Neue Initiative fordert in Baselland Beiträge für Familien mit geringem Einkommen

Familien mit niedrigen Einkommen fallen in Baselland durch das soziale Netz, sagen SP-Politiker und Armutsexperten. Eine Initiative soll das ändern.

Familien mit niedrigem Einkommen sollen Ergänzungsleistungen erhalten, fordert eine neue Initiative in Baselland.

(Bild: Nils Fisch)

Familien mit niedrigen Einkommen fallen in Baselland durch das soziale Netz, sagen SP-Politiker und Armutsexperten. Eine Initiative soll das ändern.

Was können wir gegen Familienarmut tun? Diese Frage diskutieren Politiker und Experten am Montag an der regionalen Armutskonferenz in Liestal.

Claude Hodel von der Organisation ATD Vierte Welt ist Mitorganisator der Konferenz und sammelt gleichzeitig Unterschriften für eine Initiative, die in Baselland Ergänzungsleistungen für Familien mit geringem Einkommen fordert. Hodel ist SP-Mitglied und sitzt im Reinacher Einwohnerrat.

Auf Bundesebene sind Ergänzungsleistungen für Familien seit 2000 ein Thema. Die Kantone Tessin, Solothurn, Waadt und Genf haben solche Beiträge für Familien bereits eingeführt. In anderen Kantonen sind entsprechende Initiativen gescheitert (Schwyz und Luzern).

Ergänzungsleistungen werden bereits an AHV- und IV-Bezüger bezahlt, wenn ihre Rente nicht zum Leben ausreicht. 

Claude Hodel, weshalb braucht es Ihre Initiative in Baselland?

Claude Hodel ist SP-Mitglied
und Einwohnerrat in Reinach.

Weil unter anderem die Prämienverbilligungen nicht ausreichen, um Familien mit niedrigem Einkommen zu entlasten. Für Familien ist die Belastung durch die Krankenkassenprämien sehr hoch, auch weil Regierung und Parlament eine Senkung der Beiträge beschlossen haben.

Weil die Prämienverbilligungen sinken, wollen Sie also an anderer Stelle Sozialbeiträge schaffen?

Es sind nicht nur die Prämien, die Familien mehr belasten. Auch die Mieten steigen immer mehr und Mietzinszuschüsse für Familien werden nur teilweise gewährt. Hier gibt es grosse Unterschiede zwischen den Gemeinden. Mit den Ergänzungsleistungen könnte man die Familien mit geringen Einkommen – also zum Beispiel auch Working-Poor, die es in Baselland sehr zahlreich gibt – einheitlich unterstützen.

Davon profitieren sollen also Personen, die weder Sozialhilfe noch Prämienverbilligungen und Mietzinsbeiträge erhalten.

Richtig. Es gibt Personen, die durch das soziale Netz fallen. Zum Beispiel solche, die ein Einkommen haben, das knapp über dem Existenzminimum der Sozialhilfe liegt, und die ansonsten kaum Vergünstigungen erhalten. Diesen wollen wir helfen. Gerade weil die Krankenkassenprämien wieder steigen, müssen Familien massiv mehr zahlen. In Basel-Stadt sind die hohen Prämien ein weniger gravierendes Problem, da dort die Prämienverbilligungen in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Auch die Mietzinsbeiträge an Familien greifen in der Stadt besser als auf dem Land.

Aus welchem Topf würden die Ergänzungsleistungen bezahlt werden?

Da es sich um eine nichtformulierte kantonale Volksinitiative handelt, können wir dazu noch nichts sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass analog zur AHV oder IV das gleiche System für Ergänzungsleistungen eingeführt wird. Dann ist der Kanton zuständig.

«Ein Kanton wie Baselland muss es sich leisten können, für die Familien mit wenig Einkommen zu sorgen.»

Im Landrat wäre diese Idee wohl chancenlos. Wählen Sie deswegen den Weg via Initiative?

Ja. Es handelt sich bei der Initiative um die umformulierte Motion des ehemaligen SP-Landrats Ruedi Brassel. Er hat seinen Vorstoss im Mai 2009 eingereicht. Passiert ist in der Folge aber nichts. Die Regierung sagt, man habe zum einen zu wenig Geld, zum andern sei die Motion auf die nationale Armutsstrategie und den Armutsbericht Baselland abzustimmen.

Nun, dem Kanton geht es finanziell tatsächlich schlecht. Da sind neue Kosten kaum vertretbar.

So schlecht geht es dem Kanton nun auch wieder nicht. Die Situation wird sicher besser. Und die Gemeinden, um die es bei unserer Initiative in erster Linie geht, stehen grösstenteils gut da. Ich gehe davon aus, dass wir die 1500 Unterschriften zusammenkriegen. Die Abstimmung über unser Begehren dürfte dann wohl in zwei Jahren stattfinden. Es wird bestimmt nicht ganz einfach, dafür eine Mehrheit zu finden. Wir werden sehr viel Unterstützung brauchen, von kirchlicher Seite, von sozialen Organisation, aber auch von linken Politikern.

Wie viel Mehrkosten würden die zusätzlichen Ergänzungsleistungen für den Kanton verursachen?

Das ist noch unklar.

Aber es wird definitiv Mehrkosten geben.

Ich gehe davon aus. Wie viel, das wird man genauer sehen, wenn die Initiative zustande kommt. Aber ein Kanton wie Baselland muss es sich leisten können, gerade für die Familien mit wenig Einkommen zu sorgen. Denn sie leiden derzeit am meisten unter den Sparmassnahmen des Kantons.

Nächster Artikel