Die Platzverhältnisse am Basler Bahnhof lassen zu wünschen übrig. Die SBB geloben mit zwei neuen Überquerungen und weiteren Massnahmen Besserung.
Täglich 100 000 bis 110 000 Personen nutzen den Basler Bahnhof SBB. Sie hetzen durch das Bahnhofsgebäude, im Zick-Zack-Kurs, machen einen genervten – nicht selten gar einen aggressiven – Eindruck. Und permanent scheinen sie auf ihrem Weg «Geh mir aus dem Weg!» zu denken. Ja, sie tun einem leid, die Pendlerinnen und Pendler, die sich ihren Platz im Bahnhof regelrecht erkämpfen müssen.
Für viele Zugreisende ist der Basler Bahnhof SBB, vor allem während den Stosszeiten, eine Tortur. Das Übel beginnt, wenn man aus dem Zug steigt. Bis man vom Perron aus, getrieben von der Menschenmenge, auf die enge Rolltreppe gelangt, dauert es eine Ewigkeit. Ist man endlich auf der Passerelle, geht die nächste Qual los: Hindernis hier, Hindernis dort. Es gilt, jedem und allem auszuweichen, ohne überrannt zu werden – bis die nächste enge Rolltreppe kommt. Unten in der Schalterhalle angekommen, folgt wieder ein Gedränge, bis man schliesslich erschöpft einen der schmalen Ausgänge erwischt.
Hindernisse sollen weg
Conrad Jauslin, Präsident der im Jahre 1982 gegründeten «Gruppe Bahnhof», bezeichnet die heutige Situation im Bahnhof SBB diplomatisch als «unangenehm und stark verbesserungswürdig». «Es ist überall im Bahnhof SBB leicht eng. Nicht nur die Passerelle ist zu schmal, die ganze Kundenführung ist suboptimal», sagt Jauslin.
Das ist nach acht Jahren jetzt auch den SBB bewusst geworden. Sie möchten im Rahmen ihres Projekts «Kundenfreundliche Grossbahnhöfe – QBA» bis 2013 insgesamt neun Millionen Franken in den Basler Bahnhof investieren. In kleinen Schritten soll die Situation für die Zugreisenden verbessert werden: Derzeit werden laut SBB-Sprecherin Lea Meyer die Sitzbänke und die Plakatwände auf den Perrons neu gruppiert. Damit wolle man einen hindernisfreien Zugang zu den Zügen schaffen, sagt Meyer.
Von Januar bis August 2012 wird die Schalterhalle entrümpelt. Damit die Leute den Ostzugang mehr nutzen, werden die im Weg stehenden Billettautomaten umplatziert – die Telefonkabinen verschwinden gar ganz. Von September 2012 bis Februar 2013 ist schliesslich die Passerelle an der Reihe: Die SBB möchten dort die Nischen in den Warte- und Informationsbereichen so umgestalten, dass auch diese künftig niemandem mehr den Weg versperren.
Opfer des Erfolgs
All diese Massnahmen genügen allerdings nicht. Die Passerelle ist seit ihrer Eröffnung im Jahr 2003 überlastet. «Wir wurden vom Erfolg eingeholt – das ist ein Problem, ein schönes Problem. Es braucht deshalb zusätzliche Verbindungen», sagt Urs-Martin Koch, bei den SBB zuständig für die Infrastruktur in der Nordwestschweiz.
Konkret möchten die SBB zwei zusätzliche Überquerungen bauen, um die jetzige Passerelle zu entlasten. Eine im Westen und eine im Osten des Gebäudes. Wo diese aber genau zu stehen kommen und ob sie unter- oder oberirdisch verlaufen werden, ist noch unklar.
Im Verlaufe des nächsten Jahres soll eine Studie Klarheit schaffen. «Priorität hat zuerst die Überquerung im westlichen Teil des Bahnhofs», sagt Koch. Langfristig soll jedoch auch diejenige im Osten realisiert werden. Urs-Martin Koch: «Wenn wir in vier Jahren mit dem Bau der Überquerung im Westen beginnen könnten, wäre dies toll.»
Langfristig verbessern möchten die SBB auch die engen Platzverhältnisse im Eingangs- respektive Ausgangsbereich. «Da das Bahnhofsgebäude unter Denkmalschutz steht, können wir nichts abbrechen, um diese Bereiche zu vergrössern. Vielmehr müssen wir mit kleinen Massnahmen arbeiten.» Der SBB-Manager denkt etwa an die Gratiszeitungs-Boxen, die den Menschenstrom blockieren. Ob diese tatsächlich verschwinden, ist offen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02/12/11