Sie galt früher als reichste Institution des Landes, die einflussreiche Orthodoxe Kirche. Doch nach sechs Jahren Krise und Rezession kämpft der Klerus jetzt gegen den drohenden Bankrott.
Sie galt einst als reichste Institution des Landes: die mächtige Orthodoxe Kirche. Doch im siebten Jahr der Krise kämpft der Klerus nun gegen den Bankrott. Damit geraten auch Hilfsprogramme der Kirche für Arme und Obdachlose in Gefahr.
Die griechische Verfassung bestimmt den orthodoxen Glauben zur «vorherrschenden Religion». 97 Prozent der Griechen gelten, zumindest auf dem Papier, als orthodoxe Christen. Damit hat der orthodoxe Klerus praktisch die Rolle einer Staatskirche. Eine Kirchensteuer gibt es in Griechenland nicht. Dennoch musste die Kirche nicht darben. Ihre Haupteinnahmequelle waren die riesigen Liegenschaften. Nach dem Staat ist die Kirche der zweitgrösste Grundbesitzer des Landes.
Das hat weit zurückreichende historische Gründe: Während der vierhundertjährigen Türkenherrschaft im 15. bis 19. Jahrhundert vermachten viele Grundbesitzer der Kirche ihre Ländereien, um sie dem Zugriff der osmanischen Besatzer zu entziehen. So verfügt der Klerus nicht nur über Felder, Wälder und Wiesen, sondern auch über tausende Immobilien. Allein in der Hauptstadtprovinz Attika nennt die Kirche über 350 Gebäude ihr Eigen, darunter Wohnungen, Büros, Hotels, Geschäfte und Kinos.
Einnahmen brachen um 75 Prozent ein
Aber infolge der griechischen Finanzkrise, die das Land in die längste und tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte stürzte, stehen jetzt viele Objekte leer. Und jene, die noch vermietet werden können, bringen weniger ein. «Unsere Einnahmen sind im Vergleich zu 2008 um 75 Prozent zurückgegangen», zitiert die Zeitung «Kathimerini» Pater Salonon Antonios, den für die Finanzen zuständigen Generaldirektor der Kirchenleitung. Während die Mieteinnahmen einbrechen und der Wert der Immobilien wegen der Krise ständig weiter fällt, verlangt der Staat für die Liegenschaften immer höhere Grundbesitzsteuern.
Auch die zweite wichtige Einnahmequelle der Kirche sprudelt nicht mehr. Sie war früher einer der grössten Aktionäre der National Bank of Greece (NBG), seinerzeit das grösste Kreditinstitut des Landes. Die Aktien warfen eine gute Dividende ab. Aber inzwischen schreibt die Bank rote Zahlen und zahlt keine Gewinnanteile mehr. Auch der Börsenwert der Aktien ist dramatisch eingebrochen. So beteiligte sich die Kirche 2005 an der damaligen Kapitalerhöhung der NBG und zeichnete neue Aktien zum Stückpreis von 22 Euro. Aktuell notiert das Papier nur noch bei 23 Cent – 99 Prozent der damaligen Investition sind verloren.
Budget musste von 23 auf sechs Millionen zusammengestrichen werden.
Nun muss die Kirche sparen, zumal auch die Kollekten wegen der Rezession nicht mehr so viel einbringen wie früher. «Wir haben unser Budget seit 2008 von 23 auf sechs Millionen Euro zusammengestrichen», sagte Pater Antonios der Zeitung «Kathimerini». Einige Klöster mussten bereits Steuerstundungen beantragen, weil ihnen das Geld ausgegangen ist.
Noch finanziert die orthodoxe Kirche im ganzen Land Suppenküchen und Tafeln für Bedürftige – nach offiziellen Zahlen lebt jeder dritte Grieche in Armut. Doch diese Hilfsprogramme geraten in Gefahr, wenn sich die Finanzmisere der Kirche verschärft. Immerhin brauchen die orthodoxen Popen nicht um ihre Existenz zu fürchten. Ihre Gehälter zahlt seit 1852 der Staat.