Nationalrat: In Härtefällen werden ausländische Kriminelle nicht automatisch ausgeschafft

Nach dem Ständerat stimmt nun auch der Nationalrat für eine verhältnismässige Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Die SVP will nochmals darüber abstimmen lassen.

Gefängnis am Flughafen Zürich mit Abteilung Ausschaffungshaft (Bild: sda)

Nach dem Ständerat stimmt nun auch der Nationalrat für eine verhältnismässige Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Die SVP will nochmals darüber abstimmen lassen.

Unter dem Stichwort #Gemüsepolitik entbrannte am frühen Mittwochmorgen eine Kontroverse auf der Social-Media-Plattform Twitter. Gleichzeitig verhandelte der Nationalrat ein ernstes Thema: die automatische Ausschaffung von Menschen ohne Schweizer Pass bei straffälligen Handlungen.

Toni Brunner mahnte seine Kollegen, wenn die aufgeweichte Version der Ausschaffungs-Initiative im Nationalrat durchkomme, «dann haben Sie den Salat». Der CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt konterte: «Wieso lanciert er den Chabis überhaupt?» Der Streit ums Gemüse konnte beginnen.

Der Knackpunkt bei der Umsetzung der Initiative betrifft den Automatismus, den die SVP installieren will. Jeder ausländische Bürger, der eine Straftat begeht – von Steuerbetrug bis Vergewaltigung –, soll ungeachtet seiner persönlichen Situation in sein Heimatland ausgeschafft werden, so die Forderung der SVP.

Dieser Ausweisungsautomatismus verstosse «gegen fundamentale Grundsätze unseres Rechtsstaates», namentlich die Verhältnismässigkeit, sagte SP-Nationalrat Andy Tschümperly während der Debatte. Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich gegen eine strikte Umsetzung des Ausschaffungsartikels aus. SVP-Parteipräsident Brunner drohte darauf mit einer Durchsetzungs-Initiative, um die Ausschaffungs-Initiative umzusetzen.

Das Umschwenken des Rates

Der Nationalrat nahm die angepassten Gesetzesvorlagen mit einer klaren Mehrheit an. Das ist insofern bemerkenswert, da sich der Nationalrat vor einem Jahr für eine strikte Umsetzung aussprach. Das Umschwenken der Ratsmitglieder könnte auch damit zu tun haben, dass das Geschäft nun so schnell wie möglich vom Tisch soll, darauf wies Kurt Fluri von der FDP hin.

Das Umschwenken könnte aber auch mit einem Strategiewechsel von Mitte-Links und Freisinn zu tun haben. Man will sich nicht länger von SVP-Angriffen einschüchtern lassen und hofft, dass eine Mehrheit der Schweizer Stimmbürgerinnen und -bürger keiner harten Linie auf Kosten von rechtsstaatlichen Prinzipien folgt.

Es ist davon auszugehen, dass die SVP das Referendum ergreifen wird und die Stimmbürgerinnen und -bürger nochmals über die Ausschaffung von Menschen ohne Schweizer Pass abstimmen müssen.

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