Regierung und Bürgerliche mussten im Baselbiet am Sonntag eine Niederlage einstecken. Insbesondere die Rolle der Wirtschaftskammer im Abstimmungskampf wirft Fragen auf.
Herbst 2006. Die Automobilisten und Strassenbauer im Landkanton jubeln. Das Stimmvolk spricht sich für den «unverzüglichen Bau der H2» aus – mit 76 Prozent Ja-Stimmen. Die Strasse zwischen Pratteln und Liestal, die 470 Millionen Franken kostete und seit zwei Jahren in Betrieb ist, stiess damals auf wenig Widerstand – wie andere Strassenbauprojekte auch, die in den letzten Jahrzehnten in Baselland angenommen wurden.
Das Abstimmungsresultat vom vergangenen Sonntag kam deshalb für viele überraschend: 61 Prozent der Stimmbevölkerung sagten Nein zum Ausbau einer Strassentangente im Gebiet Allschwil/Binningen (Elba). Damit ist die etwa 1,8 Milliarden Franken teure Ausbau-Variante vom Tisch – die Strassenbauer haben verloren.
Resultat gibt der SP recht
Der Unterschied zu 2006: die klamme finanzielle Lage des Kantons. Baselland muss sparen – bei der Bildung, beim öffentlichen Verkehr und bei der Kultur. Entsprechend konnte die SP im Abstimmungskampf mit der Polemik zum «Luxus-Ausbau» punkten.
Vor gut einer Woche erst gab die Partei ihren verschärften Oppositionskurs bekannt. Das Abstimmungsresultat gebe der Rolle der SP nun recht, sagt die Fraktionspräsidentin Kathrin Schweizer. «Das Resultat zeigt, dass die bürgerliche Mehrheit nicht einfach alle Vorlagen durchboxen kann.» Die Partei wolle in Zukunft noch mehr umstrittene Vorlagen vors Volk bringen.
Prädikat «Luxus-Ausbau» nicht widerlegt
Während die SP den Abstimmungskampf in vollen Zügen auskostete, hielten sich die Elba-Befürworter in den Wochen vor der Abstimmung zurück. Hanspeter Frey vom Ja-Komitee sagt, man habe zu wenig stark mobilisiert. Nach den eidgenössischen Wahlen von Mitte Oktober sei «der Abstimmungstermin etwas sehr nahe gelegen».
Frey sagt, es sei den Befürwortern nicht gelungen, das Prädikat «Luxus-Ausbau» zu widerlegen. Und: «Die angekündigten Sparbemühungen der Baselbieter Regierung haben den Abstimmungskampf zusätzlich erschwert.»
Dazu kam, dass das Ja-Komitee wenig auf die Unterstützung der Wirtschaftskammer (Wika) zählen konnte. Zwar beteiligte sich diese mit 25’000 Franken am Abstimmungskampf für Elba und das revidierte Beschaffungsgesetz, viel Engagement für den Elba-Ausbau sei vor der Abstimmung jedoch nicht zu spüren gewesen, sagt Kathrin Schweizer – und das, obwohl der Strassenbau als ein Kernthema der Wika gesehen werden kann.
Keine Abstimmungsempfehlung von der Wika
Wika-Direktor und FDP-Landrat Christoph Buser widerspricht: Man habe «sich im Abstimmungskampf nicht zurückgehalten», sagt er und verweist auf die vom Wirtschaftsrat gesprochenen Abstimmungsgelder.
Vor der Abstimmung verschickte die Wika jedoch keine Abstimmungsempfehlung an die Medien und veranstaltete keine Medienkonferenz, wie sie es bei anderen Abstimmungen tut. Den Elba-Ausbau wollte sie sich nicht gross auf die Fahne schreiben – im Kontext der finanziellen Schieflage des Kantons und in Anbetracht des deutlichen Neins vielleicht ein umsichtiger Entscheid.