Die Basler Kabarettisten Touche Ma Bouche geben dem Publikum «Die Wahl». Wie der Theaterabend verläuft liegt in den Händen der Zuschauer.
Eine Stimmbeteiligung von hundert Prozent in Basel? Das kann unmöglich mit rechten Dingen zugehen, üblich sind Werte in den Vierzigern. Kein Wunder fühlt sich Roland Suter, die eine Hälfte des Kabarettisten-Duos Touche Ma Bouche, im Theater im Teufelhof an die DDR erinnert.
Mit «Die Wahl» präsentiert Touche Ma Bouche «das erste direktdemokratische Kabarett» zeitgenau zum Wahlherbst. Ein Theaterabend, der reichlich Möglichkeiten der publikum’schen Einflussnahme verspricht, von den Kandidaten manipulative Fähigkeiten fordert und zwischen Castingshow und Politsatire pendelt.
Zur Auswahl stehen vier verschiedene Geschichten
Zur Wahl stellen sich vier Geschichten respektive ihre Protagonisten. Heiner Baeriswyl, Vertreter des Prekariats, der früher Gleitschirmpilot war und seinen letzten, fatalen Absturz mit dem Fluggerät auch durch die Gesellschaftsschichten fortgesetzt hat und nun sein Geld auf dem Bahnhofplatz verdient. Erich Schindelholz, solider Mittelstand und feingeistiger Sammler menschlicher Gedanken, bewegt sich – auf eindringliches Anraten seiner Frau Rita – auf den Spuren des Urgedankens. Die Verkörperung des Kapitalismus tritt zigarrenrauchend in der Person des (wen überraschts?) schwerreichen Pierre Klönthaler auf. Schliesslich die Möchtegern-Monarchen und Quiz-Show-Connaisseure Fleur und Rainer Oberer-Klönthaler, die sich auf ihrem riesigen Anwesen ein kleines, exotisches Inselvölkchen als Untertanen halten.
Die Tücken der Demokratie
In kleinen Häppchen werden die Geschichten vorgestellt, worauf der Souverän in Gestalt des Publikums die unliebsamsten Kandidaten abwählen kann. Das Wahlverfahren ändert mehrfach, sind doch nie wirklich alle mit dem Ergebnis zufrieden. Auf das Ungemach der überwältigenden Stimmbeteiligung folgt die Suche nach einer «engagierten Minderheit», die Organisatoren der Wahl versprechen sich davon ein stimmigeres Abbild schweizerischen Stimmverhaltens. Leider fällt die Minderheit «Kirchgänger» etwas gar klein aus (eine Person), sodass der Fokus aufgemacht wird und letzlich alle wählen dürfen die zumindest Kirchensteuern bezahlen (knapp die Hälfte der Anwesenden). Da aber auch das Ergebnis dieser Wahl für Unmut sorgt – namentlich bei der abgewählten Pseudo-Königin Fleur – soll für den finalen Wahlgang ein Volksvertreter, in diesem Fall eine Volksvertreterin, gewählt werden.
Mal albern, mal geistreich
Eine Politsatire ist das Programm nur dort, wo mit den Unberechenbarkeiten des demokratischen Wahlprozederes gehadert wird. Wo der Souverän unliebsame Kompromisse hervorbringt, anstatt die grossen Ideen zu würdigen. Wo aufständische Regungen des Prekariats mit einem knappen Hinweis auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen im Keim erstickt werden. Ansonsten bleibt der Abend mal albernes, mal geistreiches Kabarett. Unterbrochen werden die Theaterpassagen von gefälligen musikalischen Einlagen. Zu erwähnen gilt es insbesondere das Abschlussstück, eine melancholische Melodie die in einem frustrierten Punk-Geschrei der Textzeile «Entscheiden heisst doch immer auch verzichten» gipfelt.
Den Hauptpreis, ein prall gefüllter Geldkoffer, darf übrigens zuletzt Erich Schindelholz entgegennehmen. Flankiert von seiner Rita die – zwar zufrieden – zumindest einen ersten Etappensieg auf dem Weg zur Totalvermarktung ihres Gatten erreicht sieht.
Das Programm «Die Wahl» läuft noch bis zum 29. September jeweils Mittwoch bis Samstag um 20:30 im Theater im Teufelhof.