Shinzo Abe will zurück ins japanische Unterhaus. Der ehemalige Premierminister und seine Liberaldemokratische Partei verfolgen dabei eine einfache Strategie: Er ist gegen China, gegen den Atomausstieg und gegen Japans wirtschaftliche Schwächen.
Shinzo Abe wird es gefreut haben. Ein kleines, zweimotoriges chinesisches Flugzeug überflog am Donnerstag den Luftraum der umstrittenen Diaoyu-Senkaku-Inseln. Tokio zeigte sich empört und schickte acht Kampfjets, um sein vermeintliches Territorium zu verteidigen und die Propeller-Maschine abzufangen. Es ist ein Vorfall, der zeigt, wie angespannt die Situation in Ostasien inzwischen ist, wie schlecht das Verhältnis zwischen Tokio und Peking und wie gross die Angst der Japaner.
Das Wahlkampf-Team von Shinzo Abe und seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) hätte sich so kurz vor der Unterhauswahl in Japan kaum eine bessere Werbung vorstellen können. Shinzo Abe will zurück an die Macht – mit einem Programm gegen China, gegen den Atomausstieg, gegen Japans wirtschaftliche Schwächen. Und mehr noch: Er will der neue starke Mann in Asien werden.
Das hat der ehemalige japanische Premierminister zuletzt immer wieder klar gemacht – und für den Weg dahin hat er zuletzt auch bereitwillig den politischen Frieden in Fernost risikiert. Sei es Japans Streit um die Senkaku-Diaoyu-Inseln mit China, sei es der Streit Japans mit Südkorea um die Insel Dokdo – stets stand Shinzo Abe in den vergangenen Wochen bereit, um die Auseinandersetzung mit nationalistischen Statements und Aktionen zu begleiten und noch weiter anzuheizen.
Abe will Japan zur Führungsmacht machen
Zuletzt sorgte der Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei (LPD) in Südkorea und China für Entsetzen und Proteste, als er den Yasukuni-Schrein besuchte. Die Gedenkstätte erinnert an die japanischen Opfer des Zweiten Weltkriegs. So umstritten ist sie, weil an ihr auch an die Namen von 14 verurteilten Kriegsverbrechern gedacht wird. In Shinzo Abes Weltbild ist das kein Problem: Die Rolle seines Landes im Zweiten Weltkrieg malt er zu gerne in positiven Farben, von Unrecht will er nicht viel wissen. Kriegsverbrechen seines Landes leugnet er. Zu den sogenannten Trostfrauen, jenen Frauen, die als Zwangsprostituierte in Besatzungsgebieten in japanische Bordelle gesteckt wurden, sagt er schlicht, dass es nicht bewiesen sei, dass tatsächlich Zwang auf diese Frauen ausgeübt worden sei.
Der 1954 geborene rechtskonservative Politiker will Japan als Führungsmacht in Asien etablieren. Nachdem er 2006 zum jüngsten Premierminister seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Japan gewählt worden war, hatte er sich dieses Ziel schon einmal auf die Fahne geschrieben. Mit einer Schulreform sollte Kindern mehr Patriotismus vermittelt, die pazifische Grundfassung des Landes sollte aufgekündigt, militärische Drohungen ein legitimes Mittel der japanischen Aussenpolitik werden.
Partei versank im Chaos
Ein Jahr dauerte seine Regierungszeit. Dann trat er zurück, nachdem seine Partei im totalen Chaos versunken war. Im September dieses Jahres übernahm er wieder den Vorsitz der LPD. Am Nationalismus des 58-Jährigen hat sich seitdem nicht viel geändert. Vor allem China bekommt das zu spüren. «China war das erste Land, das ich als neu gewählter Ministerpräsident vor sechs Jahren besucht habe», betonte der Sohn des früheren Aussenministers Shintaro Abe kürzlich gegenüber der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. «Ich halte die Japan-China-Beziehung für sehr wichtig», sagte er mit Blick auf den aktuellen Insel-Streit. Für eine harte Linie gegenüber der Volksrepublik steht er dennoch ein.
Kein Wunder, eignet sich doch kaum ein anderes Land so gut als Feindbild wie jenes der Volksrepublik, die Japan bereits vom Sockel der zweitgrössten Volkswirtschaft gestossen hat. In den Monaten vor der Wahl war es vor allem Abe, der die schwache Regierung in Tokio mit nationalistischen Parolen vor sich hergetrieben hat. Eine Entspannung der Beziehungen in Fernost ist unter ihm nicht zu erwarten. Für den Preis der Macht scheint Shinzo Abe dies wert zu sein