Mit dem Gripen kann Maurer nur gewinnen

Am Mittwoch will der Bundesrat das Rüstungsprogramm 2012 mit 22 Gripen-Kampfjets zuhanden der Räte verabschieden. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das ein Nebenschauplatz, auf dem er nur gewinnen kann.

Ein Gripen-Modell bei der Präsentation im Oktober auf dem Militärflugplatz in Emmen bei Luzern. (Bild: Keystone)

Der Bundesrat will das Rüstungsprogramm 2012 mit 22 Gripen-Kampfjets zuhanden der Räte verabschieden. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das ein Nebenschauplatz, auf dem er nur gewinnen kann.

«Die Leute kennen viele Details und sehen das Wesentliche nicht.» Das sagte SVP-Bundesrat Ueli Maurer am Wochenende an einer Veranstaltung. Es gilt vorab für die Beschaffung neuer Kampfjets, die der Bundesrat am Mittwoch beschliessen will: Parlamentarier und Medien ereifern sich seit Monaten um Details der Gripen-Vorlage. Das geht von den Sekunden, welche Kampfjets für den Start benötigen – bis zur Frage, ob die richtigen Schweizer Funktionäre die Verträge mit den Schweden  unterschieben haben.

Das «Wesentliche» steht derweil in Maurers gut 50 Seiten starken Gripen-Botschaft, welche der «TagesWoche» vorliegt: Als Ersatz für 54 F-5 Tiger, die nur tagsüber bei schönem Wetter eingesetzt werden können, sollen 22 Allwetterjäger Saab Gripen E bestellt werden. Sie kosten 3,126 Milliarden. Maurer finanziert sie aus seinem Armeebudget von 4,7 Milliarden mit 300 Millionen jährlich über einen «Gripen-Fonds». Über diesen Fonds kann das Volk per Referendum abstimmen. Sagt es Nein, ist das Geschäft vom Tisch.

Kapriolen der Parlamentarier

Die Landesregierung dürfte der Vorlage zustimmen. Kapriolen machen derweil die Parlamentarier in den Kommissionen: Sie wollen teils keine Armee mehr und darum keine neuen Flieger, teils kämpfen sie für einen viel luxuriöseren und teureren Kampfjet. Das Geschäft könnte somit schon im Parlament scheitern. Oder dann in der Volksabstimmung über den Gripen-Fonds.

Für Maurer sind das Details. Wesentlich ist für ihn:

•    Er will in Sachen Luftwaffe künftig lieber auf gleicher Augenhöhe mit den neutralen Schweden zusammenarbeiten, als mit Nato-Staaten. Und sicher nicht mehr mit der US-Navy, von der die Schweiz mit F/A-18 gefährlich abhängig ist.

•    Der Gripen ist für Maurer jedoch «nicht dringlich». Er hätte ihn im Einklang mit dem Gesamtbundesrat verschieben wollen. Die vorgezogene Flieger-Vorlage hat ihm das Parlament aufoktroyiert.

•    Weisen die Räte das Gripen-Projekt zurück oder scheitert es vor dem Volk, kann Maurer darum gut damit leben. Er sagt seinen Fliegeroffizieren dann einfach, sie hätten mit ihren 33 F/A-18 und 54 F-5 für Luftpolizeieinsätze noch lange genug Mittel, und sollten das Beste draus machen.

Fliegerabwehr statt Hightech-Jets

Hochleistungs-Kampfjets sind ohnehin ein Waffensystem, das eher für weltweite Kriegseinsätze taugt als für Landesverteidigung. Und die gefährliche internationale Ausrichtung der Schweizer Armee nach Nato-Standards, wie sie unter Maurers Vorgängern Schmid und Ogi mit der gescheiterten «Armee XXI» betrieben wurde, muss Maurer jetzt mühsam korrigieren.

Er setzt dabei den Hebel bei der Luftwaffe zuerst an – mit oder ohne Gripen. Mit der Ernennung eines Fliegerabwehr-Offiziers als neuen Luftwaffen-Chef hat der SVP-Verteidigungsminister schon ein Zeichen gesetzt: Terrestrische Fliegerabwehr mit Kanonen und Raketen ist Landesverteidigung. Unter Ogi und Schmid wurde diese total vernachlässigt. Das soll sich jetzt ändern. Schon jammern in der Zeitung «Bund» hohe Schweizer Fliegeroffiziere, da werde «die Luftwaffe entmachtet».

«Internationalisten» abgemeldet

Das sagt einiges: Die Fliegergeneräle hatten sich unter Ogi und Schmid unkontrolliert nach internationalen Vorgaben ausgerichtet statt nach Bedürfnissen der Schweiz. Das will Maurer abstellen. Und nicht nur bei den Fliegern. Den einzigen Schweizer Stützpunkt für Kampftruppen im Ausland, das Camp Casablanca im Kosovo, hat er geschlossen. Den Verbindungsoffizier im Nato-Planungs-Hauptquartier ACT in Norfolk (USA) hat er abgezogen. Am Nato-Gipfel in Chicago war die Schweizer Armee Ende Mai mit keinem einzigen hohen Offizier mehr vertreten. Ein VBS-Insider stellt fest: «Nato-Anpasser und Internationalisten haben hier nicht mehr viel zu melden.» Das ist «das Wesentliche» worum es Maurer geht. 

Gesamtpaket mit Garantien

In den letzten Monaten war viel von «Risiken» die Rede, die sich die Schweiz mit der Gripen-Beschaffung einhandeln könnte. So auch in einem Bericht der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats vom 20. August. Diese Risiken habe die Schweiz in einem «Rahmenabkommen» mit Schweden nun klar eingrenzen können, steht in der Botschaft: «Die Schwedische Regierung garantiert gegenüber der Schweiz die vereinbarten Leistungen und Kosten einzuhalten.» Insbesondere stehe in dem Vertrag wörtlich folgendes: «Die schwedische Seite garantiert, 
• dass der Gripen E die festgelegten Werte bezüglich Funktionalität und Leistung erfüllen wird; 
• dass der Gripen E operationell wirksam sein wird; 
• dass der Gripen E nach der Ablieferung Upgrades nur zur Erfüllung neuer operationeller Bedürfnisse benötigen wird; 
• dass die im Rahmenabkommen festgelegten Preise fix sind; 
• dass der Gripen E gemäss dem bestehenden Zeitplan geliefert wird.» 
Der Bericht hält fest: «Eine solche eigentliche Garantie geht weit über die normalen Gepflogenheiten bei Rüstungsbeschaffungen hinaus.» Zusammenarbeit der Neutralen Schweden bietet auch die Ausbildung der Schweizer Piloten und gemeinsame Manöver an . Die beiden Länder wollen zusammen eine Organisation für die Wartung der Gripen-Flotten aufbauen. In einem Kapitel «Partnerschaft mit Schweden» zeigt der Bericht, dass diese «erheblich über die Beschaffung und technische Kooperation während der Betriebsdauer des Waffensystems» hinaus gehen werde. 
Man wolle «alle Möglichkeiten ausschöpfen, in Sicherheitsfragen zusammenzuarbeiten». Das hätten die Verteidigungsminister der beiden neutralen Staaten am vergangenen 29. Juni in einer «Absichtserklärung» festgehalten. Beide nämlich zeichneten sich aus durch «vergleichbare Grösse der Bevölkerung, tief verwurzeltes demokratisches Staatsverständnis, grosse Wirtschaftskraft, Spitzentechnologie, das Fehlen von regionalen oder globalen Machtansprüchen und starke humanitäre Tradition».

 

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