Mobilmachung «180 Joor» nach der Schlacht

Die Baselbieter Fusionsgegner nutzen den 180. Jahrestag der Schlacht an der Hülftenchance, um gegen die Wiedervereinigung der beiden vor 181 Jahren getrennten Halbkantone mobil zu machen.

Der Zusammenstoss zwischen Baselbieter und Stadtbasler Truppen am 3. August 1833 war grausam und blutig – und nun wird der Anlass gefeiert. (Bild: Nils Fisch)

Das Komitee «ProBaselbiet» macht mobil und lädt am 3. August zur Schlachtfeier an der Hülftenschanze ein. Vor genau 180 Jahren haben dort Baselbieter Soldaten die Stadtbasler Truppen in die Flucht geschlagen und damit die Trennung der beiden Halbkantone besiegelt. Nun steht der nächste Kampf bevor: Die Abstimmung über die Fusions-Initiativen.

Noch ist unklar, wann die beiden Basel über die Fusions-Initiativen abstimmen werden. Aber die Gegner im Baselbiet rüsten bereits auf. Sie nehmen den 180. Jahrestag der blutigen Schlacht von 1833 an der Hülftenschanze zum Anlass, «180 Joor Baselland» zu feiern. Historisch nehmen sie es dabei nicht so genau, denn gegründet wurde der Kanton Baselland ein Jahr zuvor, am 17. März 1832, und abgesegnet wurde die Trennung durch die eidgenössische Tagsatzung ebenfalls bereits im Jahr vor der Schlacht. Aber, so der Baselbieter Historiker Ruedi Epple, eine Schlacht «lässt sich besser zum Symbol aufbauen als ein feierlicher Gründungsakt».

Und Symbole werden die Fusionsgegner im Abstimmungskampf einsetzen, um ihre Argumente wirksam zu vermarkten. Die Schlacht an der Hülftenschanze eignet sich da hervorragend, denn letztlich bestärkt die Erinnerung an das Geschehen vor 180 Jahren die selbständigen Baselbieter im Glauben, stärker als die Städter zu sein. Damals, am 3. August 1833, zogen die gut bewaffneten Basler Truppen landwärts, um jenen zwölf Gemeinden beizustehen, die sich nicht von der Stadt trennen wollten oder zumindest zögerten. Es waren meistens Dörfer, in denen die Basler Seidenherren Bänder weben liessen und die in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Stadt standen.

Brandschatzend durch Pratteln

Der Feldzug ins Baselbiet hinterliess schon kurz nach der Stadtgrenze seine ersten wüsten Spuren. Die städtischen Truppen unter dem Kommando von Franz Lukas Landerer, Oberstleutnant der Basler Kavallerie, zogen brandschatzend und mordend durch Muttenz und Pratteln, die Zivilbevölkerung floh, und an der Hülftenschanze vor Frenkendorf stiessen sie mit den Baselbietern zusammen. Nach einem kurzen, heftigen Gefecht um die Mittagszeit gelang es den Landschäftlern, die Städter in die Flucht zu schlagen und was Augenzeugen von Geschehen am jenem Nachmittag berichten, ist grauslig. Die Baselbieter verfolgten die flüchtenden Basler und schlugen tot, wen sie erwischten. Bis in den Hardwald, wo Oberstleutnant Landerer erschlagen wurde, blieben sie ihnen auf den Fersen. Über 60 Soldaten der Stadttruppen wurden getötet, es soll gar zu kannibalischen Auswüchsen gekommen sein.

«Wenn die Trennung mit einer Schlacht besiegelt wurde, dann ist das halt so.»

