Nur die Aufmachung des Fusionskampfes hat sich verändert

Am 28. September findet nicht der erste Urnengang in Sachen Wiedervereinigung der beiden Basler Halbkantone statt. Eine Sonderausstellung des Dichter- und Stadtmuseums Liestal zeigt Plakate früherer Abstimmungen.

(Bild: Martin Stohler)

Am 28. September findet nicht der erste Urnengang in Sachen Wiedervereinigung der beiden Basler Halbkantone statt. Eine Sonderausstellung des Dichter- und Stadtmuseums Liestal zeigt Plakate früherer Abstimmungen.

Nachdem sich der Pulverdampf der 1830er-Trennungswirren zwischen Baselland und Basel-Stadt allmählich verzogen hatte, war die Wiedervereinigung immer wieder einmal ein Thema. Konkret wurde das Ganze erstmals in den 1930er-Jahren. Am 23. Februar 1936 stimmten die beiden Halbkantone identischen Wiedervereinigungsinitiativen zu, und am 2. Oktober 1938 nahmen sie den entsprechenden Verfassungsartikel an.

Zur notwendigen Gewährleistung des Verfassungsartikel durch die eidgenössischen Räte sollte es dann aber infolge des Zweiten Weltkriegs nicht mehr kommen. 1947 und 1948 weigerten sich National- und Ständerat gar, die Gewährleistung zu erteilen. Damit begann sich das Wiedervereinigungskarussell erneut zu drehen.

Die Gegner führten von Anfang an den Kampf mit harten Bandagen. Dies lässt sich auch an den beiden Plakaten beobachten, die der Liestaler Grafiker und Maler Otto Plattner (1886–1951) für die Abstimmung im Jahr 1938 gestaltet hat, die derzeit neben weiteren historischen Plakaten und Propagandamaterialien im Dichter- und Stadtmuseum Liestal zu sehen sind.

Falsche Zeit für Streithähne

Das eine der beiden Plattner-Plakate richtet sich an die Baselbieter Stimmbürger. Ihnen wird bei Annahme des Wiedervereinigungs-Verfassungsartikel ein brutales Ringen in Aussicht gestellt, bei dem der Basler keine Rücksichtnahme kennt und den Baselbieter Stab mit Füssen tritt, während der Baselbieter das Nachsehen hat.

Etwas überraschend ist der Blick auf die Schweizer Grenze im rechten oberen Bildrand, wo ein Panzer auffährt. Die Botschaft, die damit offenbar vermittelt werden soll: Angesichts der wachsenden internationalen Spannungen können wir den Streit im Innern nicht auch noch brauchen – und lassen am besten alles beim Alten.

Das andere Platter-Plakat war für den Abstimmungskampf in der Stadt bestimmt. Auf ihm wenden sich die verschuldeten Vorortsgemeinden Allschwil, Binningen und Birsfelden an die ihrerseits von einem Millionen-Defizit geplagte Basilea und hoffen, dass die Stadt die Schulden – wohl nach erfolgter Eingemeindung – übernimmt. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Liestaler Grafiker sowohl für die Baselbieter wie die Basler Wiedervereinigungsgegner tätig war.

Spaltung überwinden

Während die Nein-Plakate Ängste mobilisieren sollten, versuchten die Wiedervereinigungsbefürworter positive Bilder zu beschwören. Ein schönes Beispiel dafür ist ein Plakat von Louis Moor aus dem Jahr 1936. Auf ihm wird zusammengefügt, was 1833 aufgespaltet wurde. Auftraggeber dieses Plakates waren die Gewerkschaften und die Sozialdemokratischen Parteien beider Basel, was auch erklärt, dass hier zwei Arbeiter ins Bild gerückt wurden.




Rechts im Bild: Louis Moors im Auftrag der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Parteien BL und BS geschaffene Plakat von 1936. (Bild: Martin Stohler)

Anstoss zur Sonderausstellung «BS & BL – eine Mesalliance?» gab die Fusionsinitiative, deren Gegenvorschlag am 28. September zur Abstimmung kommt. Die gegenwärtige Auseinandersetzung bleibt allerdings ausgeblendet.

Das Dichter- und Stadtmuseum Liestal will vielmehr zeigen, mit welchen Bildern bei früheren Gelegenheiten gefochten würde. Die Ausstellung sei auch eine gute Gelegenheit, sagt Museumsleiter Stefan Hess, Werke aus dem umfangreichen Nachlass von Otto Plattner auszustellen. Ergänzt werden sie durch Leihgaben aus dem Plakatsammlung der Schule für Gestaltung.

Die ausgestellten Plakte machen deutlich, dass in der aktuellen Auseinandersetzung wenig neue Argument ins Feld geführt werden. Und die vielleicht am überraschendste Erkenntnis, die man mit nach Hause nimmt: Während die früheren Abstimmungen mit eindrücklichen Bild-Plakaten geführt wurden, fehlen solche Bilder im jetzigen Abstimmungskampf weitgehend.


Die Ausstellung im Dichter- und Stadtmuseum Liestal (Rathausstrasse 30) dauert bis zum 16. November 2014.
Öffnungszeiten: Di–Fr: 10–18 Uhr, Sa–So: 10–16 Uhr.

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