Schluss mit dem ÖV-Abbau und dem ewigen Stau. Das sind die neusten Forderungen, mit denen wir die drei Regierungskandidaten konfrontieren. Auf Strassenbau setzt dabei vor allem einer: der SVPler Thomas Weber. Auch die schon fast abgeschriebene Südumfahrung macht er wieder zum Thema.
Zwei Dörfer, zwei Welten: Das erleben wir diese Woche auf unserer kleinen Tour durchs Baselbiet im Hinblick auf die wegweisende Regierungswahl vom 3. März.
Auf der einen Seite das reiche Bottmingen, eng verwoben mit Binningen und der Stadt. Auf der anderen Seite das sehr ländliche Eptingen mit den sehr tiefen Steuereinnahmen.
Allerdings gibt es auch zwischen diesen Gemeinden eine Gemeinsamkeit: die Unzufriedenheit mit der kantonalen Verkehrspolitik.
Damit beginnen aber auch schon wieder die Unterschiede. Während Bottmingen unter dem häufigen Stau leidet, hätte Eptingen sehr gerne etwas mehr Verkehr. Mehr Öffentlichen Verkehr. Wegen der Sparmassnahmen geht die Entwicklung allerdings in eine ganz andere Richtung, befürchtet man in Eptingen.
Streitpunkt Südumfahrung
So sind die Forderungen aus den beiden Gemeinden klar: Eptingen will keinesfalls einen weitere Abbau beim ÖV, Bottmingen eine Entlastung, am liebsten durch die Südumfahrung von Allschwil nach Aesch, diesem milliardenteuren Projekt, das weiter hinten im Leimental auf vehementen Widerstand stösst. Ein Grund, warum für die Verkehrsplaner in Liestal nun Alternativen im Vordergrund stehen.
Was sagen die drei Regierungskandidaten zu diesen Forderungen, diesem Ärger und diesen Ängsten? Das wollten wir von Thomas Weber (SVP), Eric Nussbaumer (SP) und Gerhard Schafroth (GLP) wissen.
In Sachen Verkehr sind die Haltungen klar, wie ihre Antworten zeigen. Thomas Weber, der SVPler aus Buus und Chefbeamte im Bundesamt für Strassen, ist jener Regierungsratskandidat, der am stärksten auf den Strassenbau setzt. Auch die Südumfahrung ist für ihn immer noch ein Thema. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer verweist dagegen auf Studien, die zeigten, «dass die Südumfahrung nur eine begrenzte Entlastung bei sehr hohen Kosten bringt.» Ähnlich sieht das der Grünliberale Gerhard Schafroth: «Zur Entlastung des Nadelöhrs Bottmingen ist derzeit nur eine sinnvolle Lösung erkennbar: ein Ausbau der Tramverbindungen.»
Neue Ideen
Offen geben sich alle drei Kadidaten gegenüber neuen Ideen in der Verkehrspolitik, die in Bottmingen angeregt wurden. Dem Mobility-Pricing zum Beispiel.
In der Regierung möchten sich zudem alle drei gegen einen weiteren Abbau des ÖV-Angebots in den Randgebieten wehren. «Wir leben in einer Mobilitätsgesellschaft. ÖV-Angebote zu streichen, wäre darum keine weitsichtige Politik», sagt Nussbaumer. Davon ist auch Weber überzeugt, der eher noch an Preiserhöhungen denkt, während Schafroth für eine Kostensenkung plädiert. Erzielen möchte er diese unter anderem mit Kleinbussen, die auf Bestellung fahren, oder Car Sharing.
Schlechte Finanzlage
Und wenn wir auf unserer Tour schon mal in einer der ärmsten Gemeinden und gleichzeitig in der reichsten sind, stellen wir den Kandidaten selbstverständlich auch noch eine Geldfrage. Jene nach den Steuern. So viel sei verraten: grosse Hoffnungen auf baldige Steuersenkungen sollte man sich alls Baselbieter eher nicht machen, egal ob der neue Finanzdirektor nun Weber, Nussbaumer oder Schafroth heisst. Aber lesen Sie die Antworten der drei Kandidaten doch gleich selbst unten im Anschluss an unsere vier Fragen.
Unsere Fragen an die Regierungskandidaten
2. In Eptingen befürchtet man, mit den Sparbemühungen im ÖV-Bereich im wörtlichen Sinne den Anschluss zu verlieren. Droht tatsächlich ein massiver Abbau? Oder gibt es im Gegenteil noch immer zu viele unrentable ÖV-Linien?
3. Bräuchte es in der Verkehrspolitik auch ganz neue Ansätze? Ein Road-Pricing oder Mobility-Pricing zum Beispiel?
4. Sind die Steuern im Baselbiet zu hoch? Können Sie gesenkt werden? Oder bräuchte es im Gegenteil: andere Steueren, gerechtere, höhere allenfalls auch?
