Mieterinnen- und Mieterverband bringt gleich drei Initiativen

Nach «Wohnen für alle» kommen die nächsten Initiativen: Der Basler Mieterverband will unter anderem den Schutz für ältere Mieter erhöhen. Zudem will der Verband nicht mehr von «Wohnungsnot», sondern neu von «Mietzinsnot» reden.

So viele Wohn- und Mieter-Initiativen: Die Basler Mieterinnen und Mieter können dieses Jahr mehrmals an der Urne über ihre Anliegen abstimmen. (Bild: Nils Fisch)

Nach «Wohnen für alle» kommen die nächsten Initiativen: Der Basler Mieterverband will unter anderem den Schutz für ältere Mieter erhöhen. Zudem will der Verband nicht mehr von «Wohnungsnot», sondern neu von «Mietzinsnot» reden.

Eigentlich können sich Basler Mieter ja freuen: Nicht nur die Juso und die SP wollen mit ihrer Initiative «Wohnen für alle» für günstigen Wohnraum kämpfen, auch der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) Basel bringt dieses Jahr gleich drei Initiativen, um die Portemonnaies der Mietzinszahlenden zu entlasten.

Damit nicht genug der Vorlagen im Bereich Wohnen und Mieten. Zumal die Basler Grünen jetzt im Grossen Rat mit einer Vielzahl von Vorschlägen per Anzug unter anderem die Pro-Kopf-Wohnfläche beschränken wollen. Laut einem Bericht der «Basler Zeitung» stand Genf dabei Vorbild.

Eine für Klagende, eine für Zügelnde, eine für die Älteren

Wie Patrizia Bernasconi und Beat Leuthardt, die zwei Geschäftsleitenden des MV Basel, heute vor den Medien ankündigten, richten sich die neuen Initiativen des Mieterverbands vor allem gegen hohe Mietzinsen. Im Überblick:

  1. «Ja zu bezahlbaren Mietverfahren» (Gerichtskosteninitiative II): Dabei handelt es sich um den zweiten Anlauf des MV, die Gerichtskosten für Mieter in Streitverfahren zu senken. Der erste Anlauf scheiterte im September 2013 an der Urne, vor allem wegen der Nein-Stimmen aus Riehen – dafür wurde damals das heutige Wohnraumfördergesetz angenommen. «Wir haben einige Verbesserungen vorgenommen und sind zuversichtlich», so Patrizia Bernasconi. Die Initiative soll noch vor den Sommerferien gestartet werden.
  2. «Ja zu bezahlbaren Neumieten»: Die Initiative sei noch in Vorbereitung, sagte Beat Leuthardt. Der MV wolle damit noch zuwarten, bis ein Bericht des Bundesamts für Wohnungswesen vorliege. Der Bund will die Mietkosten-Transparenz erhöhen: Jeder Mieter soll wissen, wie hoch die Vormiete war. Der Bundesrat will damit Mietzinswucher eindämmen. Dazu Leuthardt: «Je nach Absichten des Bundesrats wollen wir mit der Initiative den Druck auf die Umsetzung erhöhen.»
  3. «Ja zu bezahlbaren Altmieten»: Diese Initiative setze sich insbesondere für ältere Mieterinnen und Mieter ein, die nach «gängigem Schweizer Recht aus ihrer Wohnung geworfen werden können», so MV-Chefjurist Leuthardt. Auch diese Initiative ist noch nicht ausgearbeitet, sie soll aber dieses Jahr noch vorliegen.

Das Schlagwort heisst also «bezahlbar». Neu wollen die Mietervertreter Bernasconi und Leuthardt nicht mehr von «Wohnungsnot» reden, sondern von «Mietzinsnot». «Wir haben lange für die Etablierung des Begriffs Wohnungsnot gekämpft, jetzt wird damit von politischer Seite aber der Bau von teuren Wohnungen legitimiert, auch von der Regierung.»

Mieterverband erachtet Mietzinse als zu hoch

Präziser sei in ihren Augen der Begriff «Mietzinsnot», denn laut dem Mieterverband sei der bezahlbare Wohnraum die grosse Herausforderung. Gerade im Niedrigpreissegment gebe es in Basel zu wenig Wohnungen, das führe zu Ausgrenzung und Umschichtungen der Basler Wohnbevölkerung.

Angewandtes Beispiel gefällig? Wolle etwa eine alleinstehende ältere Frau von einer grossen in einer kleinere Wohnung wechseln, scheitere dies oft schon am höheren Mietzins der neuen, kleineren Wohnung, während sie für die alte noch gleich viel bezahle. Also bleibt sie in der grösseren Wohnung, weil diese günstig ist.

Diesen Sachverhalt führt nicht nur der Mieterverband an. Auch Andreas Zappala, Geschäftsführer des Basler Hauseigentümerverbands, erwähnte ein entsprechendes Beispiel am Rand der Medienkonferenz der Bürgerlichen gegen die «Wohnen für alle»-Initiative.

Unterstützung für «Wohnen für alle»

Überhaupt die Initiativflut: Der MV sei sich bewusst, dass am 8. März «Wohnen für alle» zur Abstimmung kommt, weshalb der Verband seine eigenen Initiativen erst danach forcieren will, so Leuthardt.

Die «Wohnen für alle»-Initiative der Juso und SP fordert eine staatliche Stiftung zur Förderung gemeinnützigen Wohnens und Wohnungsbaus. Der MV Basel unterstütze die Initiative, habe auch selber Unterschriften gesammelt, sei aber nicht im Komitee, so Bernasconi. 

Das gemeinnützige Wohnen und Bauen sei klar zu fördern, sagt die Geschäftsleiterin: Denn dabei gehe es darum, den Wohnraum der Spekulation zu entziehen und Mieten jenseits von Rendite-Optimierungen anzubieten, ein politisches Hauptziel des Verbands. Der MV lege entsprechendes Gewicht auf die Formulierung «gemeinnützig», womit nicht unbedingt Wohngenossenschaften gemeint sein müssen.

Bernasconi: «Nicht Genossenschaften im Fokus»

«Das sind ganz normale Mietverhältnisse ohne genossenschaftliche Organisationen», sagt Bernasconi. Dies praktiziere auch die Zürcher PWG, die ähnlich der in Basel zu gründenden Stiftung aufgebaut ist: «Genossenschaften machen da einen kleinen Teil aus.» Ziel müsse es sein, günstigen Wohnraum zu erhalten und mehr davon anzubieten.

Mit seinen aktuell 10’285 Mitgliedern ist der Basler Mieterinnen- und Mieterverband eine aktive Lobby für Mieteranliegen. Der Verband hat seit 2005 104 Sammelklagen ausgefochten, die sich vor allem gegen Massenkündigungen bei Haussanierungen richteten.

Seine Ursprünge hatte der MV Basel 1891 als erster Mieterverein der Schweiz. Der nationale Dachverband wurde 1915 gegründet und feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen.

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