Die Annahme der No-Billag-Initiative wäre das Aus für die Sender der SRG in allen Landesteilen. Voraussichtlich im Frühling 2018 stimmt das Volk darüber ab, ob es die Radio- und TV-Gebühren abschaffen und jede Förderung von Radio und TV durch den Bund verbieten will, wie es die Initianten gerne hätten (siehe Box).
Die Initiative richtet sich gegen sämtliche Programme der SRG. Doch die öffentlich-rechtlichen Sender sind nicht die einzigen, die von der Initiative ganz konkret betroffen wären. Auch viele private Sender erhalten Geld aus dem Gebühren-Topf. Über 30 sind es in der Schweiz. In Basel müssen «Telebasel» und «Radio X» bangen.
«Telebasel» fragt sich: «Machen wir weiter oder nicht?»
«Mit 2,4 Millionen Franken machen die Billag-Gebühren plus/minus einen Drittel unseres Gesamtbudgets aus», sagt Roger Thiriet, Präsident des Stiftungsrats der Stiftung Telebasel. «Wir haben die Situation schon lange im Auge und wissen: Wird die Initiative angenommen, dann kriegen wir keine Gebührengelder mehr.»
Was würde das konkret für «Telebasel» bedeuten? Thiriet: «Mit dem Geld aus dem Werbemarkt und dem freien Markt kann man kein vernünftiges Programm machen.» Das würden «höchstens die noch können, die von grossen Verlagen quersubventioniert werden oder die mit einem riesigen Einzugsgebiet». Es stelle sich dann die Frage: «Machen wir weiter, oder nicht?» Die Frage stelle sich dann für die allermeisten Sender, sagt Thiriet.
Selbstverständlich sei man dabei, «ein Szenario zu entwickeln», das darauf hinauslaufe, «dass wir ohne Gebühren ein Programm machen». Da habe man mit dem Fokus auf online mit dem «Telebasel»-Relaunch bereits Vorkehrungen getroffen. Ziel sei es, bis 2028 ein Medienunternehmen zu haben, das ohne Gebühren funktioniere. Denn «Telebasel» ist doppelt von einem Gebührenverlust bedroht. «Ja, Ende 2027 werden auch die jährlichen Beträge der Stiftung Kabelnetz Basel in der Höhe von 1,6 Millionen Franken wegfallen», bestätigt Thiriet.
«Radio X» mit massiven Abstrichen
Auch das Basler «Radio X» gehört zu den Schweizer Radios, die von Billag-Gebühren profitieren. Die Prognosen klingen ähnlich düster wie bei den Kollegen vom TV: «Was ‹Radio X› heute alles macht, das könnte so nicht weitergeführt werden», sagt Geschäftsleiter Thomas Jenny.
Klar habe es «auch ein ‹Radio X› vor dem Gebührensplitting und ein ‹Radio X› mit sehr viel weniger Gebührengeldern» gegeben, sagt Jenny. Doch sei die Leistung, die man mit den neu jährlich 600’000 Franken erbringe, sehr hoch: «Ohne diese Gelder könnten wir vor allem in den Bereichen Ausbildung, Kultur und Sprachen kaum mehr das bieten, was wir heute tun», so Jenny.
Für ihn geht es um Grundsätzliches: «Wenn elektronische Medien nicht mehr über Gebühren finanziert werden: Ja wie denn? Wie soll denn der Diskurs – und der ist nun mal grundlegend in einer Demokratie – hergestellt werden? Mit Steuergeldern?»
Die elektronischen Medien seien mehrheitlich von der Politik abhängig, sagt Jenny, «das zeigt ja gerade diese Abstimmung». Für ihn ist klar: «Solange die redaktionelle Unabhängigkeit gewährleistet ist, kann Medienförderung einem Land und unserer Region nur guttun.»
