Lukas Kundert, Präsident der Reformierten Kirche, macht ein «katholisches Milieu» für die Besetzung der Matthäuskirche verantwortlich – und erntet dafür scharfe Kritik. Kundert reisse einen längst zugeschütteten Graben zwischen den Konfessionen auf.
Basels Katholiken sind aufgebracht: «Das Telefon steht nicht mehr still, der E-Mail-Eingang ist voll», sagt Monika Hungerbühler, Co-Diakonin der Römisch-Katholischen Kirche und Co-Leiterin der Offenen Kirche Elisabethen. Ausgelöst hat die Erregung ein Gastbeitrag des reformierten Kirchenratspräsidenten Lukas Kundert in der BaZ, mit Aussagen, die «mich sprachlos machen», so Hungerbühler.
Kundert äussert sich darin zu Kritik am Vorgehen der Reformierten Kirche bei der Besetzung der Matthäuskirche durch Asylsuchende und deren Unterstützer im Februar. Er behauptet, Personen aus dem «katholischen Milieu» hätten die Aktion vorbereitet und durchgeführt. Ein Mitglied des Jesuitenordens habe die Aktivisten instruiert und beraten, so Kundert in der bemerkenswerten Streitschrift weiter.
In der «bzbasel» meldete sich der angegriffene Jesuitenpater zu Wort. Christoph Albrecht, Leiter der Universitätsseelsorge, sagte gegenüber der Zeitung, er habe einzelnen Beteiligten eine Checkliste mit Verhaltenstipps gegeben. Diese sei leider ungenügend beachtet worden. Die Behauptung, dass die Bewegung dem katholischen Milieu entstamme, weist Albrecht zurück: «Viele der Mitglieder dieser Solidaritätsgruppe sind mit der kirchlichen Realität nicht so vertraut.»
«Das Schreiben ist ein Skandal.»
Kunderts Vorwürfe sind als Replik auf einen Kommentar von BaZ-Redaktor Thomas Gubler verpackt. Gubler kritsierte unter dem Titel «Die Polizei gehört nicht in die Kirche» Kundert dafür, nicht den Dialog mit den Aktivisten gesucht zu haben. Zudem verwies er auf das katholische Kirchenasyl. Das muss Kundert angestachelt haben.
Rückfall in den Kulturkampf
Einen «Skandal», nennt Xaver Pfister die Replik Kunderts. Pfister war lange Jahre Informationsbeauftragter der Katholischen Kirche Basel. «Befremdend finde ich, worauf Kundert seine wirre Argumentation abstützt», sagt Pfister. Kundert will festgestellt haben, dass die Verfasser eines Unterstützungsschreibens Katholiken oder ehemalige Katholiken waren. «Er geht wie ein Geheimdienstler zu Werke», kommentiert Pfister.
Besorgniserregend findet Pfister, wie Kundert «längst zugeschüttete Gräben zwischen den Konfessionen wieder aufreisst». Indem Münsterpfarrer Kundert «explizit einen Jesuiten als Rädelsführer benennt, greift er auf die längst vergangene Zeit des Schweizer Kulturkampfes zurück». In den 1870er-Jahren tobte zwischen Liberalen und papsttreuen Katholiken ein heftiger Kampf um den Einfluss der Katholischen Kirche auf den jungen Nationalstaat. In der Folge dieser Auseinandersetzung verloren die Katholiken zahlreiche Privilegien, der Jesuitenorden wurde gar verboten – ein Verbot, das erst 1973 aufgehoben wurde.
Versöhnung hinter den Kulissen
Xaver Pfister fordert nun eine öffentliche Entschuldigung Kunderts. Damit dürfte er auf Granit beissen: Roger Thiriet, Sprecher des Kirchenrats, teilt mit, «nun ist gesagt, was öffentlich festgehalten werden musste». Öffentlich war nur die Schelte, an der Versöhnung soll hinter den Kulissen gearbeitet werden: «Den weiterführenden Dialog mit den katholischen Glaubensbrüdern und -schwestern im Kanton führen wir nicht über die Medien.»
Ganz ähnlich lautet die offizielle Sprachregelung des Dekanats der Römisch-Katholischen Kirche. Sprecher Thierry Moosbrugger sagt, man werde nun das Gespräch mit Kundert suchen: «Wir sind eine Familie und Unstimmigkeiten sollen am Familientisch diskutiert werden und nicht in der Öffentlichkeit.»