Mit einem Kompromiss will Basel weg von der fossilen Heizenergie

In Basel-Stadt soll ab 2050 möglichst nicht mehr mit Öl oder Gas geheizt werden. Der Grosse Rat verabschiedete als Gegenvorschlag zur radikalen Initiative «Basel erneuerbar» mit grossem Mehr eine entsprechende Revision des Energiegesetzes.

Fernheizkraftwerke sollen bereits bis 2020 zu 80 Prozent CO2-neutral Wärme erzeugen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

In Basel-Stadt soll ab 2050 möglichst nicht mehr mit Öl oder Gas geheizt werden. Der Grosse Rat verabschiedete als Gegenvorschlag zur radikalen Initiative «Basel erneuerbar» mit grossem Mehr eine entsprechende Revision des Energiegesetzes.

Es war ein langes und intensives Ringen, bis der «Kompromiss im gutschweizerischen Sinne» stand, wie Michael Wüthrich, Präsident der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (Uvek) im Grossen Rat sagte.

Der grüne Grossrat war einer der Architekten dieses Kompromisses, was ihm prompt lobende Worte vom zuständigen Regierungsrat Christoph Brutschin und von LDP-Grossrat Heiner Vischer einbrachte. Nur die SVP – mitsamt Regierungsratskandidat Lorenz Nägelin in den Reihen – lehnte den Gesetzesrevisionsentwurf ab.

Ursprung der Revision war neben der Energiestrategie des Bundes und fast zwanzig Vorstössen im Grossen Rat die Initiative «Basel erneuerbar», die vor zwei Jahren eingereicht wurde. Die Initiative wollte in der Kantonsverfassung festschreiben, dass der Energieverbrauch ab 2050 «grundsätzlich auf Basis von nachhaltigen, erneuerbaren Energien gedeckt» wird. Das hätte auch die Verkehrsmittel mit eingeschlossen.

Nur noch Heizenergie

Dass nun auf Gesetzesstufe Benzin und Diesel für Fahrzeuge ausgeklammert sind, ist eine der markantesten Anpassungen der Gesetzesrevision, die die Basler Regierung mithilfe von zwei Grossratskommissionen als Gegenvorschlag zur Initiative vorlegt. Geblieben ist das Prinzip, dass möglichst mit Anreizen und wenn immer möglich auf kostenneutrale Art fossile Energie bei der Wärmegewinnung bis 2050 verschwinden soll. Auf eine Energieabgabe, wie es beim Baselbieter Energiegesetz vorgesehen ist, soll in Basel-Stadt verzichtet werden.

So weit wie möglich zumindest. Denn explizit verboten werden Öl- und Gasheizungen nicht. Sie werden nicht einmal bewilligungspflichtig, wie dies die Regierung noch vorgeschlagen hat. Lediglich meldepflichtig werden sie, wie dies im Krompromissvorschlag der Uvek und der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) festgehalten ist.

Neue Anlagen werden aber nur noch dann erlaubt sein, wenn die Energieeffizienz der Gebäude um 20 Prozent gesteigert werden kann.

Heizpilze wieder erlaubt

Es ist denn auch (noch) nicht eine CO2-freie Zukunft, die angestrebt wird. «Aber der CO2-Ausstoss soll auf eine Tonne pro Kopf reduziert werden», sagte Wüthrich. Mit gutem Beispiel sollen der Kanton und seine Regiebetriebe vorangehen. So soll Fernwärme bereits bis 2020 zu 80 Prozent CO2-neutral hergestellt werden – ein Ziel, das sich nicht so einfach erreichen lasse, wie Brutschin sagte.

Auf der anderen Seite sollen Heizpilze für Boulevard-Gastronomie wieder bewilligt werden. Allerdings nicht ohne Einschränkung. Sie sollen ebenfalls nur mit CO2-neutralen Energieträgern wie Holz oder Biogas oder mit lokal hergestelltem Strom betrieben werden können.

Spuren der Wirtschaftsverbände

Grossräte aller Fraktionen ausser der SVP klopften sich während der Debatte selber auf die kompromissbereiten Schultern. «Nun ist das Werk vollbracht», sagte LDP-Fraktionssprecher Heiner Vischer. Und Ruedi Rechsteiner (SP), einer der Initianten, stellte in Aussicht, dass die Initiative sogar zurückgezogen werden könne. Allerdings könne und wolle er dies nicht hier und jetzt im Alleingang entscheiden.

Am Kompromiss werkelten übrigens nicht nur die zuständigen Kommissionen. Auch einzelne Grossräte arbeiteten mit. Solche, die das Murren von Wirtschaftsverbänden sowie von Hauseigentümer- und Mieterverband zum Anlass nahmen, weitere Änderungen vorzuschlagen, um diese zu befrieden. Das Resultat war ein kleiner Katalog von fünf Änderungsanträgen, die aber von einer grossen Mehrheit von bürgerlichen und links-grünen Parteien mitgetragen wurde.

Brutschin bemerkte hierzu, dass da die Handschrift der Verbände so deutlich herauszulesen sei, wie er es noch nie erlebt habe. Und er traut der Stille vor allem bei den Wirtschaftsverbänden nicht so richtig. «Ich wäre unter dem Strich nicht unfroh, wenn das Volk darüber abstimmen könnte», sagte er.

Grosses Mehr für den Gegenvorschlag

Die Bedenken der SVP fanden im Rat kein Gehör. Der Gegenvorschlag beziehungsweise die Revision des Energiegesetzes wurde mit 71 gegen 6 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) verabschiedet. Auch die Anträge der SVP, gewisse Punkte abzuschwächen, unterlagen mit deutlichen Mehr.

Wenn die Initiative doch nicht zurückgezogen würde, könnte sie mit einer grossrätlichen Empfehlung zur Annahme zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Empfehlung wurde mit 48 gegen 38 Stimmen überraschend deutlich beschlossen. Schliesslich sprach sich der Grosse Rat aber praktisch einstimmig dafür aus, bei einer allfälligen Stichfrage seinem Gegenvorschlag den Vorzug zu geben.

Dass der Grosse Rat auch die Initiative zur Annahme empfiehlt, sorgte am Schluss dann doch noch für etwas Grummeln nach der kompromissfreudigen Debatte. In einer gemeinsamen Medienmitteilung prangern die bürgerlichen Parteien vereint mit der SVP, die ja nicht mit im Energieboot war, die «Batze-und-Weggli»-Politik von Links-Grün an.

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