Die Initianten streiten alles ab
Deutliche Worte für die Situation der regionalen TV-Sender fand auch André Moesch, Präsident von Telesuisse, dem Verband der Schweizer Regionalfernsehen: «Ohne diese Gebühren kann man in der Schweiz kein Regionalfernsehen machen», sagte er gegenüber dem «Echo der Zeit» von Radio SRF.
Das alles bestreiten die No-Billag-Initiaten. «Weshalb Billag-finanzierte private Medien sich nicht wie alle anderen Medien auch durch freiwillig zahlende Kunden finanzieren können sollen, leuchtet nicht ein», sagt der Jungfreisinnige Thomas Juch, Co-Präsident des Initiativkomitees. Die privaten Radio- und TV-Stationen wehrten sich nur aus einem Grund: «Es ist selbstverständlich, dass die Direktbetroffenen darum kämpfen, dass sie ihre Privilegien auf Kosten der Zwangsgebührenzahler behalten.»
Juch ist überzeugt, «regionaler und unabhängiger Journalismus» werde sich «problemlos auf dem freien Markt finanzieren», da nach einer Annahme von No Billag «alle Haushalte pro Jahr über 450 Franken zusätzlich zur freien Verfügung hätten».
Im Argumentarium der Initianten steht allerdings nichts davon, dass die Leute das gesparte Gebührengeld für Lokaljournalismus ausgeben werden. Im Gegenteil: «Um diese Gelder der Konsumenten könnten sich neu alle Branchen und Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen bewerben … Dies schafft Arbeitsplätze in jenen Branchen, in welchen sie am dringendsten benötigt werden.»
«Die Medienfreiheit», sagt Juch, sei «erst durch die Beseitigung der abhängig machenden Zwangsgebühren gewährleistet». Wenn mit «Medienfreiheit» gemeint ist, dass die Schweiz künftig von vielen unabhängigen Redaktionen befreit sein wird, könnte er damit recht behalten.
Darum geht es bei No Billag
Bei der No-Billag-Initiative gehe es «nicht um die SRG, sondern um eine Abschaffung der Billag-Zwangsgebühren. Die SRG wird im Initiativtext nicht erwähnt.» Das schreiben die Initianten unter dem Titel «Falsche Behauptungen der Initiativ-Gegner». Die Initianten wiederholen ihre Behauptung gerne, wo immer eine TV-Kamera läuft.
Dass die SRG im Text nicht namentlich genannt wird, ändert nichts daran, dass die SRG mit der Initiative gemeint ist. Faktisch würden alle Sender der SRG – Radio und TV, in der deutschen, der französischen und der italienischen Schweiz – bei Annahme der Initiative ihre Konzession verlieren. So heisst es in der Übergangsbestimmung zum neuen Verfassungstext explizit:
«Mit Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen werden die Konzessionen mit Gebührenanteil entschädigungslos aufgehoben.»
«Entschädigungslos», weil sich die No-Billag-Initiative gar nicht gegen die Firma Billag AG richtet – diese hat den Auftrag jüngst an eine andere Firma verloren –, sondern gegen Radio- und TV-Gebühren an sich. «Der Bund oder durch ihn beauftragte Dritte dürfen keine Empfangsgebühren erheben», darüber stimmt das Volk in Wirklichkeit ab.
Ausserdem soll folgender Satz in die Verfassung kommen: Der Bund «subventioniert keine Radio- und Fernsehstationen». No Billag, das bedeutet das endgültige Aus allein der Möglichkeit einer Förderung von Radio und TV.
Egal ob öffentlich-rechtlich oder privat. Denn längst erhalten auch private Radio- und TV-Stationen Gelder aus dem Gebührentopf. Seit dem neuen RTVG aus dem Jahr 2006 gehört «die Unterstützung von Programmen mit einer Konzession mit Gebührenanteil» dazu – aktuell werden 13 private TV-Stationen sowie 21 Radiosender unterstützt. Dies derzeit mit fünf Prozent der Billag-Gebühren. National- und Ständerat haben die Gebühr dieses Jahr auf sechs Prozent erhöht.