Nach Monsterdebatte: Ständeratskommission sagt Nein zum Bankendeal

Die Wirtschaftskommission des Ständerats sagt äusserst knapp Nein zur «Lex USA». Damit bleibt weiter offen, ob der Deal noch in dieser Session durch das Parlament kommt.

Es wird knapp für den Bankendeal mit den USA. Die Wirtschaftskommission des Ständerats lehnt die Vorlage mit 7:6 Stimmen ab. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Wirtschaftskommission des Ständerats sagt äusserst knapp Nein zur «Lex USA». Damit bleibt weiter offen, ob der Deal noch in dieser Session durch das Parlament kommt.

Um Punkt 1 Uhr in der Nacht auf Dienstag ging die Türe des Sitzungszimmers 286 im zweiten Stock des Bundeshauses zum letzten Mal auf. Müde Ständeräte drängten an müden Journalisten vorbei, eine müde wirkende Finanzministerin drängte die Mikrofone beiseite.

Die Mitglieder der Wirtschaftskommission des Ständerats hatten zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf eine Monsterdebatte hinter sich gebracht. Sechs Stunden wägten die Parlamentarier den Steuerdeal mit den USA ab (siehe Box «Das lange Warten»), bis sie schliesslich zu einem äusserst knappen Resultat gelangten: Mit 7 gegen 6 Stimmen lehnt die Kommission den Deal mit den Vereinigten Staaten ab. Als es um das Eintreten auf die Vorlage ging, war das Stimmenverhältnis noch umgekehrt. Kommissionspräsident Konrad Graber (CVP, LU), ein Befürworter des Deals, gab bei einem 6:6-Patt den Stichentscheid für das Eintreten auf die Vorlage.

In der anschliessenden Detailberatung wurden rund 20 Anträge behandelt. Die Entscheidungen in der Beratung waren verantwortlich dafür, dass ein Mitglied der Kommission den Eintretensentscheid revidierte und in der Schlussabstimmung das Gesetz ablehnte. Die wichtigsten Änderungen zum Gesetz sind laut Graber: 

  • Bankmitarbeiter sollen besser geschützt werden (siehe dazu den Artikel aus der «NZZ am Sonntag»)
  • Der letzte Entscheid über die Datenlieferung soll nicht bei den Banken, sondern beim Bundesrat liegen.
  • Das Finanzdepartement soll das Programm, die Abmachung zwischen US-Behörden und den betroffenen Banken, «in seiner Grundstruktur» (Graber) der Öffentlichkeit zugänglich machen.

«Was bereits in den Zeitungen stand, soll in einer sauberen Struktur allen zugänglich gemacht werden», sagte Kommissionspräsident Graber zum letzten Punkt. Die teilweise Offenlegung des Programms habe in den USA bereits für ein Echo gesorgt. Graber: «Ich weiss nicht, wieweit das Ganze eskaliert ist. Aber wir stehen unter Beobachtung. Staatssekretär Michael Ambühl muss jetzt den USA klar machen, dass wir ohne diese Informationen keinen Entscheid treffen können.»

Banken und Finanzdirektoren für das Gesetz

Bereits am Nachmittag hatte die Wirtschaftskommission verschiedene Bankvertreter und den Vorstand der Finanzdirektorenkonferenz (darunter die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog) angehört. Nach den eher konfusen Signalen von Seiten der Banken in den vergangenen Tagen sei die Aussage nun klar: «Alle betroffenen Banken und sämtliche Finanzdirektoren wollen dieses Gesetz.»

Auch Nationalbank-Präsident Thomas Jordan habe diese Haltung bekräftigt. «Er hat uns stark abgeraten, irgendwelche Hoffnungen zu hegen.» Die Nationalbank wird, wie Jordan schon in der «Schweiz am Sonntag» klar gemacht hatte, betroffene Banken bei einem Nein zum Deal nicht unterstützen. Graber wurde deutlich: «Es gibt keinen Plan B. Wir werden am Ende des Tages eine Take-it-or-leave-it-Situation haben.» Der Bundesrat könne auch nicht, anders als es in den Medien kolportiert wurde, Einzelbewilligungen für die betroffenen Banken aussprechen. «Dazu müsste er Notrecht anwenden. Und der Bundesrat hat heute klar gemacht, dass er das nicht für möglich halte.»

Es wird eng

Es wird also am Parlament und dort zuerst am Ständerat liegen, definitiv über den Deal zu befinden. Nach dem knappen Nein in der ständerätlichen Kommission ist der Ausgang im Rat völlig offen. Es brauche noch viel Arbeit, um ein Mehr im Ständerat, denn dort müsste der dringliche Beschluss die höhere Hürde von einem qualifizierten Mehr erreichen, sagte Graber. Dem dringlichen Beschluss müssten also 24 Ständeräten zustimmen. Oder, in anderen Worten: «Es braucht relativ wenig, damit das Gesetz im Ständerat abstürzt.»

 

Das lange Warten

Nicht vor 21.30 Uhr werde die Medienkonferenz der WAK Ständerat am Montagabend stattfinden, hiess es am Montagnachmittag. Nicht vor 22.15 Uhr hiess es um 21.30 Uhr. Nicht vor 23 Uhr wurde den wartenden Journalisten um 21.30 Uhr beschieden, nicht vor Mitternacht hiess es um 23 Uhr und danach, man erkennt langsam ein Muster, wurde die Medienkonferenz erneut verschoben – halbe Stunde um halbe Stunde um halbe Stunde um halbe Stunde – bis um 1 Uhr morgens. So tigerten sie dann herum, die Journalistinnen und Journalisten der Bundeshausmedien. Tranken Kaffee an der eigens vor dem Sitzungszimmer 286 deponierten Kaffeemaschine (Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hatte den Medienleuten höchstpersönlich den Kaffee erlaubt), assen ein Stück Nusstorte aus Splügen mit SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (die ebenfalls ziemlich zittrig auf einen Entscheid der Kommission wartete, aber nicht bis zum bitteren Ende aushielt) oder nahmen ein Glas Wein mit CVP-Präsident Christoph Darbellay. Für gewisse Journalisten war es an diesem Abend schlicht zuviel der Aufregung.


Als es gegen Mitternacht ging, verabschiedete sich ein bemitleidenswerter Kollege nach dem anderen – der Redaktionsschluss der Printausgaben rückte unerbittlich näher. Und zog vorbei.

Um halb 1 öffnete sich die Türe – aber wieder nichts. Die beiden SP-Ständeräte Roberto Zanetti und Anita Fetz fuhren zum Rauchen nach unten; ihre Kollegen Hannes Germann und Pirmin Bischof liessen sich noch einen Kaffee aus der Maschine und die Journalisten setzten sich wieder hin.


Die erste grosse Aufregung lag zu diesem Zeitpunkt bereits hinter den wartenden Medienleuten. BaZ-Bundeshausredaktor Dominik Feusi twitterte kurz vor Mitternacht den Eintretensentscheid der Kommission. Als er seine Quelle nicht preisgeben wollte, da fiel ihm SP-Nationalrätin Jacqueline Badran – ebenfalls auf Twitter – in den Rücken.

Gemeint ist damit der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi.

Quellen

Berichte zum Gutachten von Peter V. Kunz in der «Schweiz am Sonntag», der NZZ und dem «Echo der Zeit».

Nach dem «Prism»-Skandal – die Rolle des CIA bei der Anwerbung von Schweizer Bankern in Genf; Texte aus der NZZ, dem «Newsnet» und vom Online-Portal finews.ch.

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