Mitte-Links tritt mit ehemaligem EVP-Landrat Thomi Jourdan an

Die EVP schicken gemeinsam mit SP, Grüne, GLP den Muttenzer EVP-Gemeinderat Thomas Jourdan ins Rennen um den verbleibenden Regierungsratssitz. Das heute präsentierte Wahlbündnis könnte die Baselbieter Politlandschaft nachhaltig beeinflussen.

Mitte-Links stellt an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz den Regierungsratskandidaten Thomi Jourdan vor. (Bild: Simon Jäggi)

Die EVP schicken gemeinsam mit SP, Grüne, GLP den Muttenzer EVP-Gemeinderat Thomas Jourdan ins Rennen um den verbleibenden Regierungsratssitz. Das heute präsentierte Wahlbündnis könnte die Baselbieter Politlandschaft nachhaltig beeinflussen.

Kaum mussten die Linken die überraschend deutliche Niederlage von SP-Nationalrat Eric Nussbaumer schlucken, nominieren sie bereits den nächsten Kandidaten: Für die Nachfolge des verstorbenen CVP-Regierungsrats Peter Zwick schicken SP, Grüne, Grünliberale und EVP den Muttenzer Gemeinderat Thomi Jourdan ins Rennen. 

Regierungsratskandidat Thomi Jourdan.

Regierungsratskandidat Thomi Jourdan. (Bild: )

Der 39-Jährige Jourdan sass während acht Jahren bis 2009 für die evangelische Volkspartei im Landrat. Er lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Muttenz und ist Mitglied des Gemeinderats. Im Landrat drehten sich seine Vorstösse häufig um Bildungsfragen. Der studierte Ökonom war Mitglied der Finanzkommission. Heute arbeitet er als Abteilungsleiter Human Resources beim Felix Platter-Spital.

Überraschend an der heute lancierten Kandidatur ist aber nicht nur die Nomination von Thomi Jourdan, dessen politische Ausstrahlung in den vergangenen Jahren kaum über Muttenz hinausreichte. Auch der Schulterschluss der EVP mit den Mitte-Links-Parteien sorgte an der Medienkonferenz von heute Nachmittag für viele Fragen.

Die Motivation der EVP für diese Aktion scheint auf den ersten Blick ebenso ungeklärt wie jene der übrigen Parteien. Zum einen ist die Kandidatur fast chancenlos, zudem gefährdet die EVP damit ihre langjährige Fraktionspartnerschaft mit der CVP.

EVP-Präsident Urs von Bidder ist sich dem Risiko bewusst: «Wir müssen schauen, wie die CVP unsere Kandidatur aufnimmt. Ich wurde im Vorfeld von einigen CVP-Mitgliedern bereits gewarnt. ‚Macht bloss keinen Fehler‘, sagte mir ein Landratsmitglied.» Trotz Risiken und marginalen Wahlchancen wollte die EVP auf diese Kandidatur aber nicht verzichten. «Für die EVP ist das in jedem Fall ein Gewinn. Es stärkt unsere kantonale Ausstrahlung.» Deshalb stehe auch die Landespartei voll und ganz hinter dieser Nomination. 

SP und Grüne liebäugeln mit neuer mitte-links Fraktion

Sie wollen dem Kanton eine «echte» und «demokratische» Wahl ermöglichen, begründeten die Mitte-Links-Parteien heute Nachmittag ihre Unterstützung für Jourdan. Tatsächlich geht es den Grünen und der SP aber um mehr, wie sich in Gesprächen im Anschluss an die Medienkonferenz herausstellte. Die beiden Parteien liebäugeln mit einer neuen Mitte-Links-Fraktion, die über die Wahl hinaus bestand hat.

Grüne-Präsidentin Florence Benzikhofer sagte, sie würde eine neue Landrats-Koalition aus EVP, SP, GLP und den Grünen grundsätzlich nicht ausschliessen. Die Grünen würden bereits jetzt häufig und gut mit der EVP zusammenarbeiten. Noch deutlicher wurde SP-Präsident Martin Rüegg: «Diese Zusammenarbeit muss sich nicht auf diesen Wahlkampf beschränken. Ich würde die Bildung einer Fraktion mit der EVP begrüssen.» Er spüre viel Vertrauen und Wohlwollen in Zusammenarbeit mit der EVP.

Das letzte Wort ist in der Sache ohnehin noch nicht gesprochen. Bei der SP muss sich heute Abend noch die Geschäftsstelle für die Unterstützung von Jourdan aussprechen, bei den Grünen fehlt noch das Votum des Parteivorstandes. An der heutigen Medienorientierung sprachen die beiden Parteipräsidenten noch ohne abgesegnte Unterstützung der jeweiligen Gesamtpartei.

Es  passt ins Gesamtbild, dass die Kandidatur von Jourdan nicht die Idee der EVP war. Vielmehr waren es die Parteipräsidenten von SP, Grüne und GLP, die den Namen Jourdan ins Spiel brachten und daraufhin das Gespräch mit der EVP suchten. 

EVP-Präsident Urs von Bidder zeigte sich indes zurückhaltend. Vor Ende dieser Legislatur wolle er nicht über eine neue Fraktion nachdenken. «Wenn für die CVP eine Weiterführung dieser Fraktion möglich ist, wollen wir daran im Moment nichts ändern.» Allerdings habe er die Zusammenarbeit mit der SP und den Grünen für den Wahlkampf von Eric Nussbaumer als sehr angenehm erlebt. «Wir fühlten uns in den letzten Wochen im selben Boot.»

In diesem Zusammenhang brisant: Sollte es im Hinblick auf die kommenden nationalen Wahlen 2015 tatsächlich zu einem Zusammenschluss von EVP und Mitte-Links kommen, könnte das die CVP ihren Sitz im Nationalrat kosten. 

Jourdan präsentiert sich als Allrounder

Vor seiner Anstellung beim Felix-Platter-Spital war Thomi Jourdan stellvertretender Geschäftsführer und «Streetworker» in der Stiftung Jugendsozialwerk des Blauen Kreuz «Etwas, das meinem Wunsch – eine Tätigkeit zu haben, in der ich das, was mein Kopf kann (Ökonomie) und mein Herz möchte (mich für Menschen engagieren) kombinieren konnte – perfekt entsprach», schreibt er selbst auf seiner Website.

Der Muttenzer Gemeinderat Hanspeter Ruesch (SP) zeigt sich überrascht über Jourdans Kandidatur. Er beschreibt seinen Kollegen als rhetorisch brilliant, engagiert und als einen, der sich nicht so rasch unterkriegen lasse. «Er kann gut streiten und zuhören, aber auch dezidiert in eine Diskussion eingreifen.» Und der EVP-Politiker trage zu einer guten Stimmung in der Behörde bei, wenn er auch manchmal ein bischen ein «enfant terrible» sei.

In der Finanzpolitik fahre Jourdan eher eine bürgerliche Linie, in der Sozialpolitik eher eine Linke – allerdings mit der Einschränkung, dass für den EVP-Politiker traditionelle Werte wie die Familie sehr viel zählen würden.

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