klima und sind Erholungsorte», sagt Morin.
Auf die Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen
Konkrete Massnahmen sind noch nicht auszumachen. «Einige Massnahmen muss die Regierung in Zusammenarbeit mit den Bund ausarbeiten», sagt Morin. Das Konzept solle eine Leitlinie sein, wie mit Nutzungsbedürfnissen im öffentlichen Raum umgegangen werden soll.
In der öffentlichen Diskussion mit der Bevölkerung und in den Medien sollen sich Grundwerte herauskristallisieren, wie Zivilcourage, wenn Unrecht geschieht, dass man niemanden ausgrenze und Selbstverantwortung und Rücksichtnahme zeige. Dann steige auch die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl.
Das Konzept soll auch als Leitlinie für das Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raumes, kurz NöRG, angewendet werden, sagt Morin.
Das «Konzept zur Steigerung der Lebensqualität und der Sicherheit im öffentlichen Raum» ist entstanden, weil der Grosse Rat 2008 einen entsprechenden Planungsanzug der Geschäftsprüfungskomission an den Regierungsrat überwies. Der auslöser war eine Bevölkerungsbefragung im Jahr 2007, in der «Sicherheit» und «Sauberkeit» den höchsten Stellenwert für Lebensqualität im öffentlichen Raum erhielten.