1933, hundert Jahre später, wurde der Schlacht mit einem Schützenfest gedacht, und in den Jahren darauf blieb sie zwar bei den Baselbietern in Erinnerung, doch gefeiert wurde das Ereignis erst 2008 wieder. Damals rief die SVP zum 175-Jahr-Jubiläum nach Frenkendorf. Und nun, fünf Jahre später, «nehmen wir den 180. Jahrestag dankbar zum Anlass, die Fusionsfrage zu diskutieren», wie der Baselbieter SVP-Präsident Oskar Kämpfer sagt. Gar keine Mühe mit dem Umstand, dass eine Schlachtfeier zur Mobilisierung der Fusionsgegner genutzt wird, hat FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger: «Wenn es um die Jahresfeier eines Kantons geht und die Trennung mit einer Schlacht besiegelt wurde, dann gehört das eben zur Geschichte des Kantons Basellandschaft!»

Sie wird am Samstag auf der Schulanlage Egg in Frenkendorf, wo die Feier ab 16 Uhr stattfindet, eine Rede halten zum Thema «Frauenpower». Die Themen der ebenfalls anwesenden Politiker Thomas de Courten (SVP) und Caspar Baader (SVP), der dieses Jahr zugunsten seiner «180-Joor-Rede» auf eine 1.-August-Ansprache verzichtet, sind noch nicht bekannt, ebensowenig, was die beiden neuen Regierungsräte Anton Lauber (CVP) und Thomas Weber (SVP) in ihren Grussansprachen sagen werden (Programmheft mit Grusswort von SP-Regierungsrat Urs Wüthrich auf der Rückseite dieses Artikels).

Die Freiheitslinde

Ein ganz feierlicher Akt dürfte anheben, wenn die Organisatoren des Festes eine Freiheitslinde pflanzen. Es wird die zweite sein: Im Frühling haben sie bereits einen Baum in Wenslingen geplanzt. Laut Oskar Kämpfer soll bald in jedem Bezirk eine Freiheitslinde wachsen. Warum denn eine Linde und nicht eine Fichte, wie das sonst bei Freiheitsbäumen üblich ist? «Weil eine Fichte ihre Nadeln längst verloren hätte, wenn es dann zur definitiven Fusionsabstimmung kommt», sagt Kämpfer. Er geht davon aus, dass es noch lange gehen dürfte, bis die Initiativen durch alle Instanzen sind und bis über alle Beschwerden entschieden und die letzte Runde eingeleitet sein wird. Man stellt sich auf einen jahrelangen Kampf ein.

So wie im letzten Jahrhundert, bevor am 7. Dezember 1969 die letzte Wiedervereinigungsabstimmung stattfand. Auch damals führten die Gegner der Wiedervereinigung vorher Jahr für Jahr einen Baselbietertag durch. Nicht am Jahrestag der Hülftenschanzenschlacht allerdings und nicht in Frenkendorf sondern im Gedenken an die Gründungsfeier und vor allem – oft und gern in Unterbaselbieter Gemeinden, in Muttenz auf dem Bruderholz, in Therwil … Auch das hatte seine Symbolik, erklärt der Historiker Ruedi Epple. Das Baselbiet sei damals der am schnellsten wachsende Kanton der Schweiz gewesen, Leute aus allen Landesgegenden zogen in die Nordwestschweiz, Baselland habe sich vom Bauernkanton zum Industriekanton gewandelt. Es herrschte damals Aufbruchstimmung und «der Baselbieter Tag als wichtiger Faktor der Mobilisierung hat immer auch die Botschaft vermittelt, dass die Zugezogenen willkommen sind».

Selbständig mit einem «-st»

Die Wiedervereinigungsgegner, an deren Spitze mit dem nachmaligen Regierungsrat Paul Manz ein Zürcher stand, haben laut Epple die Zuwander einzubeziehen und zu integrieren versucht. «Dagegen ist die heutige Bewegung der Fusionsgegner eher konservativ und ausschliessend», sagt Epple. Sie wählen ihre Symbole denn auch entsprechend: Schlachtfeier, Freiheitsbäume und nicht zuletzt bringen sie den Kleber, der Ende der 60er-Jahre auf den Autos der Wiedervereinigungsgegners prangte, wieder in Umlauf: «Baselland bleibt selbständig». Selbständig mit einem «-st».           

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