Die Antworten der drei Kandidaten:
1. Mit dem Projekt ELBA werden wichtige Weichen für die Erschliessung der Region und der Arbeitsplatzgebiete gestellt. Die Resultate der aktuellen Testplanung müssen noch besser in die Gesamtverkehrs-Infrastrukturen von ÖV, IV und Langsamverkehr integriert werden – auch unter Einbezug der Südumfahrung Allschwil. Nur so werden zukunftsgerichtete sinnvolle Lösungen der Verkehrserschliessung in der Region ermöglicht.
2. Es gibt nicht zu viele Linien. Der öffentliche Verkehr in den Randregionen ist auch eine Form der Solidarität innerhalb des Kantons. Ich bin nicht zuletzt aufgrund von direkten Gesprächen mit betroffenen Gemeinden und Privatpersonen zur Erkenntnis gelangt, dass das Streichen von Linien kaum mehrheitsfähig ist, dies im Gegensatz zu einer massvollen Erhöhung der Tarife.
3. Die Finanzierung der verschiedenen Verkehrsträger ist komplex, wenig transparent und von Quersubventionierungen belastet. Ziel sollte sein, dass ein Personenkilometer oder ein Tonnenkilometer seinen angemessenen Preis hat, unabhängig vom Verkehrsträger. Mobility Pricing kann ein Mittel hierfür sein, wenn es gelingt, die Administration schlank zu halten. Road Pricing (=Strassenzölle) greift zu kurz.
4. Im Kanton sind die unteren Einkommen sehr sozial, das heisst tief besteuert. Eine steile Progression belastet hingegen die mittleren und hohen Einkommen sowie die Vermögen deutlich stärker als in anderen Kantonen. Ich bin gegen höhere oder neue Steuern, weil sie wiederum vor allem den Mittelstand belasten würden. Zu den guten Steuerzahlenden ist Sorge zu tragen, denn sie finanzieren einen wesentlichen Teil der Leistungen, die den Schwächeren zugute kommen.
1. Die Verkehrsverhältnisse im Bottminger Ortskern sind prekär. Die Gemeinde Bottmingen ist daher in einem ersten Schritt vom Kanton her in ihren Bemühungen zu unterstützen, dass der Verkehr auch auf den Hauptstrassen beruhigt wird. Studien zeigen, dass die Südumfahrung nur eine begrenzte Entlastung bei sehr hohen Kosten bringt. Die Verkehrsentlastung muss demnach so projektiert werden, dass mit dem vorgegebenen Geld eine möglichst grosse Verkehrsentlastung im vorderen Leimental erreicht wird.
2. Der Abbau von ÖV-Angeboten entspricht nicht einer weitsichtigen Politik. Wir leben in einer Mobilitätsgesellschaft. Das Angebot von öffentlichem Verkehr ist nicht nur eine Frage der Rentabilität der einzelnen Linie, sondern es ist eine Frage der kantonsübergreifenden öffentlichen Dienstleistungen. Diese Angebotsfinanzierung gelingt nur, wenn wir keine ungerechtfertigten Steuergeschenke machen.
3. Für das Baselbiet ist Road Pricing kein Thema. Eine Mobilitätsabgabe ist denkbar, sollte aber national eingeführt werden. Die sichere Finanzierung kann man auch mit der bestehenden Mineralölsteuer und einer besseren Aufteilung dieses Ertrages erreichen. Die ÖV- Initiative des VCS weist hier in die richtige Richtung.
4. Es können keine kantonalen Steuern gesenkt werden, bevor wir nicht die laufenden Ausgaben mit den laufenden Einnahmen decken können (strukturelles Defizit). Wer jetzt die Steuern – egal welche – senken will, kann das nur mit einer Erhöhung der Staatsverschuldung erreichen. Das wäre falsch. Prognosen, wann Steuern gesenkt werden können, sind nicht möglich, denn es würde heissen, man ist Prophet betreffend der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung.
1. Zur Entlastung des Nadelöhrs Bottmingen ist derzeit nur eine sinnvolle Lösung erkennbar: Ausbau der Tramverbindungen.
2. Ich bin für ein dichtes ÖV-Netz im ganzen Baselbiet. Zur Senkung der Kosten müssen wir neue Formen suchen, so zum Beispiel lokale Kleinbusse auf Abruf, Car Sharing usw.
3. Heute ist der Autoverkehr ineffizient, indem viele allein in einem vierplätzigen Auto fahren. Zudem verlangen hohe Pendler-Spitzenbelastungen eine teure Infrastruktur, die meist brach liegt. Lösungen sehe ich bei Road-Pricing, Moblity-Pricing, Car-Sharing, flexibleren Arbeitsmodellen und der gezielten Förderung kurzer Wege zwischen Arbeits- und Wohnort.
4. Steigende Krankenkassenprämien und Gebühren belasten die meisten Leute immer mehr. Wir müssen die Kosten im Kanton senken, dann können wir auch für tiefere Steuern und Prämien sorgen.