Milchkuh-Initiative: Die einfachen Rezepte der Autolobby

Am 5. Juni wird auf eidgenössischer Ebene über die Milchkuh-Initiative abgestimmt. Die simple Idee dahinter: Alle Mineralölsteuereinnahmen aus Treibstoffen sollen in den Strassenbau und -unterhalt fliessen. Doch nach einem anfänglichen Hoch sagen die Umfrageergebnisse ein Nein voraus.

Mehr Geld und mehr Strassen könnten zu mehr Verkehr führen und damit die erhoffte Verflüssigung zunichte machen.

(Bild: SDA)

Am 5. Juni wird auf eidgenössischer Ebene über die Milchkuh-Initiative abgestimmt. Die simple Idee dahinter: Alle Mineralölsteuereinnahmen aus Treibstoffen sollen in den Strassenbau und -unterhalt fliessen. Doch nach einem anfänglichen Hoch sagen die Umfrageergebnisse ein Nein voraus.

Die Initianten selber haben die Milchkuh aus dem Titel ihrer Initiative gestrichen, weil er unbestrittenermassen irreführend sein könnte. Der neue Titel «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» kommt der Sache schon näher. Aber trotzdem sprechen praktisch alle nach wie vor von der Milchkuh-Initiative, wenn von dieser Abstimmungsvorlage die Rede ist.

Worum geht es?

Das Ziel der Initianten ist simpel: Sie wollen in der Bundesverfassung verankern, dass sämtliche Einnahmen aus der Mineralölsteuer auf Treibstoffe zweckgebunden in die Finanzierung des Strassenbaus und -unterhalts fliessen – vor allem für die Autobahnen, aber auch für Kantonsstrassen. Das wären gegenwärtig etwa drei Milliarden Franken jährlich.

Bei der Mineralölsteuer handelt es sich wie bei der Tabak- oder Alkoholsteuer um eine indirekte Steuer. Auf jeden Liter Treibstoff bezahlen Motorfahrzeughalter eine Abgabe. Davon fliesst heute die Hälfte, also 1,5 Milliarden Franken, in die Strassenkasse, während die andere Hälfte für andere Aufgaben des Bundes verwendet wird. Zusammen mit dem Mineralölsteuerzuschlag und den Erträgen der Autobahnvignette stehen 3,7 Milliarden für die Finanzierung des Strassennetzes zur Verfügung.

Die Einnahmen sinken

Einer der Hintergründe der Initiative sind Prognosen, die wegen des sinkenden Treibstoffverbrauchs von Autos auch sinkende Mineralölsteuereinnahmen voraussagen. Dazu kommt der Glaube, dass nur mit einem massiven Ausbau des Strassennetzes die zunehmenden Staus verhindert werden können.

Dabei kümmert es die Initianten nicht, dass der Bund bei einem Ja am 5. Juni auf nicht zweckgebundene Einnahmen in der Höhe von 1,5 Milliarden Franken verzichten müsste. Der Bundesrat, der die Initiative zusammen mit deutlichen Mehrheiten in den eidgenössischen Räten zur Ablehnung empfiehlt, warnt vor Steuererhöhungen oder drastischen Sparmassnahmen in anderen Bereichen wie der Bildung, dem öffentlichen Verkehr, der Armee oder der Landwirtschaft.

Weiter warnt der Bund konkret davor, dass sich die von den Initianten vorgeschlagenen neuen Finanzierungsregelungen zum Eigentor für den Strassenverkehr entwickeln könnten. Tun sich in der Bundeskasse Löcher auf, müssten die Tarife für den öffentlichen Verkehr erhöht werden. Dies könnte wiederum zur Folge haben, dass vermehrt Menschen aufs Auto umsteigen, so dass der Ausbau der Strasseninfrastruktur letztlich wirkungslos bliebe.

Der Bund hat eine Alternative im Köcher

Der Bund hat nach eigenen Angaben eine wirklich «faire» Alternative für die Deckung der Mehrkosten der Strassen im Köcher. Es handelt sich um den Vorschlag zur Einführung eines neuen Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr, kurz NAF. Laut den Vorstellungen des Bundesrats sollen neben Beiträgen der Auto- und Motorradfahrer (Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags) jährlich 400 Millionen Franken aus der Bundeskasse in diesen Fonds fliessen.

Der NAF ist aber noch nicht so weit, dass er der Milchkuh-Initiative als Gegenvorschlag hätte präsentiert werden können. Trotzdem hatte die Initiative und die doch beträchtliche Zustimmung, die sich in ersten Umfragen zeigte, bereits Folgen. Ursprünglich wollte der Bundesrat die Beteiligung der Motorfahrzeugfahrer auf einen Zuschlag von 12 bis 15 Rappen auf einen Liter Benzin oder Diesel festlegen. Dann krebste er von selber auf sechs bis sieben Rappen zurück. Und der Ständerat reduzierte den Aufschlag auf Antrag seiner Kommission schliesslich auf vier Rappen mit den entsprechenden Folgen für die Bundeskasse.

SVP als einzige grosse Partei dafür

Aber zurück zur Milchkuh-Initiative: Als einzige grosse Partei hat die SVP die Ja-Parole gefasst. Die Partei stellt auch im Initiativkomitee das Schwergewicht, unter anderem mit Walter Wobmann, der sich als Kopf der Minerattverbots-Initiative einen Namen gemacht hat. SP, FDP, CVP, die Grünen und Mitte-Parteien empfehlen ein Nein.

Bei den Institutionen sind die Automobilverbände TCS und ACS wenig überraschend für die Initiative. Bei den Wirtschaftsverbänden tut sich ein Graben auf. In der Region Basel sagen der Gewerbeverband Basel-Stadt und die Wirtschaftskammer Baselland Ja, während die Handelskammer beider Basel ein Nein empfiehlt.

Sinkende Zustimmung

In den üblichen Umfragen vor der Abstimmung zeichnete sich anfänglich eine Ja-Mehrheit für die Initiative ab. Bei der letzten Trendumfrage der SRG schwang das Pendel aber auf die andere Seite. Bei der am 25. Mai veröffentlichten Umfrage sagten nur noch 40 Prozent bestimmt oder eher Ja zur Initiative, während 49 Prozent angaben, bestimmt oder eher Nein zu sagen.

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